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Die Türkische Gemeinde in Deutschland war die erste Migrantenorganisation, die die Anerkennung als Träger des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) erhalten hat. "Darauf sind wir stolz", sagte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, am Mittwoch, 27. Oktober 2010, vor dem Unterausschuss für Bürgerschaftliches Engagement anlässlich eines Expertengespräches zum Thema "Potenziale und Perspektiven der Engagementförderung durch Migrantenorganisationen".
Auf dem Weg dorthin habe man jedoch die verschiedensten Hindernisse beseitigen müssen. "Das ging schon bei der Frage los, wie man 'Freiwilliges Soziales Jahr‘ ins Türkische übersetzen soll", sagte Kolat. Schwierig gewesen sei es auch, den Kontakt herzustellen - zu den Jugendlichen auf der einen Seite und auch zu Institutionen, in denen das FSJ abgeleistet werden kann.
Derzeit sind 33 Jugendliche in dem von der Türkischen Gemeinde getragenen FSJ integriert. Neben elf türkischen Jugendlichen sind es auch zehn deutsche ohne Migrationshintergrund und zwölf Jugendliche mit einem nichttürkischen Migrationshintergrund. "Das hat uns überrascht. Wir hatten eigentlich nur mit Türken gerechnet", sagte Kolat. Ziel sei es, insbesondere Jugendlichen aus bildungsferneren Schichten deutlich zu machen: "Ihr könnt auch etwas!"
Trotz der positiven Entwicklung bleibe festzustellen, dass das FSJ noch immer nicht ausreichend bekannt sei unter der Zielgruppe der Migrantenorganiationen. Das gelte es zu verbessern, sagte Kolat. Zudem sei er derzeit bemüht, auch gegenüber türkischen Politikern darauf zu dringen, dass das FSJ in der Türkei als Wehrersatzdienst anerkannt wird.
Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland machte zugleich deutlich, er sei daran interessiert, eine eigene Servicestelle für Migrantenorganisationen zu gründen. Zumindest müsse es eine Ausschreibung für diese Stelle geben, anstatt sie "per Hand an das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik zu übergeben". Kolat: "Wir sind reif genug, solche Aufgaben zu übernehmen."
Dass die Türkische Gemeinde seit Dezember 2008 als Träger des FSJ anerkannt ist, ist auch eine Folge der Arbeit von Irene Krug, Leiterin des Projektes "Migrantenorganisationen als Träger von Freiwilligendiensten", gefördert vom Bundesfamilienministerium und dem Land Berlin.
Inzwischen gibt es mit dem Club Dialog und dem südost Europa Kultur e.V. zwei weitere Migrantenorganisationen, die als Träger anerkannt sind. Aus Sicht von Irene Krug ist es für Migrantenorganisationen schwieriger als für etablierte Träger, "passfähige Bewerber" zu finden. Besonders im Pflegebereich, einem klassischen Kernbereich des FSJ, geben es Engpässe, da sich 70 Prozent der Bewerber eher für eine Tätigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe interessieren würden.
Im Interesse einer verbesserten Engagementförderung durch Migrantenorganisationen müsse es zu einer besseren Vernetzung und Kooperation kommen, forderte Susanne Huth vom INBAS-Sozialforschungsinstitut. Oftmals fehle es den Migrantenorganisationen an der Kenntnis über Anlaufstellen in den Kommunen, wo sie Unterstützung bei der Engagementförderung erhalten könnten. Auf der anderen Seite seien aber auch die Migrantenorganisationen vielen Freiwilligenagenturen noch "sehr fremd".
Ein weiteres Problem ist es laut Huth, dass es den Engagierten in den Migrantenorganisationen an öffentlicher Anerkennung fehle, ebenso wie den Migrantenorganisationen selbst. Es müsse daher eine Anerkennungskultur in zweifacher Hinsicht gefördert werden, sagte die Sozialforscherin.
In den Kommunen müssten den Migrantenorganisationen Foren geboten werden, in denen diese sich und ihre Tätigkeiten öffentlichkeitswirksam präsentieren und die Vernetzung mit etablierten Trägern und Infrastruktureinrichtungen vorantreiben könnten. Nach innen könne die Anerkennung gefördert werden, indem die Migrantenorganisationen vom Know-how der Infrastruktureinrichtungen profitierten.
Dass die Migrantenorganisationen sich einbringen wollen, sei eine "wichtige Botschaft", sagte die Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Prof. Dr. Maria Böhmer (CDU). Schließlich seien diese bestens als "Brückenbauer" geeignet, wenn es um Integration gehe.
Diese Brückenfunktion sei in den vergangenen fünf Jahren ausgebaut worden, sagte Böhmer und lobte den "guten und vertrauensvollen Umgang" mit den Migrantenorganisationen.
Der Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement unter Vorsitz von Markus Grübel (CDU/CSU) ist ein Unterausschuss des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. (hau)