PODIUMSDISKUSSION
Die Parteien stecken in einem Transformationsprozess - von einer Krise wollen Experten nicht sprechen
Die politischen Parteien befinden sich in einem Transformationsprozess. Diese Einschätzung vertraten Professor Uwe Jun, Politikwissenschaftler an der Universität Trier, und Thomas Schmid, Chefredakteur der Tageszeitung "Die Welt", beim "W-Forum" zum Thema "Die Zukunft der politischen Parteien" im Bundestag. Den Ausdruck "Krise" wollten beide in diesem Zusammenhang aber nicht gebrauchen.
Es gebe eben keine Ewigkeitsgarantie für die Parteien, waren sie sich einig. "Die Parteien reagieren darauf mit Professionalisierung und Medialisierung", so Schmid. Auch die bedeutende Rolle der Medien war unstrittig. Während Politiker früher abgeschirmter von der Öffentlichkeit verhandeln und Entscheidungen treffen konnten, stehe die Politik heute unter ständiger Beobachtung. Aber auch daraus könne ein Vorteil erwachsen. Nämlich dann, wenn die Medien nicht nur "sich bereichernde" Politiker zeigten, sondern auch dargestellt werde, dass die "Politik ein Geschäft ist, dass in Deutschland auf hohem Niveau betrieben wird".
Dass die Politik häufig aber anders und oft auch kaum noch wahrgenommen wird, sieht Jun in einem grundsätzlichen Kommunikationsproblem begründet. "Die Parteien sind Akademikerparteien. Und besonders zwischen den bildungsfernen Schichten und der Politik findet kaum Kommunikation statt." Die Parteien seien heute weniger direkt in der Bevölkerung verankert als früher. Sie müssten vielmehr den indirekten Weg über die Massenmedien gehen. "Das macht die Mobilisierung für die Parteien schwieriger", so Jun. Die Frage, ob nicht auch in Deutschland eine Begeisterung für Politik und Politiker vorstellbar wäre, wie derzeit in den USA für Barack Obama, verneinte er. Jun äußerte auch Zweifel daran, dass der Begeisterung für Obama eine dauerhafte Begeisterung für Politik in den USA folge. "Politik begeistert, wenn sie Eventcharakter hat. Darüber hinaus kaum." Schmid ergänzte, dass Parteien immer nur funktionierten, weil sie "Träger von Sehnsüchten, Ideologien, einem Gemeinschaftsgefühl" seien nach dem Motto "Wir gegen die Anderen". Das würde heute kaum noch tragen. Dem pflichtete Jun bei: "Anders als oft gegenüber der Öffentlichkeit kommuniziert, gibt es keine Frontstellung mehr, sondern meist konsensuale Politik."