GREENTECH
Die Nachfrage nach umweltverträglichen Produkten wächst weltweit. Neue Technologien made in Germany profitieren von dieser Entwicklung - gerade in Krisenzeiten
Es ist fast schon ein ungeschriebenes Gesetz: Erfolgsunternehmen werden in Garagen gegründet. So wie Optoelectronics. Die Firma aus Solingen mit dem vollen Namen Zweibrüder Optoelectronics GmbH begann tatsächlich in einer Garage. Seit 1998 bauen die Brüder Harald und Rainer Opolka Leuchtdioden (LEDs) statt Glühbirnen in kleine Gehäuse aus Aluminium. Während eine Glühlampe nach etwa 1.000 Stunden Betriebszeit den Geist aufgibt, brennt die Diode der Opolkas gut einhundertmal länger, und das bei einem um 90 Prozent verringerten Energieverbrauch. Mittlerweile ist die Garage zu klein. Zweibrüder Optoelectronics GmbH ist einer der auf dem Weltmarkt führenden Hersteller von energiesparenden LED-Metalltaschenlampen.
Optoelectronics ist inzwischen eine feste Größe in einem jungen und dynamischen Markt: Die grüne Branche ist der deutsche Hoffnungsträger in Zeiten der Krise. Von "global green recovery" sprechen Experten. Und eine aktuelle Greentech-Studie der Unternehmensberatung Roland Berger im Auftrag des Bundesumweltministeriums prognostiziert, dass Umweltindustrien ihren Anteil am Bruttoinlandsprodukt in den kommenden elf Jahren auf 14 Prozent steigern werden. Damit würden sie die bislang größten deutschen Branchen, den Automobil- und den Maschinenbau, überholen.
Steigender Energiebedarf, knappe Ressourcen sowie wachsende Umweltprobleme vor allem in Schwellenländern haben die globale Nachfrage nach umweltrelevanten Produkten und Verfahren massiv ansteigen lassen. Nach Berechnungen der Unternehmensberatung McKinsey lässt sich durch Energie-spartechnologien bis 2020 ein Marktpotenzial von weltweit mehr als 2.100 Milliarden Euro realisieren. Die deutschen Unternehmen profitieren derzeit von dieser Entwicklung überdurchschnittlich.
"Viele der grünen Technologien haben Anknüpfungspunkte zu Branchen, in denen Deutschland traditionell stark ist, insbesondere zum Maschinenbau und zur Chemiebranche", sagt Rainer Walz vom Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI). Mit Weltmarktanteilen zwischen 6 und 30 Prozent gehört "Greentech made in Germany" im internationalen Vergleich auch zu den technologischen Vorreitern - allein die deutschen Biogasanlagenhersteller verfügen über einen Weltmarktanteil von 90 Prozent.
Doch auch für andere Technologien steckt im Export noch Potenzial: Neben der Erzeugung regenerativer Energien sind international vor allem die Effizienztechnologien ein wichtiges deutsches Wachstumsfeld. "Der Exportanteil der Branche insgesamt kann mittelfristig rund zwei Drittel betragen", meint Eric Heymann von der Deutschen Bank Research. Dennoch, die zunehmende Bedeutung des Umwelttechnikmarktes wurde auch in anderen Ländern erkannt: So ist es Ziel der Obama-Regierung, die USA im Bereich der erneuerbaren Energien an der Weltspitze zu positionieren. Im Silicon Valley wird Kapital und Knowhow gebündelt und hat den USA schon jetzt im Feld der "intelligenten" sogenannten Smart-Grid-Stromnetze einen deutlichen Vorsprung verschafft. Auch Südostasien drängt in den Markt. In der deutschen Solarbranche zeigen sich schon Auswirkungen. "Gerade Unternehmen, die Zellen und Module herstellen, stehen mittlerweile unter einem enormen Kostendruck", sagt Thomas Christiansen, Manager für Cleantech bei der Unter- nehmensberatung Ernst und Young, "hier werden Skalenvorteile immer wichtiger".
Kleine Firmen werden sich deshalb langfristig schwer tun, am Markt zu bestehen. "In Zukunft kommen immer mehr große Konzerne auf den Markt", sagt Christiansen, "einige kleinere Wafer-, Zell- und Modulhersteller werden dann sicherlich aufgekauft, andere können Nischenmärkte bedienen und wieder andere werden nicht überleben". So hat der Automobilzulieferer Bosch bereits Mitte 2008 den Erfurter Solarzellenhersteller ersol Solar Energy AG übernommen, vor wenigen Tagen kam der Brandenburger Solarmodulproduzent aleo Solar AG hinzu. Auch General Electric und Siemens bauen ihre Position im Umweltsektor mit neuen Beteiligungen weiter kontinuierlich aus.
Gerade den kleinen Start-up-Firmen fehlen oftmals die finanziellen Ressourcen, um sich mit ihren Innovationen auf dem Weltmarkt zu behaupten. Auch zukünftig, so meinen Experten, wird darum die Politik eine aktive Rolle bei der Marktgestaltung übernehmen müssen. "Ohne politische Förderung hätte es zahlreiche, heute wirtschaftlich erfolgreiche Innovationen im Umweltsektor nicht gegeben", sagt Walz vom Fraunhofer-Institut. Doch auch politische Fördermaßnahmen müssen den Herausforderungen eines globalen Marktes angepasst werden. "Die Förderprogramme müssen sich weniger an der Profitabilität als an den Wachstumsmöglichkeiten eines Unternehmens orientieren", sagt Bruno Steis, Vorstand der Inge Watertechnologie AG.
Langfristig erfolgreiche ökologische Industriepolitik wird über Fördermaßnahmen hinaus eine gemeinsame Strategie verschiedener Politikfelder erfordern. ISI-Experte Walz sagt: "Die Abstimmung von Forschungs-, Innovations- und Umweltpolitik wird entscheidend sein für den zukünftigen Erfolg Deutschlands."
Die Autorin ist freie Journalistin in Berlin.