ÖFFENTLICHE BESCHAFFUNG
Der Staat achtet beim Einkauf auf nachhaltiges Wirtschaften
Einen Lichtschalter sucht man am "stillen Örtchen" im Bundestag vergebens. Dort brennt die Energiesparlampe in wenig genutzten Räumen nur, wenn auch jemand drin ist - dank Bewegungssensoren und Zeitschaltuhren. Und ist ein Tisch kaputt, wird er im Bundestag noch lange nicht weggeworfen. "Grundsätzlich kaufen wir nur Möbel in modularer Bauweise", sagt Ulrich Hübner von der Zentralen Beschaffung des Bundestages. Dann könnten kaputte Teile ersetzt werden, "das spart Kosten und erhöht die Lebensdauer eines Systems". Und noch einen Vorteil sieht Hübner, der für nachhaltige Beschaffung zuständig ist, denn bei der "Verschrottung kann das Material besser getrennt und wiederverwertet werden". So spart die öffentliche Hand Ressourcen und schont die Umwelt.
Ohnehin dürfen nur Möbel aus nachwachsenden Rohstoffen in den Bundestag. Wichtig sei aber auch der Umgang mit Materialien, erklärt Hübner. So werden beispielsweise im Bundestag wiederverwendbare Druckerpatronen und Akkus statt Batterien benutzt. Die Handhabung sei für die Mitarbeiter zwar mit mehr Umständen verbunden, werde aber akzeptiert. Nur manchmal, wenn gebrauchte Aktenordner zum zweiten Mal verwendet werden statt wie früher im Container zu landen, gebe es noch etwas Verwunderung.
Die Beschaffungsstelle der Bundestagsverwaltung ist eine von rund 30.000 Beschaffungsstellen in Deutschland. Bund, Länder und Gemeinden üben eine erheblich Marktmacht aus: Sie vergeben jährlich Aufträge im Wert von etwa 260 Milliarden Euro an Anbieter von Produkten, Dienstleistungen und Bauleistungen. Das sind insgesamt 13 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Ein umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen umfasst den umweltgerechten Dienstwagen und Stadtbus, energieeffiziente Gebäude und Biokost in den Kantinen.
Ein nachhaltiger Konsum der öffentlichen Hand erleichtert die Einführung umweltfreundlicher Produkte und setzt ein positives Beispiel für die Bevölkerung und die Unternehmen. Doch wie das Bundesumweltamt in einem Hintergrundpapier feststellt, bestehe bei Beschaffern oftmals noch Unsicherheit, ob ökologische Kriterien überhaupt mit dem Vergaberecht vereinbar seien.
Seit einer Richtlinie der EU von 2004 können öffentliche Auftraggeber zusätzliche Bedingungen für die Ausführung von Aufträgen vorschreiben, insbesondere soziale und umweltbezogene Aspekte. In Deutschland wurde im Januar 2008 die allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung energieeffizienter Produkte und Dienstleistungen, erlassen, wonach Umweltschutz- und Energieeffizienzaspekte zu beachten sind und wenn möglich und sachgerecht, auch als Vertragsbedingung auszuweisen sind.
Auch der Energieverbrauch in der Nutzungsphase sollte berücksichtigt werden. Eine umweltfreundliche Beschaffung wird also gefordert, ist aber nicht zwingend vorgeschrieben. Eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey über Potenziale öffentlicher Beschaffung für ökologische Industriepolitik und Klimaschutz zeigt, dass eine Minderung der Treibhausgase im öffentlichen Sektor zu einer dauerhaften Entlastung der Haushalte in Bund, Ländern und Kommunen führen kann. Staatlichen Institutionen und Behörden verursachen jährlich mehr als 42,8 Millionen Tonnen Treibhausgas-Emissionen, das entspricht vier Prozent aller CO2-Emissionen in Deutschland.