Das europäische Finanz- und Bankensystem muss krisenfester
gemacht werden. Dazu gehören nicht nur eine verbesserte
Aufsicht für grenzübergreifend tätige Bankengruppen,
sondern auch strengere Eigenkapital- und Bilanzierungsvorschriften
für die Banken. Die CDU/CSU unterstützt
auch
ein schärferes Risikomanagement für verbriefte Produkte.
Die Finanzkrise darf jedoch nicht als Alibi für eine Abkehr
vom Ziel der Haushaltskonsolidierung missbraucht werden.
Die Finanzkrise macht deutlich, dass die weitere europäische
Integration in einer globalisierten Welt unverzichtbar
ist. Nur ein gemeinsames europäisches Vorgehen
war und ist geeignet, um die Krise einzudämmen. Gleichzeitig
müssen wir auf internationale Verkehrsregeln
für
die Finanzmärkte hinwirken, um künftigen Krisen vorzubeugen.
Europa muss hierzu in internationalen Verhandlungen
und Gremien mit einer Stimme sprechen.
Das gemeinsame Handeln der Europäischen Union war ein hoher Stabilitätsfaktor und ist Voraussetzung für die Überwindung der Krise. Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) und die Stärke des Euro haben sich bewährt. Jetzt müssen zügig gemeinsame Regeln und eine gemeinsame Aufsicht über den europäischen Finanzmarkt umgesetzt werden.
Eine grundlegende Neuordnung des Finanzsystems ist
notwendig. Die Wechselkurse müssen stabilisiert, Kreditverbriefungen
und Hedgefonds verboten und eine Börsenumsatzsteuer
muss eingeführt werden. Die Banken sollen
der Realwirtschaft dienen, statt sie kaputt zu spekulieren.
Hierfür
brauchen wir klare Regelungen für den europäischen
Bankensektor,
eine europäische Bankenaufsicht
und die Austrocknung der Steueroasen.
Nationale Alleingänge in einem Finanzbinnenmarkt sind fatal. Ohne Absprache die Sicherheit der Spareinlagen zu garantieren, war ein Riesenfehler von Irland und Deutschland. So etwas darf sich nicht wiederholen. Ein gemeinsames Vorgehen bei der Finanzmarktaufsicht und der Bekämpfung von Steuer- und Regulierungsoasen sowie eine abgestimmte Wirtschaftspolitik sind zentrale Aufgaben für die EU. Und sie muss mit einer Stimme bei den internationalen Verhandlungen um die neue Finanzarchitektur sprechen.
Wer zu früh aufgibt, verliert. Die CDU/CSU unterstützt daher die Fortsetzung des Ratifizierungsprozesses. Der Europäische Rat im Dezember wird zeigen müssen, mit welchen konkreten Schritten der Lissabon-Vertrag, den inzwischen 24 Staaten ratifiziert haben, auch in Irland noch in Kraft treten kann. Falls dies vor den Europawahlen 2009 nicht möglich sein sollte, müssen diese nach dem bislang gültigen Vertrag von Nizza durchgeführt werden.
Der Vertrag von Lissabon stärkt die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union nach innen und außen und verbessert ihre demokratische Legitimation. Er ist Grundlage für die weitere Vertiefung des europäischen Integrationsprozesses und unverzichtbar. Jetzt kommt es darauf an, die Arbeiten an einem sozialen Europa voranzutreiben, um wirtschaftliches Wachstum mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit zu verzahnen.
Die FDP hält an den Zielen des Vertrages fest. Unabhängig davon, ob er in Kraft tritt oder nicht, sind Integrationsschritte in folgenden Bereichen nötig: bei der gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik, der Stärkung des Binnenmarktes, bei der Klima- und Energiepolitik sowie in der Innen- und Rechtspolitik. Außerdem sind mehr Rechte für das Europaparlament und die nationalen Parlamente notwendig.
Der Vertrag von Lissabon setzt auf eine marktradikale Wirtschaftspolitik, auf Sozial- und Demokratieabbau sowie eine Außen- und Sicherheitspolitik, die auf militärische Stärke setzt. Deshalb sagen wir Nein zu diesem Vertrag. Die Linke will eine soziale, friedliche und demokratische EU durchsetzen. Die EU braucht eine neue Verfassung, über die die Bürgerinnen und Bürger in Volksabstimmungen entscheiden können.
Der Vertrag ist eine gute Grundlage für die dringend notwendige Reform der EU. Wir wollen aber eine grünere EUPolitik, und das ist eine Frage der politischen Mehrheiten. Grün heißt: das Klima wirklich schützen und nicht ständig vor der Industrielobby einzuknicken; nicht nur über das soziale Europa reden, sondern Mindestlohnregelungen einführen und Arbeitnehmerrechte absichern; Freiheit garantieren und Menschen schützen gegen Terror und Kriminalität, aber auch gegen wachsende Datensammelwut.
Erschienen am 19. November 2008