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Aufgrund der Bundespräsidentenwahl, zu der die Bundesversammlung am Mittwoch, 30. Juni 2010, im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes in Berlin zusammentreten wird, finden die Plenarsitzungen in der kommenden Woche nur am Donnerstag, 1. Juli, und Freitag, 2. Juli 2010, statt. Dann diskutieren die Abgeordneten unter anderem über Anträge zum Schutz der Religionsfreiheit und zur Haushaltspolitik. Am Donnerstag entscheidet der Bundestag über eine Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes, am Freitag über einen von der Koalition eingebrachten Gesetzentwurf zur Eindämmung von Finanzmarktspekulationen. In weiteren Debatten befasst sich das Parlament mit dem Tätigkeitsbericht 2009 des Petitionsausschusses sowie dem G8- und G20-Gipfel in Toronto. Im Anschluss an die reguläre Plenarsitzung am Freitag findet eine gemeinsame Sitzung von Bundestag und Bundesrat zur Vereidigung des neuen Bundespräsidenten im Plenum statt.
Bundesversammlung wählt Bundespräsidenten: Ab 12 Uhr kommen am Mittwoch die 1.244 Wahlfrauen und Wahlmänner der 14. Bundesversammlung zusammen, um den Nachfolger des am 31. Mai 2010 mit sofortiger Wirkung zurückgetretenen Bundespräsidenten Horst Köhler zu bestimmen. Als gemeinsamen Kandidaten haben CDU/CSU und FDP den amtierenden niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff nominiert, SPD und Bündnis 90/Die Grünen den früheren Beauftragten für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck. Dritte Bewerberin für das Amt des deutschen Staatsoberhauptes ist die frühere Fernsehjournalistin und heutige Bundestagsabgeordnete Luc Jochimsen, die als Kandidatin von der Partei Die Linke vorgeschlagen wurde. Die NPD hat den Liedermacher Frank Rennicke vorgeschlagen.
Die üblicherweise mittwochs stattfindende Fragestunde im Plenum findet in dieser Sitzungswoche am Donnerstag statt.
Regierungserklärung: Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) gibt ab 9 Uhr eine 20-minütige Regierungserklärung zum Thema "Aufschwung für Deutschland" ab. Eine 90-minütige Aussprache schließt sich an.
Haushaltspolitik: "Haushalt zukunftsfest machen - sozialverträglich sanieren, ökologisch investieren", das fordern Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (17/2327), mit dem sich die Abgeordneten ab 11 Uhr befassen . Für diese Debatte sind ebenfalls 90 Minuten eingeplant.
Regierungsbefragung: Die Bundesregierung stellt sich ab 12.55 Uhr eine halbe Stunde lang den Fragen der Abgeordneten zu einem bestimmten Thema.
Fragestunde: Es schließt sich ab 13.30 Uhr eine 60-minütige Fragestunde an, in der schriftlich eingereichte Fragen (17/2285, 17/2323) der Abgeordneten von Vertretern der Bundesregierung mündlich im Plenum beantwortet werden.
Gerichtsverfassungsgesetz: Über eine Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) entscheidet der Bundestag nach 45-minütiger Beratung ab14.30 Uhr. Bei dem "Gesetz zur Änderung des Paragrafen 33 des Gerichtsverfassungsgesetzes" handelt es sich um einen Entwurf, den der Bundesrat vorgelegt hat (17/1462). Künftig soll nach Meinung der Länderkammer ein bei Gericht amtierender Schöffe (ehrenamtlicher Richter) ausreichende deutsche Sprachkenntnisse besitzen, um an einer Hauptverhandlung und der sich anschließenden Urteilsberatung selbstständig teilnehmen zu können. Das GVG soll deswegen um einen entsprechenden Passus ergänzt werden. Der Rechtsausschuss des Bundestages hat dazu eine Beschlussempfehlung(17/2350) vorgelegt.
Patentierung von Pflanzen und Tieren: Anschließend debattiert das Parlament ab 15.20 Uhr in erster Lesung zwei Anträge, die SPD und Bündnis 90/Die Grünen eingebracht haben (17/2016, 17/2141). Darin sprechen sich die Fraktionen gegen eine Patentierung von Pflanzen und Tieren aus. So fordert die SPD die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene für ein Verbot einzusetzen. Auch im nationalen Patentrecht müssten bioethische und sozialethische Einwände stärker berücksichtigt werden, heißt es in der Vorlage. Das wollen auch die Grünen erreichen, die in ihrem Antrag verlangen, die "Patentierung von Pflanzen, Tieren und biologischen Züchtungsverfahren zu stoppen". Dazu müsse unter anderem die europäische Biopatentrichtlinie 98/44/EG überarbeitet werden. Für die Beratung stehen 45 Minuten zur Verfügung.
