Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Datenhandbuch > 18. Parlamentsgebäude
Stand: 31.3.2010
Bundestag und Bundesrat in Bonn sowie Bundesverfassungsgerichtshof in Karlsruhe wurden geschützt durch das Bannmeilen-Gesetz vom 6. August 1955, geändert durch das Gesetz vom 28. Mai 1969, in dem öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel sowie Aufzüge und politische Demonstrationen verboten waren. Die Bannmeile umfasste nahezu das gesamte Parlaments- und Regierungsviertel in Bonn sowie die meisten Vertretungen der Länder, Büros zahlreicher Journalisten und Agenturen, Bundespresseamt und etliche Botschaften. Das Bannmeilen-Gesetz ließ Ausnahmen von dem Verbot zu.
Mit dem „Gesetz über befriedete Bezirke für Verfassungsorgane des Bundes“ als Artikel 1 des „Gesetzes zur Neuregelung des Schutzes von Verfassungsorganen des Bundes“ vom 11. August 1999 (BGBl. I S. 1818) gibt es keine Bannmeile mehr um das Parlament in Berlin, sondern einen befriedeten Bezirk. Damit sind in Berlin öffentliche Versammlungen grundsätzlich zugelassen, sofern sie die Tätigkeit der Verfassungsorgane nicht stören, was für die sitzungsfreie Zeit generell angenommen wird. Der Schutz der Tätigkeit von Bundestag und Bundesrat (ebenso wie für das Bundesverfassungsgericht) wird durch das genannte Gesetz gewährleistet. In der Abwägung von Versammlungsfreiheit und Arbeitsfähigkeit des Parlaments wird das Demonstrationsverbot nur eingeschränkt, soweit es unbedingt notwendig ist, da gerade die „Verbannung“ der Bevölkerung nicht gewünscht ist. Die Behörden können allerdings, unter Abwägung aller zu berücksichtigenden Aspekte, Aufzüge verbieten.
Die Abgrenzung des befriedeten Bezirks für den Deutschen Bundestag umfasst in der Bundeshauptstadt Berlin das Gebiet, das umgrenzt wird durch die Wilhelmstraße bis zur Straße Unter den Linden, die Straße Unter den Linden bis zum Pariser Platz, den Pariser Platz, den Platz vor dem Brandenburger Tor bis zur Straße des 17. Juni, die Straße des 17. Juni bis zur Yitzhak-Rabin-Straße (früher Entlastungsstraße), die Yitzhak-Rabin-Straße (früher Entlastungsstraße), die Heinrich-von-Gagern-Straße, die Willy-Brandt-Straße, die Moltke-Brücke, das nördliche Spreeufer bis zur Reinhardt-Straße, die Reinhardt-Straße bis zur Stadtbahntrasse, die Stadtbahntrasse bis zur Luisenstraße, die Luisenstraße und die Marschallbrücke. Soweit die genannten Straßen, Plätze und Brücken den befriedeten Bezirk umgrenzen, gehören sie nicht zu dem befriedeten Bezirk. Dies gilt nicht für die Wilhelmstraße und die Willy-Brandt-Straße.
Gemäß Artikel 6 des Gesetzes zur Neuregelung des Schutzes von Verfassungsorganen des Bundes vom 11. August 1999 (BGBl. I S. 1818) legte die Bundesregierung am 26. November 2002 einen „Bericht über die Erfahrung mit dem Verfahren gemäß Artikel 1 §§ 5 bis 7 des Gesetzes über befriedete Bezirke für Verfassungsorgane des Bundes (BefBezG) vor (vgl. Drucksache 15/117), sowie am 24. Oktober 2006 einen zweiten Bericht (vgl. Drucksache 16/6877). Bereits im ersten Bericht heißt es zusammenfassend, dass aus Sicht des Bundesministeriums des Innern „keine Änderung des Verfahrens zur Zulassung von Versammlungen in den befriedeten Bezirken der Verfassungsorgane des Bundes für erforderlich gehalten“ wird. Auch der zweite Bericht stellte fest, dass sich die Praxis „grundsätzlich bewährt“ hatte. Die Berichte enthalten jeweils statistische Übersichten zu den Versammlungen im befriedeten Bezirk für den Zeitraum vom
16. August 1999 bis 30. September 2002 bzw. vom 1. Oktober 2002 bis 31. August 2006. Demnach gab es in dem genannten Zeitraum von 1999 bis 2006 in den befriedeten Bezirken insgesamt 714 Anträge, davon alleine beim Bundestag (nicht mitgezählt wurden die insgesamt 41 bei Bundestag und Bundesrat gemeinsam eingereichten Anträge):
Nach Inkrafttreten der Föderalismusreform im Jahre 2006 und dem damit einhergehenden Wegfall der Bundeskompetenz für das Versammlungsrecht wurden landesrechtliche Regelungen und das Gesetz über befriedete Bezirke für Verfassungsorgane des Bundes in dem „Gesetz zur Zusammenführung der Regelungen über befriedete Bezirke für Verfassungsorgane des Bundes vom 8. Dezember 2008“ zusammengeführt und harmonisiert.
