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Gültig ab: 18.03.2010 13:41
Autor: Gregor Mayntz
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„Das war eine kreative Zeit”

Horst Friedrich

Nach fast zwei Jahrzehnten hat Horst Friedrich den Deutschen Bundestag verlassen. Seinen Abschied hat der versierte Verkehrsexperte der FDP -Fraktion sorgfältiger geplant als seinen Einstieg ins parlamentarische Leben.

Horst Friedrich
Horst Friedrich
© DBT/studio kohlmeier

Als der Bayreuther Industriekaufmann und Handelsvertreter Horst Friedrich vor 20 Jahren erstmals für den Bundestag kandidierte, stand er auf dem neunten Platz der bayerischen FDPLandesliste. „Das war respektabel, aber keinesfalls sicher.” Die erste Wahl im wiedervereinigten Deutschland werde zudem zu grandiosen Verlusten für Schwarz- Gelb führen, lauteten die einschlägigen Erwartungen für den Herbst 1990. Es kam überraschend anders - und Friedrich fühlte sich geradezu in den Bundestag „reingespült”. Mit allen Improvisationen und schwierigen Findungsprozessen einer um viele Neulinge angewachsenen Regierungsfraktion. Vier Mal ist Friedrich seitdem wiedergewählt worden, ist auf seinem Spezialgebiet der deutschen Verkehrspolitik zu einer tragenden Säule geworden. Und hat nach dem Motto „Lieber bewusst gehen, als frustriert aufgeben” das Ende seiner parlamentarischen Arbeit seit Langem vorbereitet.

So hat sich der 59-Jährige aus dem FDP-Bundesvorstand zurückgezogen, das Amt des stellvertretenden Landesvorsitzenden abgegeben und auch in seinem Wirken als Bundeschef des Vereins der liberalen Männer in Deutschland einem Nachfolger Platz gemacht. Immer das Bild von Exabgeordneten vor Augen, die nicht loslassen wollten und nach einem halben Jahr trotzdem feststellen mussten, gegen ihren Willen dann doch „draußen” zu sein. „Dieses Frusterlebnis wollte ich mir nicht antun”, erklärt Friedrich.

Warum auch sollte er sich selbst das Bild vom einflussreichen, kompetenten und geschätzten Verkehrsexperten kaputt machen, das er sich in vielen Jahren erworben hat. Gern denkt er an die ersten achte Jahre zurück, als er eine „spannende Zeit” nicht nur deswegen erleben konnte, weil seine Partei in der Regierung saß, sondern auch, weil gerade auf dem Verkehrssektor im Zuge des Zusammenwachsens Deutschlands viel zu bedenken, zu planen und zu entscheiden war. „Das war eine kreative Zeit”, erinnert sich Friedrich. Alle wichtigen Weichenstellungen waren in dieser Phase vorzunehmen. „Das hat richtig Freude gemacht, damals mitregieren zu dürfen”, sagt der Liberale.

Aber auch in der nachfolgenden Oppositionszeit behielt sein Wort Gewicht - nicht zuletzt als Mitglied des Eisenbahninfrastrukturbeirates bei der Bundesnetzagentur. Wie wichtig Friedrich auch für die Bahnmanager war, ist an der bedrückendsten Erfahrung abzulesen, die der Abgeordnete und seine Mitarbeiter machen mussten. Geahnt hatten sie es längst, und als sie über den Bespitzelungsverdacht sprachen, galten sie zunächst als „Nestbeschmutzer”. Dann aber stellte sich heraus, dass alles noch schlimmer war als vermutet. Ähnliche Gefühle hegt Friedrich zum Abschluss seiner Mitgliedschaft im Bundestag: dass der wahre Zustand der Bahn weiter verschleiert werde. „Ich hoffe, meine Nachfolger können etwas Vernünftiges daraus machen.” Einstweilen ist er froh, aus der Opposition heraus bei der laufenden Bahnprivatisierung Schlimmeres verhindert zu haben.

Ausgerechnet Japan

Friedrich hat sich im Bundestag stets auch international orientiert, in einer ganzen Reihe von Parlamentariergruppen mitgewirkt, die den Kontakt zu Kollegen anderer Länder und Kontinente pflegen. Als Vorsitzender fungierte er lange Jahre in der deutsch-japanischen Gruppe. Warum ausgerechnet Japan? „Das Land hat mich immer schon fasziniert.” Und so sei er sehr beeindruckt gewesen, als junger Abgeordneter gleich im ersten Halbjahr die fernöstlichen parlamentarischen Gepflogenheiten aus der Nähe kennenlernen und sich mit den Kollegen austauschen zu können. Die hätten sich von der „euphorischen Stimmung” jener Zeit anstecken lassen und mit den Deutschen im fernen Japan deren Wiedervereinigung gefeiert.

Für sich hat Friedrich schon zu Beginn der vergangenen Wahlperiode entschieden, dass danach Schluss sein soll. Seinen Parteifreunden hat er es nach eingehenden Überlegungen erst nach den bayerischen Landtagswahlen gesagt, um in diesem Zusammenhang kein schiefes Bild aufkommen zu lassen. Und nachdem sichergestellt schien, dass die oberfränkische FDP auch wieder mit einem Mandat im nächsten Bundestag vertreten sein kann, war Friedrich in der Lage, mit sich selbst innerlich im Reinen, noch einmal Wahlkampf zu machen. Natürlich nicht mit diesem Druck, der auf den Kandidaten selbst lastet. „Etwas lockerer” als in den zurückliegenden Jahrzehnten konnte Friedrich für seine Partei werben.

„Lieber bewusst gehen, als frustriert aufgeben”

Und was macht er, wenn definitiv Schluss ist im Hohen Haus? Nach der Konstituierung des neuen Bundestages ohne ihn hat Friedrich „erst mal Luft geholt”. Die Kinder sind längst aus dem Haus, aber seine Frau kann im großen Garten „eine zweite helfende Hand sicher gut gebrauchen”. Wandern und Radfahren werden in seinem Terminkalender die Arbeitsgruppen- und Fraktionssitzungen ersetzen. Und ein Traum des Eisenbahnexperten wird dann irgendwann sicherlich Wirklichkeit werden: dass er endlich auch einmal seine große Modelleisenbahn im Keller aufbauen kann.

Der regionalen Politik will er erhalten bleiben. Im Landesfachausschuss Verkehr möchte die FDP noch nicht auf seine Expertise verzichten, und auch im eigenen Kreisverband wird er weiter mitarbeiten. Daneben haben sich zwei Unternehmen durch Beraterverträge sein Wissen gesichert. Und so weiß Friedrich, dass ihm auch nach seiner Zeit im Bundestag „nicht langweilig” wird.

Zur Person

Horst Friedrich, Jahrgang 1950, war seit 1990 Mitglied des Deutschen Bundestages. Der gelernte Industriekaufmann und Betriebswirt hat sich über die Jahre den Ruf eines geschätzten und versierten Verkehrsexperten erworben. Friedrich war Mitglied im FDP-Bundesvorstand und stellvertretender Landesvorsitzender der Liberalen in Bayern.

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Text: Gregor Mayntz 
Erschienen am 25. März 2010


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