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Rinder führte weiter aus, dass in Göttingen unter dem betroffenen Oberarzt 150 Transplantationen vorgenommen worden sein. In 40 Prozent der Fälle habe es dabei Manipulationen oder andere Verstöße gegen Richtlinien gegeben. Zudem habe der Oberarzt gegen geltende organisatorische Regeln verstoßen. So habe er etwa die Stabsstelle für Transplantation sich selbst unterstellt und sei als Arzt alleine für Transplantationen zuständig gewesen. Dies verstoße sowohl gegen das Mehr-Augen-Prinzip als auch gegen die Praxis interdisziplinärer Konferenzen. Der Vertreter des Landes Niedersachsen, Josef Lange, erklärte, dass der Fall am 2. Juli 2011 nach einem anonymen Anruf bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) ins Rollen gekommen sei. Der betreffende Oberarzt sei am 24. November 2011 vom Dienst freigestellt worden. An der Klinik seien seitdem organisatorische Änderungen vorgenommen worden: So sei die Lebertransplantationseinheit nicht mehr selbstständig und ein Transplantationskoordinator habe dort seine Arbeit aufgenommen. Hans Neft, der Vertreter des Landes Bayern, gab an, dass nach den Ereignissen in Göttingen eine Überprüfung aller Transplantationen der letzten fünf Jahre stattgefunden habe. Dabei seien keine weiteren Manipulationen bekannt geworden. Auch er betonte, dass als Konsequenz verstärkt auf die Einhaltung von Maßnahmen wie das Sechs-Augen-Prinzip und interdisziplinäre Transplantationskonferenzen geachtet werden müsse.
Als eine unmittelbare Maßnahme nach den Ereignissen in Göttingen und Regensburg erklärte der Präsident der Deutschen Transplantationsgesellschaft, Professor Wolf Bechstein, dass den Vertretern des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) und der Länder bei Beratungen in Transplantationsfragen seines Gremiums ein Gaststatus eingeräumt worden sei. Nach den entsprechenden Vertragsänderungen sollen die Vertreter des BMG und der Länder dort ständig mit einem Sitz- und Stimmrecht vertreten sein. Auch Professor Günter Kirste von der DSO betonte, dass die Vorgänge in Göttingen und Regensburg genau aufgeklärt werden müssten. Dabei hob er hervor, dass es sich nicht „um einen Skandal der Organspende, sondern im Transplantationsbereich“ handele.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Professor Frank Ulrich Montgomery, warf den zuständigen Behörden vor, im Jahr 2006 mit den Informationen über die Vorfälle in der Universitätsklinik in Regensburg nicht angemessen umgegangen zu sein. „Wenn in Regensburg angemessen auf die Vorwürfe reagiert worden wäre, hätte es den Skandal in Göttingen nicht gegeben“, sagte Montgomery. Der ärztliche Direktor von Eurotransplant, Axel Rahmel, sagte, durch den Transplantationsskandal in Göttingen und Regensburg hätte das Vertrauen in Deutschland und in die internationale Solidarität in Fragen der Organspende keinen Schaden genommen.
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