Alles schlief noch, als am 13. August 1961 gegen zwei Uhr früh Volkspolizisten und Soldaten der Nationalen Volksarmee der DDR an der Sektorengrenze in Berlin Stacheldraht ausrollten – der Beginn des Mauerbaus. Das Bollwerk wuchs schnell, entstellte ganze Viertel, schnürte Straßen ab, zerriss Familien und Freundschaften. „Schandmauer” hieß es auf der einen, „antifaschistischer Schutzwall” auf der anderen Seite.
Zeitweise drohte der Mauerbau zu einer Weltkrise zu werden. Die Telefonleitungen der Regierungen glühten, die Bundeswehr wurde ebenso wie die Volksarmee in Alarmbereitschaft versetzt. Am Checkpoint Charly in der Berliner Friedrichstraße kam es zu einer gefährlichen Konfrontation: Erstmals im Kalten Krieg fuhren amerikanische und sowjetische Panzer drohend bis auf wenige Meter aufeinander zu.
Doch weder Washington noch Moskau wollten einen Krieg riskieren. Beide ließen die Muskeln spielen, zogen aber ihre Panzer alsbald wieder zurück. Auch die Bundesregierung verhielt sich zurückhaltend. Konrad Adenauer fuhr erst Tage nach dem Mauerbau nach Berlin, was ihm viele Menschen übel nahmen. Aber auch Bonn war an einer Eskalation der aufgeheizten Lage nicht gelegen.
Die hässliche Betonwand mitten durch Berlin und um Berlin herum wurde zum Symbol der Teilung Deutschlands und Europas. 28 Jahre konnte sie den Kollaps der DDR hinauszögern – und war am Ende doch eine seiner Hauptursachen.
Der Liedermacher Wolf Biermann bilanzierte die Mauer, hinter der er selbst lange lebte, so: „Wenn ich mich an den Tag des Mauerbaus erinnere, denke ich mit einem lachenden Auge an den 9. November 1989. Was sind schon die paar Jährchen für die Weltgeschichte? – Nichts! Aber für die vielen Menschen hinter Stacheldraht war es ein halbes Leben.”
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Chronik „50er-Jahre bis zur Gegenwart” »
Text Dr. Sönke Petersen
Erschienen am 12. Juni 2009