Arbeit des Petitionsausschusses: Der Tätigkeitsbericht 2009 des Petitionsausschusses (17/2100) steht im Mittelpunkt einer einstündigen Beratung im Plenum ab 16.10 Uhr. Zu Beginn der Debatte gibt die Vorsitzende des Ausschusses, Kersten Steinke (Die Linke), eine Überblick über die im zurückliegenden Jahr an den Bundestag gerichteten Bitten und Beschwerden.
Schuldrechtsanpassung: In erster Lesung beraten die Abgeordneten ab 17.25 Uhr einen von der Linksfraktion eingebrachten Entwurf zur Änderung des Schuldrechtanpassungsgesetzes (17/2150). Dieses soll nach Auffassung der Fraktion dahingehend novelliert werden, dass sich bei Beendigung eines Nutzungsverhältnisses die zu leistende Entschädigung an den Nutzer für errichtete Bauwerke und Anpflanzungen ausschließlich nach dem Zeitwert des Bauwerks oder der Höhe des Verkehrswertserhöhung des Grundstücks durch das Bauwerk richten soll, nicht länger aber vom Kündigungsanlass oder der kündigenden Partei abhängt. Für die Beratung sind 30 Minuten vorgesehen.
Nachhaltigkeitspolitik: Ab 18.05 Uhr debattiert der Bundestag 30 Minuten lang die vom Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung vorgelegte Stellungnahme zu dem von internationalen Experten erstellten "Peer Review der deutschen Nachhaltigkeitspolitik" (17/1657). In dem als Unterrichtung vorliegenden Bericht würdigt der Beirat insgesamt die Ergebnisse der externen Fachleute, die die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie begutachtet hatten. Er stellt jedoch zugleich kritisch fest, dass zu wenige Details, sondern hauptsächlich die Zielsetzung der Strategie im Fokus gestanden habe. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit legt dazu eine Beschlussempfehlung (17/2314) vor.
Grenzüberschreitender Arbeitnehmerschutz: Ab 18.45 Uhr befassen sich die Parlamentarier in einer weiteren 30-minütigen Debatte mit einem von der SPD eingebrachten Vorlage zu Überarbeitung der europäischen Entsenderichtlinie (17/1770). Die Fraktion fordert die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass das eigentliche Ziel der Richtlinie - fairer Wettbewerb ohne Lohndumping und Arbeitnehmerschutz - stärker hervorgehoben und auf eine breitere Rechtsgrundlage gestellt wird.
Jahressteuergesetz 2010: Der Entwurf der Bundesregierung für ein Jahressteuergesetz 2010 (17/2249) steht im Mittelpunkt einer weiteren Debatte ab19.25 Uhr. Für die Aussprache stehen ebenfalls 30 Minuten zur Verfügung.
Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen: Ab 20.05 Uhr berät der Bundestag über einen von der SPD vorgelegten Antrag für ein "Gesamtkonzept zur Stärkung des Verbraucherschutzes bei Finanzdienstleistungen" (17/2136). Darin sollen nach Meinung der Sozialdemokraten für alle Finanzvermittler und -berater verbindliche Mindestandards festgelegt werden. So sollen diese unter anderem einen durch "Prüfung belegten Nachweis ihrer Qualifikation" vorlegen müssen. Auch fordert die Fraktion, die unabhängige Honorarberatung beim Vertrieb von Finanzprodukten zu stärken.
Wirtschaftlicher Nutzen von Forschung: Über einen Antrag von CDU/CSU und FDP zur Validierungsförderung stimmen die Abgeordneten nach 30-minütiger abschließender Beratung ab. Sie beginnt gegen 20.45 Uhr. In ihrer Vorlage (17/1757) plädieren die Koalitionsfraktionen dafür, die Aufstockung der Haushaltsmittel für den Bereich Bildung und Forschung um rund zwölf Milliarden Euro in den Jahren 2010 bis 2013 insbesondere auch für eine neue Fördermaßnahme zu nutzen. Mit dieser solle der "in Deutschland vorhandene Bedarf einer breiten Validierungsförderung gedeckt werden", heißt es dazu in der Vorlage. Abgestimmt wird auch über einen Antrag der SPD (17/1958), zügig ein tragfähgies Konzept zur Stärkung der Innovations- und Validierungsforschung vorzulegen.Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat dazu eine Beschlussempfehlung abgegeben (17/2368).
Lage in Gaza: Ab 21.25 Uhr befasst sich der Bundestag eine halbe Stunde lang mit einer Vorlage von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen (17/2328), die Ereignisse um die Gaza-Flottille aufzuklären, die Lage der Menschen in Gaza zu verbessern und den Nahost-Friedensprozess zu unterstützen. Die Linke fordert in ihrem Antrag (17/2259) eine von den Vereinten Nationen geführte Untersuchung des israelischen Angriffs auf einen propalästinensischen Hilfskonvoi vom 31. Mai 2010. Außerdem solle Israel die Blockade Gazas sofort aufheben, so die zweite zentrale Forderung des Antrags. Über beide Anträge will der Bundestag abstimmen. Voraussichtliches Sitzungsende ist gegen 22.05 Uhr.
