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Stand: 31.3.2010
Nach Artikel 17 des Grundgesetzes hat jedermann das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden (Petitionen) an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung, insbesondere also auch an den Deutschen Bundestag, zu wenden. Unter „Bitten“ sind in erster Linie Vorschläge zur Gesetzgebung zu verstehen. „Beschwerden“ beziehen sich auf ein Handeln oder Unterlassen der Verwaltung im Einzelfall.
Das Recht, Petitionen einzureichen, haben natürliche Personen, unabhängig von Wohnsitz und Staatsangehörigkeit. Auch beschränkte oder fehlende Geschäftsfähigkeit stehen der selbständigen Ausübung des Petitionsrechts nicht entgegen, wenn der Einsender fähig ist, sein Anliegen in verständlicher Form zu äußern. Es können sich daher auch Jugendliche und Kinder an den Ausschuss wenden. Das Petitionsrecht steht ferner inländischen juristischen Personen des Privatrechts zu (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG). Auch Soldaten können ohne Einhaltung des Dienstweges von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.
Die Ausübung des Petitionsrechts ist an keine formellen Voraussetzungen geknüpft; die Eingabe muss allerdings schriftlich erfolgen, eigenhändig unterschrieben sein und ein verständliches Anliegen enthalten. Bei elektronisch übermittelten Petitionen ist die Schriftlichkeit gewahrt, wenn der Urheber und dessen Postanschrift ersichtlich sind und das im Internet für elektronische Petitionen zur Verfügung gestellte Formular verwendet wird (elektronischer Ersatz der Unterschrift). Petitionen, die von allgemeinem Interesse sind, können im Einvernehmen mit dem Petenten auf der Internetseite des Petitionsausschusses veröffentlicht werden (Öffentliche Petitionen)1. Mit der Veröffentlichung erhalten weitere Personen oder Personengruppen über das Internet die Gelegenheit zur Mitzeichnung der Petition oder zur Abgabe eines Diskussionsbeitrages hierzu.
Ein Recht, Petitionen mündlich vorzubringen oder persönlich zu überreichen, besteht nicht. Der Bürger hat einen Anspruch darauf, dass die Eingabe sachlich geprüft und ihm die Art der Erledigung schriftlich mitgeteilt wird. Der Bescheid wird nach den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses mit Gründen versehen.
Die Zuständigkeit des Deutschen Bundestages für die Behandlung von Petitionen richtet sich nach den verfassungsrechtlichen Kompetenzen des Bundes. Bei Bitten zur Gesetzgebung deckt sie sich mit der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach dem Grundgesetz (Art. 70 ff. GG). Der Deutsche Bundestag behandelt alle Beschwerden, die den Zuständigkeitsbereich der Bundesregierung, von Bundesbehörden oder sonstigen Einrichtungen, die öffentliche Aufgaben des Bundes wahrnehmen, betreffen. Dies gilt unabhängig davon, ob und inwieweit die Bundesbehörden und sonstigen Einrichtungen einer Aufsicht der Bundesregierung unterliegen. In vollem Umfang ist das Verhalten der Verwaltung in Angelegenheiten überprüfbar, in denen der Bund die Gesetze durch bundeseigene Verwaltung oder durch bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts ausführt (Art. 86 GG). In bundeseigener Verwaltung werden z. B. geführt der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung und die Bundeswehrverwaltung (Art. 87 Abs. 1, Art. 87 b GG). Bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts sind u. a. die Bundesanstalt für Arbeit sowie die sozialen Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt, z. B. die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Art. 87 Abs. 2 GG).
In Angelegenheiten, in denen die Länder Bundesrecht oder EU-Recht als eigene Angelegenheit (Art. 83, 84 GG) oder im Auftrag des Bundes (Art. 85 GG) ausführen, sind die Länderparlamente zuständig; soweit die Aufsicht des Bundes reicht, ist daneben auch der Bundestag zuständig.
Der Verwaltung der Länder als eigene Angelegenheit unterliegen z.B. Staatsangehörigkeits- und Personenstandswesen, Strafvollzug, Kriegsopferversorgung, Wiedergutmachung. Zu den Bundesauftragsangelegenheiten gehören u. a. die Verwaltung der Steuern, die dem Bund ganz oder teilweise zufließen (Art. 108 Abs. 3 GG), die Verwaltung der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs (Art. 90 Abs. 2 GG), die Durchführung des Lastenausgleichs in der durch Artikel 120a GG vorgesehenen Form, die Ausführung des Wohngeldgesetzes und des Bundesausbildungsförderungsgesetzes.
Der Deutsche Bundestag behandelt in den durch das Grundgesetz gezogenen Grenzen auch Petitionen, die die Verfassungsorgane des Bundes betreffen. Neben der Bundesregierung und dem Bundestag sind dies der Bundesrat, der Bundespräsident und das Bundesverfassungsgericht. Das Parlament darf in die richterliche Unabhängigkeit (Art. 20, 92, 97 GG) nicht eingreifen. Petitionen, die ein Gerichtsverfahren betreffen, können deshalb nur in den folgenden drei Fallkonstellationen behandelt werden:
Artikel 45c Abs. 1 GG schreibt die Einsetzung eines Petitionsausschusses für den Bundestag vor. Dem Ausschuss obliegt hiernach die Behandlung der Petitionen, insbesondere die Vorbereitung der Entscheidungen des Bundestages zur Erledigung von Petitionen. Aus Artikel 17 GG ergibt sich das Recht des Ausschusses, von der Bundesregierung mündliche oder schriftliche Auskünfte zu Bitten und Beschwerden einzuholen (so genanntes Petitionsinformierungsrecht).
Darüber hinaus kann der Ausschuss, wie alle Bundestagsausschüsse, nach Artikel 43 Abs. 1 GG die Anwesenheit jedes Mitgliedes der Bundesregierung in den Sitzungen verlangen. Zusätzliche Rechte des Petitionsausschusses zur Überprüfung von Beschwerden regelt nach Artikel 45c Abs. 2 GG ein Bundesgesetz. Nach diesem Gesetz über die Befugnisse des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages (Gesetz nach Art. 45c des Grundgesetzes) vom 19. Juli 1975 (BGBl. I S. 1921) kann der Ausschuss
Gemäß § 110 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hat der Petitionsausschuss Grundsätze über die Behandlung von Bitten und Beschwerden aufzustellen und diese Grundsätze zum Ausgangspunkt seiner Entscheidung im Einzelfall zu machen. Am 8. März 1989 hat der Ausschuss neue Grundsätze verabschiedet, die durch Beschluss vom 20. Februar 1991 redaktionell geändert und durch Beschluss vom 19. Juni 1991 ergänzt worden sind.
Aus Artikel 17 GG folgt das Recht des Bundestages, Petitionen der Bundesregierung zu überweisen (so genanntes Petitionsüberweisungsrecht) und mit einer Empfehlung zu verbinden. Wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung (Art. 20 GG) kann er jedoch weder der Bundesregierung noch einer anderen der in §§ 1 und 2 des Gesetzes nach Artikel 45c GG aufgeführten Stellen Weisungen erteilen, noch Verwaltungsentscheidungen aufheben oder erlassen.
1 Vgl. dazu: Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56a der Geschäftsordnung: Öffentliche elektronische Petitionen und bürgerschaftliche Teilhabe vom 26. März 2009, Drs. 16/12509.