AUSSTELLUNG
Finnland führte es 1906 ein, Liechtenstein erst 1984 - eine Dokumentation zum Frauenwahlrecht in Europa
Auf dem Plakat gehen Menschen in einer Reihe, alle mit einem dreifarbigen Papier in der Hand: Ein Mann mit Melone auf dem Kopf, ein Soldat mit Orden am Revers, ein Bauer mit Sense in der Hand. Dazwischen laufen zwei Frauen, darüber steht die Schrift "Wir alle wählen". Das Plakat erschien zur Parlamentswahl 1919 in Österreich und versinnbildlicht eine Sensation: Frauen durften das erste Mal wählen gehen.
"Mit Macht zur Wahl - 100 Jahre Frauenwahlrecht in Europa" heißt die Ausstellung des Frauenmuseums Bonn, die vom 11. bis 28. März im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestages gezeigt wird. Entwicklungen in 20 Ländern werden dargestellt, darunter in Lettland, Island und Dänemark. In kurzen Texten erfahren die Besucher, wann Frauen in den einzelnen Ländern wählen gehen durften, wie lange und auf welche Weise sie dafür kämpfen mussten. Dazu werden immer Anführerinnen der Proteste vorgestellt. Elna Munch aus Dänemark ist ein Beispiel dafür. Sie war die Vorsitzende des Landesverbands für das Wahlrecht der Frauen. Zu ihm zählten hatte 1910 160 Ortsvereine mit insgesamt 16.000 Mitgliedern. Im Schwerpunktland der Ausstellung, Deutschland, setzten sich zum Beispiel Clara Zetkin und Marie Juchacz für das Frauenwahlrecht ein. Die Reichstagsabgeordnete Juchacz wurde die erste Frau, die vor einem deutschen Parlament zu den sozialpolitischen Aufgaben der Zukunft sprach. Das war 1919.
"Die Ausstellung bietet einen sehr interessanten Überblick über die Entwicklung in den 20 Ländern", wirbt Bettina Bab vom Frauenmuseum für die Aktion. Finnland habe 1906 das Frauenwahlrecht eingeführt, Liechtenstein erst 1984. Bei der Recherche im Vorfeld der Ausstellung hätten sie und ihre Kolleginnen festgestellt, dass basisdemokratische Abstimmungsverfahren wie Volksabstimmungen nachteilig für Frauen gewesen seien. In Liechtenstein und der Schweiz habe die Mehrheit des Volkes sich lange Zeit geweigert, der Verfassungsänderung zuzustimmen. "Da war das Stammtischgespräch entscheidend. In Liechtenstein kamen dann Ängste hoch, dass etwa eingeheiratete, gebildete Ausländerinnen das Land übernehmen könnten", sagt Bab. Dort, wo nur ein Parlament entschied, erhielten Frauen schneller das Wahlrecht.
Die Ausstellung ist montags bis freitags geöffnet, der Eintritt ist frei.