KOMMISSIONSENTWURF
Mütter sollen viereinhalb Monate zu Hause bleiben können
Die EU-Kommission will jungen Frauen in Deutschland Gutes tun: Um einen ganzen Monat will sie den gesetzlichen Mutterschaftsurlaub verlängern. Einen Richtlinienentwurf dazu stellte EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla am Freitag (3. Oktober) in Brüssel vor. Wird er angenommen, dürfen werdende und frischgebackene Mütter künftig 18 statt 14 Wochen pausieren.
Freilich gelten Spidlas Vorschläge für jeden der 27 EU-Staaten. Doch in Deutschland würde sich besonders viel ändern. Die Bundesrepublik ist neben Malta und Schweden das einzige Land, das sich an der bisherigen EU-Mindestvorgabe von 14 Wochen orientiert. In 13 EU-Staaten gibt es dagegen schon jetzt einen Mutterschutz von 18 Wochen oder mehr.
Entsprechend zufrieden ist Spidla mit seiner Initiative. "Wir helfen Frauen, Familie und Beruf besser miteinander zu vereinbaren", sagte der Tscheche bei der Präsentation. Mitgebracht hatte er seine Sprecherin Katharina von Schnurbein - selbst gerade hochschwanger. Sie hatte ihren Mutterschaftsurlaub eigens um einige Tage verschoben.
Die Proteste ließen trotzdem nicht lange auf sich warten. Schon im Vorfeld hatte das Bundesfamilienministerium eine mehr als deutliche Stellungnahme verschickt: Die Initiative könne "zum Bumerang" für Frauen werden, erklärte das Ressort von Ursula von der Leyen (CDU). Arbeitgeber könnten wegen der höheren Kosten davor zurückschrecken, Frauen einzustellen.
"Deutschland ist im europäischen Vergleich sehr gut aufgestellt", findet von der Leyen. Denn anders als in anderen Ländern bekommen Frauen im Mutterschutz hier ihr volles Gehalt weiterbezahlt. Außerdem kann eine junge Frau - oder ihr Partner - im Rahmen der Elternzeit-Regelungen bis zu drei Jahre lang pausieren. Dabei gibt es zwölf bis 14 Monate lang das staatliche Elterngeld: 67 Prozent des Nettogehalts.
Die typischen parteipolitischen Gräben sind diesmal nur teilweise zu erkennen. "Es gibt in Deutschland überhaupt keinen Bedarf, die Mutterschutzzeiten auszuweiten", sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Irmingard Schewe-Gerigk der "Frankfurter Rundschau". Brüsseler Unionspolitiker sind gespalten: Während der CDU-Abgeordnete Werner Langen die Vorschläge kritisierte, äußerte sich seine CSU-Kollegin Gabriele Stauner zustimmend.
Damit lag sie auf einer ähnlichen Linie wie die SPD-Europaabgeordnete Karin Jöns und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Wütende Kritik kam dagegen aus der Wirtschaft: Die Lohnzusatzkosten würden um etwa 500 Millionen Euro im Jahr steigen, warnte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).
Spidla stören die Einwände nicht. "Das kostet nur einen Bruchteil dessen, was gerade zur Rettung von Banken ausgegeben wird", erklärte er. Im Ministerrat könnte Deutschland von einer qualifizierten Mehrheit überstimmt werden.