Dem Kindergeld kommt innerhalb der Familienförderung
eine herausragende Bedeutung zu. Mit rund 34 Milliarden
Euro jährlich ist es die mit Abstand wichtigste Familienleistung.
Für kommendes Jahr plant die Bundesregierung,
das Kindergeld für die ersten beiden Kinder von derzeit 154
auf 164 Euro anzuheben. Für das dritte Kind steigt der Satz
von 154 auf 170 und für jedes weitere Kind von 179 auf
195 Euro. Gleichzeitig steigt auch der Freibetrag für jedes
Kind von derzeit 5.808 auf 6.000 Euro im Jahr.
Innerhalb der Koalition ist das gut zwei Milliarden
Euro teure Familienentlastungspaket umstritten. Für die
Kindergelderhöhung hatte sich die Union stark gemacht,
während die SPD zunächst Sachleistungen den Vorzug
gab. Am Gesamtpaket stört viele Sozialdemokraten zudem,
dass der geldwerte Vorteil der Freibeträge für die Bezieher
höherer Einkommen größer ist als der Kindergeldbetrag.
Jedes Kind müsse dem Staat gleich viel wert sein, fordert
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD).
In der Tat hängt die staatliche Fürsorge vom Geldbeutel
der Eltern ab. Denn je nach Einkommen profitieren die
Familien vom Freibetrag, dem Kindergeld oder dem Hartz-
IV-Regelsatz für Kinder. Das meiste Geld bekommen die
Bedürftigen. Hartz-IV-Empfänger erhalten für ein Kind
bis zum Alter von 13 Jahren 211 Euro im Monat. Danach
steigt der Satz auf 281 Euro und liegt damit deutlich über
dem Kindergeldbetrag, den diejenigen Eltern erhalten, die
selbst für den Unterhalt ihrer Kinder sorgen.
Das Kindergeld kommt der breiten Masse der
Familien in der Mitte der Gesellschaft zugute. Für
Eltern, die über ein Jahreseinkommen von mindestens
62.800 Euro verfügen, ist es hingegen
lukrativer, statt der Geldleistung den
Steuerfreibetrag zu wählen. Unter dem
Strich ergibt sich dann eine Steuerersparnis
von maximal 203 Euro monatlich.
Der Kölner Steuerrechtler
Professor
Joachim Lang weist jedoch
darauf
hin, dass der Kinderfreibetrag
im Gegensatz
zum
Kindergeld
„keine Familienförderung darstellt”. Vielmehr
werde mit dem Freibetrag nur sichergestellt, dass das
Existenzminimum eines Kindes – ebenso wie das jedes
Erwachsenen – nicht besteuert wird. Dies verlangt die
Verfassung. In dieser Sicht sind die Kinder aus wohlhabendem
Hause somit die einzigen, die keine finanzielle Unterstützung
vom Staat bekommen. Und auch das Kindergeld ist nur zu
einem Drittel eine Sozialleistung. Zwei Drittel ergeben sich
aus der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums.
Entgegen der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung
wertet die SPD den Steuerfreibetrag als staatliche
Familienförderung und fordert eine grundlegende Reform.
Finanzminister Steinbrück plädiert für einen „Kindergrundfreibetrag”.
Während die Steuerersparnis heute vom
Haushaltseinkommen abhängt, wäre beim Grundfreibetrag
die Ersparnis für alle Eltern stets gleich und entspräche der
Höhe des Kindergeldes. Für den FDP-Finanzexperten Karl-
Ludwig Thiele wäre eine solche Reform nichts anderes
als
„eine Steuererhöhung
zu Lasten der Familien”.
Denn Eltern mit höheren
Ein-
kommen
müssten dann
mehr Steuern als
bisher
zahlen.
Erschienen am 19. November 2008