Über 290.000 Menschen seien vor dem brutalen Vorgehen der serbischen Sicherheitskräfte auf der Flucht, Schutzsuchende versteckten sich in den Wäldern des Kosovo und Hunderte seien bereits umgekommen - so beschrieb Außenminister Klaus Kinkel (FDP) in seiner Regierungserklärung vor dem Bundestag die humanitäre Lage im Kosovo. Er sah die internationale Staatengemeinschaft in der Pflicht zu handeln.
Trotz fehlenden UN-Mandates hatte der Nato-Rat Jugoslawiens Präsident Slobodan Milosevic mit einer militärischen Intervention gedroht. Die Bundesregierung hatte bereits ihre Zustimmung zu diesem Vorgehen signalisiert. Am 16. Oktober 1998 stimmten die Abgeordneten über diesen möglichen ersten Kampfeinsatz der Bundeswehr nach dem Zweiten Weltkrieg ab. Für die Abstimmung von der Fraktionsdisziplin entbunden, votierten 500 Parlamentarier für die Beteilung der Bundeswehr an einem möglichen Kosovo-Einsatz. 62 Abgeordnete stimmten mit "Nein", 18 enthielten sich.
Vor allem die Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen taten sich schwer mit ihrer Entscheidung. Ihr Fraktionsvorsitzender Joschka Fischer stand als neuer Außenminister schon in den Startlöchern, nur die konstituierende Sitzung des neuen Bundestages nach der Wahl hatte noch nicht stattgefunden. Es gehe darum, "eine rational nicht mehr erklärbare, ethisch nicht mehr verantwortbare, eine auf aggressivem Nationalismus beruhende Politik Belgrads in die Schranken zu weisen", warb Fischer bei den Abgeordneten um Zustimmung.
Schließlich konnte er eine breite Mehrheit der Grünen-Parlamentarier überzeugen - eine Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit der künftigen Regierung, wie die Wochenzeitung "Die Zeit" vorab befand: "Rot-Grün kann erst dann glaubwürdig zu einer europäischen Friedenspolitik beitragen, wenn es die Ultima Ratio in Betracht zieht: die Gewalt".
Auch die SPD-Fraktion zeigte sich - ebenso wie die CDU/CSU-Fraktion - überwiegend entschlossen zur dieser "Ultima Ratio". Man könne der Verantwortung nicht ausweichen. Ohne die Zustimmung Deutschlands würden die Drohung in Frage gestellt werden, erklärte der designierte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Nur die Abgeordneten der PDS stimmten geschlossen gegen einen möglichen Bundeswehr-Einsatz im Kosovo.
Zwischen dem Beschluss des Bundestages und dem tatsächlichen Beginn des Kosovokrieges vergingen noch mehrere Monate. Am 24. März 1999 galten die Verhandlungen mit der serbischen Regierung als endgültig gescheitert und die Bombardierung serbischer Städte durch Nato-Einheiten unter Beteiligung der Bundeswehr begann. Bis heute ist umstritten, ob der Einsatz völkerrechtlich legitimiert war. Von den Vereinten Nationen lag kein Mandat zum Kampfeinsatz vor, weil Russland im UN-Sicherheitsrat seine Zustimmung verweigert hatte.