fragt BLICKPUNKT BUNDESTAG an dieser Stelle und lädt Sie ein, interessanten Persönlichkeiten der Parlamentsgeschichte im Wortlaut wieder zu begegnen. In jeder Ausgabe präsentieren wir das Zitat eines Mitglieds des Bundestages, das in der Geschichte Deutschlands seine Spuren hinterlassen hat. Wer hat's gesagt? Schreiben Sie uns die Lösung und gewinnen Sie eine Reise für zwei Personen nach Berlin.
Die Politikerin, die sich hier zehn Jahre später in einem Interview an die erste freie Wahl in der DDR vom 18. März 1990 erinnert, hatte damals ein wichtige Funktion inne. Mit gerade 25 Jahren war sie Vorsitzende der Wahlkommission geworden. Sich selbst und anschließend die Öffentlichkeit musste sie davon überzeugen, dass bei dieser Wahl alles mit rechten Dingen zugegangen war, dass erstmals seit der Gründung der DDR das Ergebnis nicht manipuliert worden war. Denn seit 40 Jahren kannte man im zweiten deutschen Staat, der sich selbst „demokratisch” nannte, nur Resultate mit deutlich über 99 Prozent Zustimmung. Es war nicht leicht gewesen, in der zusammenbrechenden DDR erstmals eine Wahl nach rechtsstaatlichen Grundsätzen zu organisieren. Erst am 28. Januar hatte sich der neue Ministerpräsident Hans Modrow mit den alten und inzwischen entstandenen neuen Parteien und Gruppen auf den Termin der ersten freien Wahl geeinigt. In gerade 48 Tagen musste in Tag- und Nachtarbeit eine rechtsstaatliche Infrastruktur geschaffen werden.
Als sich dann am Wahlabend abzeichnete, dass die „Allianz für Deutschland” aus CDU, DSU und Demokratischem Aufbruch weit über 40 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen würde, war das für die Kommissionsvorsitzende „ein Schock”. Denn der Unabhängige Frauenverband, dem sie sich – nach vier Jahren Mitgliedschaft in der SED – im Januar 1990 angeschlossen hatte, kam zusammen mit den Grünen auf nur zwei Prozent der Stimmen.
Anschließend arbeitete die gebürtige Leipzigerin ein halbes Jahr lang als Redakteurin beim Deutschen Fernsehfunk der DDR und hätte um ein Haar zusammen mit Hape Kerkeling die erste gesamtdeutsche Endausscheidung für den Grand Prix d′Eurovision moderiert. Doch die Politik ließ sie nicht los: Bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl im Dezember 1990 kam sie als Parteilose auf der Liste der PDS ins Bonner Parlament. Dort wurde sie 1998, als 34-Jährige, in eines der protokollarisch wichtigsten Ämter Deutschlands berufen.
So früh wie sie in die Politik eingestiegen war, so früh stieg sie wieder aus. Nach dem Misserfolg der PDS bei der Bundestagswahl 2002 wurde sie Politikberaterin und half unter anderem im Auftrag der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bei der Vorbereitung der Parlamentswahl im Kosovo mit. Sie lebt in Berlin, schreibt in ihrer Freizeit Kabarettstücke und betätigt sich als Marionettenspielerin.
Text: Klaus Lantermann
Erschienen am 5. Mai 2009
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