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Die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Kersten Steinke, übergibt Bundestagspräsident Norbert Lammert den Petitionsbericht © DBT/Melde
Im Jahr 2009 sind 18.861 Petitionen beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages eingegangen. 17.217 Petitionen wurden im gleichen Zeitraum abschließend behandelt. Fast die Hälfte aller Eingaben konnte "im weitesten Sinne“ zu einem positiven Abschluss gebracht werden, heißt es im Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2009 (17/2100), den die Ausschussvorsitzende Kersten Steinke (Die Linke) am Dienstag, 29. Juni 2010, an Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU) übergab.
Lammert stellte dabei die besondere Bedeutung des Petitionsausschusses heraus. Zwar gebe es "spektakulärere Ausschüsse“, sagte er, doch zeichne den Petitionsausschuss unter anderem aus, dass seine Einsetzung "durch die Verfassung gefordert wird“.
Da er die Arbeit des Ausschusses seit vielen Jahren begleite, wisse er, dass es in vielen Fällen nur auf dem Wege des Petitionsverfahren zur "Auflösung scheinbar verfahrener und hoffnungsloser Situationen“ gekommen sei.
Die Ergänzung des "traditionellen Petitionswesens“ durch elektronische Petitionen (E-Petitionen) im Internet, deren Zahl 2009 laut Bericht bei 6.724 gelegen hat, bezeichnete der Bundestagspräsident als "zeitgemäß“. Zugleich wies er auf das seiner Ansicht nach damit verbundene "Risiko der Verzerrung von Relevanzen“ hin. "Die Anzahl von Petenten liefert noch keinen Aufschluss über den Rang der Petition“, sagte Lammert.
Auf die E-Petitionen ging bei der anschließenden Pressekonferenz auch die Ausschussvorsitzende Kersten Steinke ein. Die Entwicklung in diesem Bereich habe die Erwartungen des Ausschusses übertroffen, sagte sie und verwies auf die über 134.000 Mitzeichner der Petition gegen Internetsperren und die mehr als 100.000 Unterstützer der Eingabe gegen ein Verbot von Action-Computerspielen.
Insgesamt mehr als eine halbe Million Nutzer hätten sich im Internet registrieren lassen, um Petitionen einzureichen, mitzuzeichnen oder in den Foren mitzudiskutieren. Der Ausschuss, so Steinke, habe im vergangenen Jahr vermehrt öffentlich getagt, was zu einem verstärkten Medieninteresse geführt habe. Das solle künftig fortgesetzt werden.
Aus Sicht des Unionsabgeordneten Günther Baumann leistet der Ausschuss mit seinen öffentlichen Sitzungen einen "wichtigen Beitrag zum Abbau der Politikverdrossenheit“. "Die Petenten sind dankbar, in den Bundestag eingeladen zu werden, um dort ihr Thema vorzustellen“, lautet Baumanns Erfahrung. Erfolgversprechend seien zudem die vom Ausschuss in letzter Zeit vermehrt gesuchten "Gespräche mit der Arbeitsebene der Ministerien“. Dabei sei man vielfach zu Lösungen gekommen.
Klaus Hagemann (SPD) war der Meinung, dass die Petition gegen die Internetsperren "die Bundestagswahl mitbeeinflusst hat“. Der Bürger erkenne, dass mit einer Petition etwas verändert werden könne, sagte Hagemann und verwies darauf, dass das Gesetz gegen die Internetsperren immerhin für ein Jahr ausgesetzt worden sei.
Gleichwohl müsse das Petitionswesen weiterentwickelt werden, forderte der SPD-Politiker. So müssten etwa noch mehr öffentliche Petitionen behandelt werden. Auch über das "Quorum“ müsse neu nachgedacht werden, verlangte Hagemann. Bisher sei geregelt, dass bei 50.000 Mitzeichnern innerhalb von drei Wochen die Petition öffentlich vorgestellt werden dürfe.
Ermutigt durch die "Erfolge der E-Petitionen“ regte Stephan Thomae (FDP) an, Petitionen auch im Plenum des Deutschen Bundestages zu debattieren. Im Koalitionsvertrag sei vorgesehen, "bestimmte Petitionen, die ein bestimmtes Quorum erreichen, im hellen Licht der Reichstagkuppel zu diskutieren“, sagte er. Dies wäre ein Signal, "dass die Bürger ernst genommen werden“. In Zeiten, "wo sich die Menschen von der Politik abwenden“, sei dies besonders wichtig.
Von einer "spannenden Entwicklung im Bereich der öffentlichen Petitionen“ sprach auch Ingrid Remmers (Die Linke). Ihre Fraktion begrüße die "erweiterten Möglichkeiten“. Der aktuelle Fall der Hebammenvergütung mit 180.000 Unterstützern zeige, dass sich öffentliche Petitionen immer stärker als ein Instrument "zivilgesellschaftlicher Lobbyarbeit“ entwickelten. Das sei begrüßenswert, zumal zivilgesellschaftliche Organisationen im Vergleich mit Wirtschaftsverbänden etwa finanziell sehr viel schlechter ausgestattet seien.
Mehmet Kilic (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass das Petitionsrecht "nicht nur ein Grundrecht, sondern ein Menschenrecht“ sei. Alle Betroffenen "mit oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit“ könnten Petitionen an den Deutschen Bundestag einreichen. Kilic dankte der Bevölkerung für die engagierte Nutzung des Petitionsrechts. Schließlich werde damit auch auf "Defizite bei der Gesetzgebung“ aufmerksam gemacht.