Die sich anschließende Bibliografie zum Thema Bannmeile/Befriedeter Bezirk umfasst auch einige Publikationen aus der Zeit vor dem Berichtsraum des vorliegenden Datenhandbuches.
Titel der Darstellung |
Breitbach, Michael: Das Versammlungsverbot innerhalb von Bannmeilen um Parlamente und seine Ausnahmeregelungen, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, 7. Jg. (1988), H. 7, S. 584 – 591. |
Breitbach, Michael: Die Bannmeile als Ort von Versammlungen. Gesetzgebungsgeschichte, verfassungsrechtliche Voraussetzungen und ihre verfahrens- und materiellrechtlichen Folgen, Baden-Baden 1994. |
Breitbach, Michael: Für die Abschaffung der Bannmeile, in: Kritische Justiz, 31. Jg. (1998), H. 2, S. 238 – 245. |
Busch, Jost-Dietrich: Bannkreise zu Gunsten der Parlamente im vorläufigen Rechtsschutz bei Demonstrationen, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, 4. Jg. (1985), H. 9, S. 634 – 635. |
Der Bann der Bannmeile. Schutz der Volksvertretung oder Unterdrückung der Meinungsfreiheit?, in: Bundestag-Report (1993), H. 3, S. 20 – 21. |
Heintzen, Markus: Das alte Versammlungsgesetz in der neuen Hauptstadt, in: Otto Depenheuer, Markus Heintzen, Matthias Jestaedt und Peter Axer (Hrsg.): Nomos und Ethos. Hommage an Josef Isensee zum 65. Geburtstag von seinen Schülern, Berlin 2002, S. 103 – 120. |
Heyer, Christian und Almut Poßnien: Der befriedete Bezirk, in: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (Hrsg.): Der Aktuelle Begriff 2000, Rheinbreitbach 2000, S. 19 – 25. |
Schwarze, Jürgen: Demonstrationen vor den Parlamenten. Die Problematik von Versammlungen innerhalb des Bannkreises im Lichte der jüngsten Verwaltungsrechtsprechung, in: Die öffentliche Verwaltung, 38. Jg. (1985), H. 6, S. 213 – 222. |
Soiné, Michael und Boris Mende: Das Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Verfassungsorganen des Bundes. Eine Bestandsaufnahme, in: Deutsches Verwaltungsblatt, 115. Jg. (2000), H. 20, S. 1500 – 1509. |
Solms, Hermann Otto: Bürger und Parlament rücken zusammen, in: Die Liberale Depesche, (1999), H. 3, S. 7. |
Tsatsos, Dimitris Th. und Wiebke Wietschel: Bannmeilenregelungen zum Schutz der Parlamente wieder in der Diskussion, in: Zeitschrift für Rechtspolitik, 27. Jg. (1994), H. 6, S. 211 – 215. |
Welsing, Bertram: Bannmeilen und Art. 8 (Abs. 1) GG - sind die Bannmeilengesetze mit Art. 8 GG vereinbar?, in: Die Polizei, 87. Jg. (1996), H. 8, S. 196 – 203. |
Werner, Sascha: Das neue Bannmeilengesetz der "Berliner Republik", in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, 19. Jg. (2000), H. 4, S. 369 – 375. |
Wiefelspütz, Dieter: Aktuelle Probleme des Versammlungsrechts in der Hauptstadt Berlin, in: Die öffentliche Verwaltung, 54. Jg. (2001), H. 1, S. 21 – 28. |
Wiefelspütz, Dieter: Angesichts von provozierenden Neo-Nazi-Demonstrationen durch das Brandenburger Tor. Bannmeile in Bonn – befriedeter Bezirk in Berlin, in: Die Polizei, 91. Jg. (2000), H. 7/8, S. 215 – 218. |
Wiefelspütz, Dieter: Bannmeile in Bonn - befriedeter Bezirk in Berlin, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 31. Jg. (2000), H. 2, S. 247 – 253. |
Wiefelspütz, Dieter: Das Gesetz über befriedete Bezirke für Verfassungsorgane des Bundes. Ein Gesetz, das seinen Zweck erfüllt, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, 19. Jg. (2000), H. 9, S. 1016 – 1018. |
Wiefelspütz, Dieter: Das Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Verfassungsorganen des Bundes auf dem Prüfstand der Praxis, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, 23. Jg. (2004), H. 6, S. 701 f. |
Wiefelspütz, Dieter: Das Versammlungsrecht – ein Fall für den Gesetzgeber?, in: Zeitschrift für Rechtspolitik, 34. Jg. (2001), H. 2, S. 60 – 64. |
Wiefelspütz, Dieter: Nazi-Versammlungen können auch verboten werden. Berlin braucht keine erweiterte Bannmeile, in: Berliner Republik, 2. Jg. (2000), H. 3, S. 74 – 75. |
Zilkens, Martin: Bannmeile um das Rathaus?, in: Verwaltungsrundschau, 52. Jg. (2006), H. 6, S. 194 – 200. |
Angaben für den Zeitraum bis 1994 s. Datenhandbuch 1949 – 1999, Kapitel 21.8.