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Die Differenzen zwischen Union und FDP beim Thema Reform der kommunalen Finanzen waren am Donnerstag, 11. November 2010, Thema einer Aktuellen Stunde im Bundestag. Hintergrund war ein Vorschlag von Finanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU), die Gewerbesteuer beizubehalten und den Kommunen zu erlauben, ihren Anteil an der Einkommenssteuer flexibel zu gestalten. Die FDP-Fraktion lehnte das Ansinnen ab.
Joachim Poß (SPD) begrüßte den "Bestandsschutz für die Gewerbesteuer", den Schäuble den Kommunen in den Verhandlungen um eine Neuordnung der kommunalen Finanzlage vorgeschlagen habe. "Ich hoffe nur, dass auf das Wort Schäubles tatsächlich Verlass ist."
Der FDP, die die Gewerbesteuer unbedingt abschaffen wolle, sei die Einbuße der Lebensqualität egal, die dadurch in den Kommunen entstehen werde. Die Gemeinden müssten entlastet werden, etwa, indem Kürzungen bei der Städtebauförderung rückgängig gemacht würden, schlug Poß vor.
Nach der Ansicht der Linken-Abgeordneten Katrin Kunert ist die Gemeindefinanzkommission der Bundesregierung eine Farce. Schließlich hätten die Mitglieder ihre Arbeit noch nicht einmal beendet, bevor Schäuble mit seinem "Testballon" an die Öffentlichkeit gegangen sei.
Die Flexibilisierung der Einkommenssteuer hielt sie für "ein vergiftetes Geschenk", weil sie in einem ruinösen Wettbewerb der Kommunen enden werde. Kunert schlug eine Gemeindewirtschaftssteuer vor, denn "alle, die wirtschaften, sollen zur Gemeinde beitragen".
"Der Vorschlag Schäubles hat keinen Tag gehalten", spottete Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen). Sie warf den Koalitionsfraktionen vor, auch in diesem Fall zu keiner gemeinsamen Haltung zu finden. Wie Kunert befürchtete sie, dass es zu so deutlichen Unterschieden bei der Einkommenssteuer kommen könnte, dass dadurch Menschen die Gemeinde verlassen würden, um an einem anderen Ort günstiger zu leben.
Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU) verteidigte die Politik der Bundesregierung mit dem Hinweis, dass Deutschland gerade die beste Wachstumsrate seit Jahren und die niedrigste Arbeitslosenrate seit fast 20 Jahren erlebe. Den Vorhersagen zufolge würden die Kommunen das finanzielle Niveau, das sie vor der Wirtschaftskrise gehabt hätten, ein Jahr schneller erreichen, als es der Bund tue.
"Ich halte die Gewerbesteuer für gravierend reformbedürftig, aber die Positionierung der Kommunen macht das Vorhaben schwierig", sagte Middelberg. Dass sich durch die Flexibilisierung der Einkommenssteuer ein gravierender Wettbewerb unter den Gemeinden einstelle, halte er für unwahrscheinlich. Er verwies auf entsprechende Aussagen des Städtetages und Landkreistages.
Auch Dr. Volker Wissing (FDP) verwies auf Prognosen, denen zufolge die Kommunen ihr Vorkrisenniveau im Jahr 2012 erreichen, der Bund aber erst ein Jahr später. Die Gewerbesteuer bedeute für die Unternehmen, dass sie auch Geld an den Staat zahlen müssten, wenn sie deutlich weniger Einnahmen hätten als gewohnt. Das bedeute, sie müssten den Betrag aus ihrer Substanz bezahlen und nicht von ihrem Gewinn.
Dieses Vorgehen führe schließlich zum Abbau von Arbeitsplätzen. Die Beibehaltung der Gewerbesteuer und die gleichzeitige Flexibilisierung der Einkommenssteuer sei ein "fauler Kompromiss, den die Kommunen der Regierung aufzwingen wollen". So etwas trage die FDP nicht mit. (ske)