Blickpunkt Spezial: Der Auswärtige
Ausschuss berät federführend Anträge
zu Auslandseinsätzen. Könnte es sein,
dass Sie von deren Inhalt nie wirklich
überrascht sind, wenn sie auf dem
Tisch des Ausschusses liegen?
Ruprecht Polenz: Der Bundestag kann
zu solchen Anträgen nur Ja oder Nein
sagen; er kann sie nicht ändern. Würde
die Bundesregierung jedoch an solch entscheidender Stelle eine Ablehnung erfahren,
würde sie vermutlich zurücktreten
müssen. Deshalb tut sie gut daran,
schon im Vorfeld abzuklären, was erforderlich
ist, um für den Antrag auch die
notwendige Mehrheit zu bekommen.
Daneben halten wir uns intensiv über
die Entwicklung der Regionen und den
Verlauf der Einsätze auf dem Laufenden.
Blickpunkt: Manche Einsätze laufen
schon seit vielen Jahren. Gibt es
Aussichten auf ein Ende?
Polenz: Wir haben in Mazedonien
schon deutliche Reduzierungen gehabt.
Wir hoffen, dass die anderen Länder
der Balkanregion sich auf Europa zu
bewegen und sich entsprechend reformieren
zu Rechtsstaat und Demokratie.
Das hätte mittelfristig sicherlich auch
Auswirkungen auf die militärische
Präsenz. In Afghanistan hängen die
Dinge sehr stark davon ab, wieweit das
Land selbst für Sicherheit sorgen kann.
Deshalb laufen dort die Anstrengungen
zum Aufbau der afghanischen Armee
und einer einsatzfähigen Polizei.
Blickpunkt: Sehen Sie weitere Einsatzverpflichtungen auf Deutschland zukommen?
Polenz: Sicherlich werden die Vereinten
Nationen auch in Zukunft mit ihren
Fähigkeiten zur Friedenssicherung und
Friedenserzwingung gefordert sein.
Und die Vereinten Nationen, das sind
wir alle! Da geht es dann darum, wer
sich an neuen Einsätzen beteiligt. Auch
wir Europäer dürften als Produzenten von Sicherheit das eine oder andere Mal
gefragt sein. Allerdings hängt die Fähigkeit
zu einer Beteiligung auch davon ab,
in welchen anderen Einsätzen die einzelnen
Länder bereits tätig sind. Von niemandem
kann mehr verlangt wer den,
als er leisten kann. Deshalb wollen wir
regionale Organisationen wie die Afrikanische Union so stärken, dass sie solche
Einsätze bewältigen können.
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Erschienen am 18. Juni 2008
Ruprecht Polenz (CDU/CSU), Jahrgang
1946, ist seit 1994 Mitglied des
Bundestages und seit 2005 Vorsitzender
des Auswärtigen Ausschusses.
E-Mail: ruprecht.polenz@bundestag.de
Website: www.ruprecht-polenz.de