China
Erinnerungen an Maos Gewaltherrschaft
Zhang Bojun war vier Jahre lang, von 1954 bis 1958, Transportminister unter Mao Zedong und fiel dann wegen angeblich "konterrevolutionärer Verbrechen" in Ungnade, verlor seine Ämter und galt fortan im roten Reich der Mitte als gefährlicher Rechtsabweichler. Seine 1942 geborene Tochter, 1969 ebenfalls wegen angeblich "konterrevolutionärer Umtriebe" angeklagt, wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt, von denen sie die Hälfte absaß, bis man sie nach Maos Tod für unschuldig erklärte und freiließ.
Zhang Yihe schildert rückblickend, was ihre Familie und andere chinesische Intellektuelle, die sich demokratischen Prinzipien und der jahrhundertealten Kultur ihres Volkes verpflichtet fühlten, an Schikanen und Demütigungen erlebt haben.
Ihr Vater, ein führender Funktionär der demokratischen Liga, war in die Falle getappt, die Mao Mitte der 1950er-Jahre mit seiner Parole "Lasst hundert Blumen blühen, lasst hundert Schulen miteinander wetteifern" aufgestellt hatte. Denn wer diese Parole für bare Münze nahm und daraufhin für freie Meinungsäußerung, ein Mehrparteiensystem und eine strikte Kontrolle der Regierenden eintrat, galt als Staatsfeind, für den in der kommunistischen Gesellschaft keine Platz mehr war.
Später, nach Ausrufung der Kulturrevolution, drohte Intellektuellen und demokratisch Gesinnten Terror bis hin zu Folter, Enteignung und Tod. Auch diese bedrückende Epoche beschreibt die Autorin sehr eindringlich, wobei deutlich wird, wie groß das wissenschaftliche und kulturelle Potenzial war, das China unter Maos brutalem Regime verloren ging.
Das ihr, ihrer Familie, den Freunden und Bekannten zugefügte Unrecht ist auch heute nicht "wie Rauch vergangen", wie der Titel von Yihes Buch verrät. Wer über Jahrzehnte "wie der letzte Dreck" behandelt wurde, wer seine im Gefängnis geborene Tochter erstmals nach zehn Jahren Haft wiedersehen darf, ist nach der späten Rehabilitierung verständlicherweise nicht zum Jubeln aufgelegt, zumal die Autorin die enttäuschende Erfahrung machen musste, dass ihr Buch zwar 2004 in einem Pekinger Verlag erscheinen konnte, aber dann wieder verboten wurde. Die Erinnerungen von Zhang Yihe sind zweifellos ein eminent wichtiges Zeitdokument, denn es gibt nur wenige authentische Veröffentlichungen darüber, was Millionen von Chinesen während der maoistischen Gewaltherrschaft erlitten haben.
Vergangenes vergeht nicht wie Rauch.
Verlag Zweitausendeins, Frankfurt/M. 2008; 464 S., 24,90 ¤