Wenn Sebastian Balta Kinder durch den Bundestag führt, muss er mit Fragen rechnen, die ihm Erwachsene wohl nie stellen würden. Für die Sache mit dem Raumschiff interessiert sich ein Schüler aus der 4c der Internationalen Schule Berlin. Seine Klasse war vergangenen Montag zu Besuch im Bundestag, zusammen mit 43 anderen Klassen mit Schülern bis 15 Jahren. Viermal im Jahr bietet der Bundestag solche "Kinder-Führungen" an.
Lehrerin Andrea Schott hat den Bundestagsbesuch sorgfältig vorbereitet: In der Schule haben sich die Kinder mehrere Folgen von "Politibongo" angeschaut. Die Serie wird vom Bundestag produziert und erzählt die Geschichte des Planeten Bongo, wo der verschwenderische König vertrieben wird. Daraufhin bricht das Chaos aus. Deshalb machen sich einige Bewohner in ihrem Raumschiff auf den Weg zur Erde. Dort landen sie prompt im Bundestag und erfahren, wie ein Parlament funktioniert. Die Serie spricht die Fantasie der Kinder an; das merkt Sebastian Balta, wenn er bei Führungen für junge Besucher nach dem Raumschiff "Politibongo" gefragt wird.
Weil sie zum großen Teil im Reichstagsgebäude spielt, fühlen sich die Kinder der Klasse 4c bei ihrem Besuch fast schon zu Hause. Ganz selbstverständlich erklärt der neunjährige Lauri, wie ein Hammelsprung funktioniert: "Da vorne sind die drei Türen für Ja, Nein und Enthaltung, und da gehen die Abgeordneten bei der Abstimmung dann durch." Und Paul, ebenfalls neun, erklärt den Stenographischen Dienst: "Die schreiben nicht so wie wir, sondern haben ganz komische Zeichen, fast wie Hieroglyphen". Einen kleinen Startvorteil hat Paul allerdings: Sein Vater arbeitet als Saaldiener im Bundestag.
Vieles von dem, was ältere Besucher zu sehen bekommen, zeigt Sebastian Balta auch den Grundschülern: Das Foyer mit dem Modell des Reichstages, die russischen Graffitis an den Wänden, den Plenarsaal. Balta hat sich auf die Kinderführungen besonders vorbereitet, sich überlegt, wie er komplizierte Begriffe einfach erklären kann. Mit ihren überraschenden Fragen bringen die Kinder den studierten Politologen zuweilen trotzdem ins Schwitzen. Sie wollen wissen, wie groß der Platz der Republik vor dem Reichstagsgebäude genau ist, warum in der Lobby eine Glasscheibe gesplittert ist und warum das Blau von manchen Sitzbezügen im Plenarsaal einen etwas dunkleren Farbton hat.
Dann ist Sebastian Balta dran: "Wisst ihr, warum der Adler vorne im Plenarsaal rund ist?", fragt er. Nein, nicht damit es auf ein DM- oder ein Euro-Stück passt. Auch nicht deswegen, weil die Erde rund ist. Sondern als Symbol für die runde Anordnung der Sitze im Plenarsaal. "Im Bundestag in Bonn standen die Sitze sogar in einer kreisrunden Form", beschreibt er.
Dann erkundigt er sich nach den Fraktionen im Bundestag. "CDU" und "CSU", "SPD" und "Linkspartei" schallen ihm recht schnell entgegen. Danach wird es knifflig: Waren es die "Pinken", die im Bundestag sitzen, oder nicht doch eher die "Lilanen"? Nein, es sind die "Grünen", und die "FDP" wird zu guter Letzt auch noch erraten.
Und wer leitet die Sitzungen des Bundestages? Etwa die Bundeskanzlerin, oder vielleicht doch der amerikanische Präsident? Die Schüler erfahren, dass der Bundestag einen eigenen Präsidenten hat und dass dieser sogar das zweithöchste Amt in Deutschland bekleidet.
Schließlich geht es auf die Besucherterrasse, wo die Kinder sich erst einmal in kleinen Grüppchen hinsetzen und die mitgebrachten Brötchen auspacken. Sie sind ein bisschen erschöpft von den neuen Eindrücken, aber sie haben Antworten auf viele ihrer Fragen zum Bundestag bekommen.
Sogar auf diejenige, ob Sebastian Balta das "Politibongo"-Raumschiff schon einmal in den Gängen des Bundestages gesichtet habe. "Ich selber habe es noch nicht gesehen", erklärt Balta den Schülern verschmitzt, "aber ich arbeite nicht jeden Tag im Bundestag, da kann ich nicht alles im Auge behalten."