DIENSTAG
Wichtigster und oft längster Termin am Dienstag ist für alle Abgeordneten die Fraktionssitzung. Bei der Fraktion Die Linke. — im Unterschied zu den anderen Fraktionen — seit jeher eine öffentliche Veranstaltung.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin Dagmar Enkelmann kann von ihrem Wohnort Bernau mit der S-Bahn nach Berlin kommen. Das tut sie auch und schafft sich so ein wenig Vorlauf beim Aktenstudium. Eine gute Geschäftsführerin einer Fraktion sorgt dafür, dass der Alltag in den Arbeitswochen reibungslos läuft, die Plenarsitzungen gut vorbereitet sind, Wünsche mit der Realität abgeglichen werden, alle wissen, was zu tun ist. Sie sitzt im Ältestenrat, wo die Tagesordnungen der Plenarsitzungen beschlossen werden. Sie weiß also ziemlich alles. Oder sagen wir viel: Welche Anträge ihre Fraktion wann ins Plenum einbringen wird, wer zu welchem Thema redet, welche Großen oder Kleinen Anfragen gestellt werden, was sonst noch auf die Fraktion zukommen kann oder wird.
An diesem Dienstag empfängt Dagmar Enkelmann morgens einen Gast von den Wirtschaftsjunioren, dem größten Verband junger Führungskräfte und Unternehmer in Deutschland, der sie eine Woche lang begleitet. Politik trifft Wirtschaft oder umgekehrt. Profitieren können beide davon.
Die Regel in einer normalen Arbeitswoche ist auch, dass Dagmar Enkelmann mit ihrem Fraktionskollegen Ulrich Maurer, ebenfalls Parlamentarischer Geschäftsführer, vor der Fraktionssitzung eine Pressekonferenz gibt. Da wird berichtet, welche parlamentarischen Initiativen ihre Fraktion in dieser Woche plant: Eine Aktuelle Stunde beantragen, einen Antrag zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements einbringen, einen mit dem Thema „Öffnung der Postmärkte stoppen”, einen dritten, der fordert, V-Leute in der NPD abzuschalten und einen, der sich mit dem Thema Leiharbeit befasst. In der Art, wie sie redet und auf Fragen antwortet, beweist die 51-Jährige, dass sie sehr strukturiert arbeitet. Hat alles Hand und Fuß, ist nicht zu lang und nicht zu kurz.
Die Fraktionssitzung teilt sich in Pflicht und Kür. Die Kür hat mit dem Datum 8. Mai zu tun — Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges und der Befreiung vom Nationalsozialismus — und trägt der Tatsache Rechnung, dass die „Solar Generation” von Greenpeace gerade ein Klimacamp vor dem Bundestag veranstaltet. Geschichte und Zukunft, Gedenken und Nachdenken prägen die erste halbe Stunde. Dann wird noch der neue Internetauftritt der Fraktion präsentiert und danach beginnt die Vorbereitung der Plenarsitzungen dieser Woche mit dem Tagesordnungspunkt „Aktuelle Verständigung”. Dagmar Enkelmann hat zu diesem Zeitpunkt schon drei Termine hinter sich, bei denen es ausschließlich um die Planung der Sitzungswoche und der Fraktionsarbeit ging. Sie macht nicht den Eindruck, als verdrieße sie so viel Routine und ein solch gerasterter Tag. Eher, dass sie dies mit leichter Hand erledigt. Und Gelassenheit. Die muss eine Geschäftsführerin auch haben.
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Text: Kathrin Gerlof
Erschienen am 18. Juni 2007