28. März 2011
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chromorange
Die Auswirkungen von Priorisierung
Zunächst ging es in der Projektgruppe um einen Textentwurf aus
dem Kapitel III "Dienste" zum Thema diskriminierungsfreier Zugang
zu Internetdiensten für Endkunden und Anbieter. In der
Diskussion über den Text zeigten sich erneut die
unterschiedlichen Perspektiven insbesondere der
sachverständigen Mitglieder. Deutlich wurde das zum Beispiel
an der Frage, ob die Priorisierung bestimmter Dienste- oder
Inhalteklassen neue und entwicklungsoffene Angebote aus dem Markt
drängen beziehungsweise fernhalten werde oder nicht. Einige
Projektgruppenmitglieder vertraten die Ansicht, dass wertvolles
Innovationspotenzial des Internets verloren gehen könne, wenn
etwa bestimmte Angebote nur gegen einen Aufpreis für Endkunden
zu haben seien. Es bestehe nach Ansicht dieser Mitglieder die
Gefahr, dass die Innovationskraft des Netzes ökonomischen
Interessen zum Opfer fallen könnte. Andere
Projektgruppenmitglieder argumentierten hingegen, dass das nicht
zwangsläufig der Fall sein müsse und dass es
genügend Beispiele gebe, die das genaue Gegenteil zeigten.
IPTV, also die Fernsehübertragung via IP-Protokoll, basiere
zum Beispiel klar auf Priorisierung - dennoch werde hier eine
Innovation gefördert statt gebremst. Die
Projektgruppenmitglieder verständigten sich schließlich
darauf, diesen Bewertungskonflikt im Berichtstext zu beschreiben
und beide Sichtweisen darzustellen.
Normales Wirtschaftsverhalten versus
Transparenz
Zu einer entsprechenden Lösung kamen sie auch bei einem
Textentwurf für das Kapitel IV "Inhalte" zum Thema
"oligopolistischer Wettbewerb mit wenigen zentralen
Diensteanbietern". Hier ging es unter anderem um
Suchmaschinen-Betreiber und die häufig geforderte Transparenz
bei der Offenlegung von Suchalgorithmen. Einige
Projektgruppenmitglieder wandten ein, dass transparente Algorithmen
unfaires Handeln von unseriösen Anbietern zur Folge haben
könnte. Andere Projektgruppenmitglieder stellten klar, dass
eine Offenlegung der Algorithmen nicht im Sinne des
Suchmaschinenbetreibers sei, da es sein Geschäftsmodell
unterminieren würde. Auch hier einigte sich die Projektgruppe
auf eine neutrale Formulierung.
Entscheidungsraster als Zwischenschritt
Grundsätzlich hatte die Projektgruppe in den
Textentwürfen für die ersten vier Abschnitte des
Zwischenberichts bewusst Wertungen vermieden und Formulierungen
möglichst auf Konsens angelegt. Im Zusammenhang mit den
Handlungsempfehlungen regte ein Projektgruppenmitglied an, die
inhaltliche Diskussion noch einmal aufzunehmen. So könnte die
Projektgruppe definieren, welche Szenarien zum Thema
Netzneutralität in der Zukunft denkbar seien. Als ein
mögliches Hilfsmittel wurde ein Entscheidungsraster angeregt,
etwa ein Ampelschema. Damit könnte die Projektgruppe
veranschaulichen, welche Szenarien sie für wünschenswert
hält und welche sie grundsätzlich ablehnt. Im
nächsten Schritt könnte sich die Projektgruppe dann auf
Handlungsempfehlungen einigen.
Zusätzliche Sitzungen
Erste Textentwürfe für Handlungsempfehlungen liegen der
Projektgruppe schon vor. Damit tritt die Projektgruppe in eine
wichtige Arbeitsphase ein, denn die Handlungsempfehlungen sind als
Kernstück des Kommissionsberichts ein besonders wichtiger Teil
der Projektgruppenarbeit. Die Projektgruppe verständigte sich
deshalb darauf, sich mehr Zeit für die Diskussion der
Handlungsempfehlungen zu nehmen und dafür einen weiteren
Termin anzuberaumen. In den bereits eingereichten
Handlungsempfehlungen sollen bis dahin durch das
Kommissions-Sekretariat und die Referenten der Fraktionen
Übereinstimmungen und Abweichungen gefunden werden. Eine
solche so genannte Synopse erleichtert es der Projektgruppe, mit
möglichst großer Übereinstimmung Empfehlungen
vorzulegen.
Auf der Tagesordnung des kommenden Treffens werden aber
zunächst die letzten Textänderungen der Kapitel I bis IV
und die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung in Adhocracy stehen.
Bürgerinnen und Bürger konnten hier bis zum 28. März
an der Abstimmung der Vorschläge teilnehmen. Die nächste
Projektgruppensitzung findet am 1. April statt.