JAPAN
Premierminister Taro Aso verzichtet wegen der Finanzkrise vorerst auf Neuwahlen
Regieren ist derzeit nicht leicht in Tokio: Jetzt ist bereits der dritte Premierminister innerhalb von zwei Jahren im Amt. Seit dem Rücktritt des beliebten Junichiro Koizumi im Jahr 2006 hat es keiner seiner Nachfolger länger als ein knappes Jahr ausgehalten. Und auch die Aussichten des neuen Premierministers Taro Aso, der seit knapp drei Wochen regiert, sind mäßig.
Aso findet eine politisch verfahrene Situation vor, an der bereits sein Vorgänger Yasuo Fukuda gescheitert ist: Die regierende Liberaldemokratische Partei (LDP), seit 1955 fast durchgehend an der Macht, hat im Juli 2007 erstmals die Mehrheit im Oberhaus an die Opposition verloren. Seitdem blockiert die oppositionelle Demokratische Partei Japans (DPJ) die meisten Gesetzesvorhaben. Denn die Zustimmung des Oberhauses ist bei allen Entscheidungen erforderlich außer beim Haushalt, der Wahl des Regierungschefs und bei internationalen Verträgen.
Zwar kann die LDP mit ihrer Zweidrittelmehrheit im Unterhaus Gesetze in einem zweiten Anlauf gegen das Veto des Oberhauses durchdrücken. Aber das würde bei der Bevölkerung keinen guten Eindruck machen, erklärt Politologe Kosaku Dairokuno von der Meiji Universität in Tokio. "Das wirkt undemokratisch."
"Es hat einfach zu lange gedauert, irgendwelche Entscheidungen zu treffen", sagte Fukuda, als er Anfang September seinen Rücktritt verkündete. Mit guten Umfragewerten gestartet, lag die Zustimmung zu seiner Regierung in den vergangenen Monaten bei unter 30 Prozent.
Nun ruhen die Hoffnungen auf Taro Aso, ehemaliger Außenminister aus dem nationalistischen Flügel der Partei. Bei vorgezogenen Neuwahlen für das Unterhaus soll er mit dem Vertrauensvorschuss des neuen Gesichts ein gutes Wahlergebnis für die LDP holen. Allerdings hat Aso die Wahlen vorerst auf unbestimmte Zeit verschoben.
Erst muss er sich um die schwächelnde japanische Wirtschaft und die Folgen der amerikanischen Finanzkrise kümmern. "Die Wirtschaft ist momentan das wichtigste Thema auf der politischen Agenda", sagt Dairokuno. Er rechnet damit, dass Aso die Wahlen hinausschiebt und darauf hofft, dass die Opposition Fehler macht.
So gut seien seine Umfragewerte außerdem nicht, sagt Dr. Patrick Köllner, Japan-Experte am GIGA Institut für Asien-Studien in Hamburg. "Er hat die geringste Zustimmung eines antretenden Premierministers seit Ende der 90er. Aso ist zwar bei der Kernwählerschaft der LPD beliebt, aber er hat begrenztes Potenzial, Wechselwähler anzuziehen. Er hat einfach nicht die Ausstrahlung eines Koizumi."