Eindämmung von Finanzmarkspekulationen: Zu Beginn der Plenarsitzung am Freitag entscheidet der Bundestag nach einstündiger Debatte gegen 10 Uhr über den von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Entwurf eines "Gesetzes zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapier- und Derivatgeschäfte" (17/1952). So genannte ungedeckte Leerverkäufe von Aktien und Staatsanleihen aus der Eurozone sollen damit nicht mehr erlaubt sein. Außerdem ist vorgesehen, den Abschluss von ungedeckten Kreditausfallversicherungen auf Verbindlichkeiten von EU-Mitgliedstaaten zu verbieten, wenn kein eigener Absicherungszweck besteht. Abgestimmt wird auch über zwei Anträge der Fraktion Die Linke (17/1151). Diese hatte darin unter anderen gefordert, Banken einer erheblich stärkeren Regulierung zu unterwerfen. So solle es den Instituten untersagt werden, Eigenhandelsgeschäfte auf eigenes Risiko zu tätigen. Der Finanzausschuss hat zu beiden Vorlagen eine Beschlussempfehlung vorgelegt (17/2336). Darüber hinaus hatte die Linksfraktion gefordert, Kreditausfallversicherungen und den Handel damit vollständig zu untersagen (17/1733). Der Finanzausschuss hat empfohlen, den Antrag abzulehnen (17/2097).
Ergebnisse des G8- und G20-Gipfels: Eine Große Anfrage der SPD-Fraktion zur Umsetzung der Ergebnisse der letztjährigen Spitzentreffen der größten Wirtschaftsnationen in L’Aquila und London beschäftigt die Abgeordneten anschließend ab 10.05 Uhr. Im Vorfeld der diesjährigen G8- und G20-Gipfeltreffen der führenden Industrie- sowie der führenden Industrie- und Schwellenländer im kanadischen Toronto soll die Regierung unter anderem mitteilen, zu welchen Ergebnissen und Konsequenzen der Austausch der Bundesregierung mit anderen Ländern über Wege aus der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise geführt hat. Außerdem erkundigt sich die SPD, ob die Regierung eine Verständigung auf massive Aufstockung der Mittel für internationale Finanzinstitutionen und zur Handelsfinanzierung erzielen konnte (17/1796, 17/2295). Ebenfalls beraten wird ein Antrag der Linksfraktion (17/2232), die fordert, den G20-Gipfel in Toronto "für eine demokratische Kontrolle der Finanzmärkte und eine Wende zur nachhaltigen Regulierung der Weltwirtschaft zu nutzen". Insgesamt sind für die Debatte 60 Minuten vorgesehen.
Verbraucherschutz auf den Finanzmärkten: Ab 11.50 Uhr entscheidet der Bundestag nach 30-minütiger Aussprache über zwei Anträge von Bündnis 90/Die Grünen und Linksfraktion zur Verbesserung des Verbraucherschutzes auf den Finanzmärkten. Die Linke fordert in ihrer Vorlage eine eigenständige Verbraucherschutzbehörde für Finanzmärkte, um die "unzulängliche und intransparente" Praxis beim Umgang mit Finanzprodukten zu beenden (17/887). Bündnis 90/Die Grünen hingegen machen sich in ihrer Initiative für einen besseren Anlegerschutz am so genannten Grauen Kapitalmarkt stark (17/284). So fordern sie ein einheitliches Schutzniveau unabhängig vom Anlageprodukt oder Vertriebsweg. Der Finanzausschuss hat zu beiden Anträgen eine Beschlussempfehlung vorgelegt (17/1782, 17/2335).
Ehegattennachzug: Zum Ende der regulären Plenarsitzung am Freitag debattieren die Abgeordneten ab 11.50 Uhr eine halbe Stunde lang über eine weitere Initiative der Bündnisgrünen: So hat die Fraktion einen Entwurf für ein "Gesetz zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes" vorgelegt, mit sie den Ehegattennachzug erleichtern will (17/1626). Mit dem so genannten Richtlinienumsetzungsgesetz sei 2007 der Nachzug von Ehepartnern und eingetragenen Lebenspartnern vom Nachweis deutscher Sprachkenntnisse abhängig gemacht worden, kritisiert die Fraktion. Dies habe in vielen Fällen zu erheblichen Eingriffen in das Recht auf familiäres Zusammenleben in Deutschland und das Recht auf freie Partnerwahl geführt.
Sitzung von Bundestag und Bundesrat: Ab 13 Uhr kommen die Mitglieder von Parlament und Länderkammer zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen, in welcher der neu gewählte Bundespräsident vereidigt werden soll. Nach der Begrüßung durch Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert spricht Bundesratspräsident Jens Böhrnsen (Bremen). Es folgt die Eideleistung des neuen Bundespräsidenten, der anschließend eine Rede halten wird.