Hat sich die Ausschussarbeit gelohnt, wie übereinstimmend FDP, Linke und Grüne behaupten? Oder war es nur ein Wahlkampfmanöver der Opposition, wie Union und SPD sagen?
Der Ausschuss hat sich durchaus gelohnt: Die Zeugenvernehmungen haben nämlich den Beweis erbracht, dass die Regierung bei der Rettung der HRE im Herbst 2008 verantwortlich gehandelt hat. Es ging nicht darum, einem Bankvorstand, der ein waghalsiges Spiel gespielt hat, zu Hilfe zu eilen. Vielmehr musste das Finanzsystem vor dem Kollaps bewahrt werden. Das ist geschehen.
Haben Sie selbst etwas gelernt, beispielsweise über die Macht der Banken und die Schwäche des Staates im Finanzwesen?
Die Arbeit im Ausschuss hat eines gelehrt: Alle, die sagen, der Markt allein werde die Dinge schon richten, sind im Unrecht. Wir brauchen klare staatliche Handlungsanleitungen für den Finanzsektor. Das ist eine zentrale Aufgabe für Bundestag und Regierung in der nächsten Legislaturperiode.
Wo sehen Sie denn konkreten Handlungsbedarf in nächster Zeit?
Wir benötigen eine ganze Reihe von Reformen. Die Managergehälter müssen begrenzt werden. Aufsichtsräte und Vorstände von Banken sind für Fehlentscheidungen oder negative Geschäftsentwicklungen stärker in Haftung zu nehmen. Ich denke, die Gehaltsstrukturen eines Kreditinstituts müssen gegenüber der Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) offengelegt werden. Ganz wichtig ist eine Erweiterung der Kompetenzen der Bafin. Es ist eine schwierige Frage, ob die Aufsicht auch das Recht erhalten soll, Auflagen für die Geschäftsmodelle der Kreditinstitute zu machen. Aber die Prüfung dieses Themas darf nicht ausgespart werden.
Ein Jahr nach Lehman-Pleite und HRE-Debakel scheint die Finanzwelt aber wieder zu "business as usual" zurückzukehren.
Das kann nicht akzeptiert werden. Die Politik muss verhindern, dass der Finanzsektor wieder in den alten Trott zurückfällt. Wir sollten dabei auch neue Wege diskutieren wie etwa die Einführung einer Börsenumsatzsteuer, um das Bankwesen zur Finanzierung von Schäden heranzuziehen, die angerichtet werden.
Muss die Arbeit von Untersuchungsausschüssen effizienter werden? Zum Beispiel die "Berliner Stunde" mit der starren Zuteilung von Zeitkontingenten für Fragen nach der Fraktionsstärke wirkt doch hemmend.
Das mag vielleicht etwas schwerfällig anmuten, aber ich kenne kein besseres Modell. Die kleinen Parteien werden keinesfalls benachteiligt. Bei allen Zeugen haben wir die "Berliner Stunde" so oft wiederholt, bis jede Fraktion all ihre Anliegen vortragen konnte. In unserem Ausschuss blieb keine Frage ungestellt.
Die Fragen stellte
Karl-Otto Sattler.