MENSCHENRECHTE
Minderheiten im Irak und Iran leiden unter Verfolgung und Repressalien
Zwei Staaten, zwei Welten. Die Anhörung des Menschenrechtsausschusses am 22. April zu Minderheiten im Iran und im Irak brachte eine Einsicht: Es ist etwas anderes, ob wie im Iran der Staat bestimmte Bevölkerungsgruppen mit Repressalien überzieht oder ob wie im Irak Minderheiten keinen staatlichen Verfolgungen, wohl aber Angriffen wie etwa Raubüberfällen aus anderen gesellschaftlichen Kreisen ausgesetzt sind.
Professor Udo Steinbach sah in der "Schwäche der Zentralregierung" die Ursache für die Misere von Christen und Jesiden im Irak. Einheimische Christen würden häufig als "fünfte Kolonne klerikaler US-Missionare" betrachtet, sagte der Nahostexperte. In der Kurdenregion scheint hingegen die Staatsmacht einigermaßen zu funktionieren, weshalb nun die Ansiedlung von Christen im Norden des Landes wegen der dort gegebenen Sicherheit zur Debatte steht - was für Steinbach aber nur eine "Zwischenlösung" sein kann. Tilmann Zülch von der Gesellschaft für bedrohte Völker sagte, die Mehrheit der Christen strebe ohnehin "in den Westen", weil man die Hoffnung auf Besserung im Irak aufgegeben habe. Eva Savelsberg vom Europäischen Zentrum für Kurdische Studien sieht aber auch im Kurdengebiet nicht alles zum Besten geregelt: Die Verwaltung versuche, den Zustrom gefährdeter Jesiden aus anderen Gegenden auszubremsen.
Im Iran indes führt die Staatsmacht Regie. Das Arsenal der Repressalien sei vielfältig, so eine Auflistung der Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur am Beispiel der Bahais, die zusammen mit den Sufis als tolerante moslemische Gruppen ins Visier der radikal-islamischen Staatsdoktrin geraten sind: Sie leiden unter willkürlichen Verhaftungen, Exmatrikulationen an Hochschulen, Durchsuchungen, Drangsalierung von Schulkindern, Aberkennung von Geschäftslizenzen, Arbeitsverboten. Ingo Hofmann von der deutschen Bahai-Gemeinde machte darauf aufmerksam, dass Angehörige der Bahais, die er als "Parias der iranischen Gesellschaft" bezeichnete, auch der Spionage für Israel bezichtigt würden - sieben führenden Repräsentanten drohe deswegen sogar die Todesstrafe.
"Signifikant verschlechtert" habe sich, so Ruth Jüttner von Amnesty International, im Iran auch die Lage ethnischer Minderheiten wie etwa der Aseris, der Turkmenen, der Kurden, der Belutschen. Bürgerrechtler, die sich für solche Gruppen einsetzten, würden zuweilen mit rechtstaatlich fragwürdigen Prozessen überzogen.
Wissenschaftler Steinbach erklärte zudem, im Iran bekämpfe der Staat Homosexuelle bis hin zu Verurteilungen. Im Irak indes sei keine staatliche Verfolgung anzutreffen, auch wenn in der Gesellschaft Homosexualität weithin als "widernatürlich" gelte.
Doch was tun? Mehrere Sachverständige plädierten dafür, die EU solle sich in einem kritischen Dialog mit dem Iran für Minderheiten engagieren. In solche Gespräche müssten auch Bürgerrechtler aus dem Land einbezogen werden.