Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags sind stellvertretend für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland gewählt, um für das Volk die richtigen Entscheidungen zu treffen. Deshalb werden sie in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt: Alle vier Jahre tritt das Wahlvolk an die Urnen, um die Abgeordneten als die Vertreter des Volkes ins Parlament zu wählen. Das nächste Mal im Jahr 2013.
Dem 16. Deutschen Bundestag gehörten zuletzt 611 Abgeordnete an: 223 gehören zur CDU/CSU, 221 zur SPD, 61 zur FDP, 52 zur Fraktion Die Linke und 51 zu Bündnis 90/Die Grünen. Aber auch drei fraktionslose Abgeordnete sind Mitglieder des Bundestags: Jörg Tauss, Henry Nitzsche und Gert Winkelmeier. Tauss trat aus der SPD aus und wechselte zur Piratenpartei, die im Bundestag nicht vertreten ist. Nitzsche und Winkelmeier waren nach der Bundestagswahl 2005 für ihre Parteien ins Parlament eingezogen (Nitzsche für die CDU, Winkelmeier für Die Linke), waren aber 2006 wieder aus ihren Fraktionen ausgeschieden. Ihre Mandate aber konnten sie behalten. Warum?
Der Grund ist, dass die Abgeordneten ein freies Mandat haben. Sie sind somit an keinerlei Weisung von Wählern oder einer Partei gebunden. Die Abgeordneten sind in einer repräsentativen Demokratie wie unserer Delegierte und Vertreter des Volkes. Wir geben ihnen bei der Wahl mit unserer Stimme den Auftrag, die Interessen der ganzen Bevölkerung im Parlament zu vertreten.
Diesen Auftrag erfüllen sie, indem sie die Aufgaben des Bundestages gemeinsam wahrnehmen: Wahl und Kontrolle der Regierung, Gesetzgebung, Haushaltsbewilligung oder aber die Bestellung von anderen Verfassungsorganen – dies beinhaltet auch die Ernennung von Verfassungsrichtern.
Mit unserem Votum für einen Abgeordneten ist aber keinesfalls ein konkreter Auftrag verbunden - etwa wie sich ein Abgeordneter bei einer bestimmten Abstimmung verhalten soll. Das ist das Prinzip des freien Mandats - und im Grundgesetz festgeschrieben.
Dort heißt es in Artikel 38 Absatz 1 über die Abgeordneten: „Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“ Kein Abgeordneter kann also sein Mandat verlieren, nur weil er nicht dem Willen der Wähler entsprochen hat.
Wenn wir die Abgeordneten für vier Jahre in den Bundestag wählen, dann treffen wir diese Entscheidung aber nicht nur wegen ihrer Person, sondern auch aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer politischen Partei. Bei der Zweitstimme wird es besonders deutlich: Damit wählen wir eine Partei, keine Person. Das hat einen Grund: Parteien spielen in der einer Demokratie eine wichtige Rolle.
Das Grundgesetz nennt ihre Aufgabe in Artikel 21 Absatz 1: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit." Tatsächlich übernehmen Parteien Aufgaben, ohne die unsere Demokratie nur schwer funktionieren könnte: Sie stellen nicht nur Kandidaten für politische Ämter auf. Sie formulieren und bündeln auch die Interessen der Bürger. Kurz: Parteien sind ein notwendiges Bindeglied zwischen Staat und Bevölkerung.
Wenn wir einen Politiker wählen, dann gibt uns seine Mitgliedschaft in einer Partei Aufschluss über seine politischen Überzeugungen und Ziele. Im besten Fall wissen wir also, für welches politische Programm der einzelne Kandidat steht. Um solche Interessen aber auch im Parlament durchzusetzen, bilden Abgeordnete Fraktionen.
Wenn es nun also um Abstimmungen geht, erwarten die Fraktionen in der Regel von ihren Mitgliedern, dass sie so votieren, wie es zuvor beschlossen wurde. Das bezeichnet man als Fraktionsdisziplin. Einen rechtlichen Zwang, im Sinne der eigenen Fraktion auftreten oder abstimmen zu müssen, gibt es jedoch nicht. Aber widerspricht diese Fraktionsdisziplin nicht dem Grundsatz der Unabhängigkeit des Abgeordneten und seinem freien Mandat?
In der Tat haben sich auch Politikwissenschaftler lange über dieses Spannungsverhältnis den Kopf zerbrochen. Doch schließen sich freies Mandat und Fraktionsdisziplin nicht grundsätzlich aus. Ein Parlament muss die Entscheidungsfreiheit des Abgeordneten garantieren und zugleich muss aber auch ein geschlossenes Handeln der Fraktionen möglich sein.
Das freie Mandat sichert somit die individuelle Verantwortlichkeit der Abgeordneten und die Fraktionsdisziplin seine kollektive Verantwortlichkeit. Aber es gibt es auch Abstimmungen - oft über Fragen, die besonders das Gewissen jedes einzelnen Abgeordneten berühren – bei denen die Fraktionsdisziplin bewusst aufgehoben ist.
Neben Artikel 38 des Grundgesetzes, der die Funktion der Abgeordneten festschreibt, ist es aber insbesondere das Abgeordnetengesetz, das ihre rechtliche Stellung bestimmt. So ist darin unter anderem auch festgeschrieben, wie Parlamentarier für ihre Tätigkeit entschädigt werden (Diäten).