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Das Thema Whistleblowing – also das Veröffentlichen von Missständen in Behörden, Unternehmen und Organisationen durch deren Mitarbeiter – beschäftigte den Ausschuss für Arbeit und Soziales am Montag, 5. März 2012. Anlass der Anhörung unter Vorsitz von Katja Kipping (Die Linke) waren ein Gesetzentwurf der SPD-Fraktion (17/8567) sowie ein Antrag der Fraktion Die Linke (17/6492), die den Schutz von "Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern" forderten.
Die Bundesregierung soll einen Gesetzentwurf zum Schutz und zur Förderung der Tätigkeit von Hinweisgebern vorlegen. Darin soll unter anderem eine "positive kulturelle Einstellung und gesellschaftliche Anerkennung" gegenüber dem Whistleblowing gefördert werden.
Das Gesetz soll der Linksfraktion zufolge jene schützen, die durch eigene Hinweise oder Handlungen Vergeltungsmaßnahmen befürchten müssen. Dazu sollen auch Personen außerhalb klassischer Arbeitsverhältnisse wie Berater oder Leiharbeiter gehören.
Ähnliches fordert die SPD-Fraktion: Konkret will sie Arbeitnehmer, die auf Missstände in ihrem Betrieb hinweisen, vor arbeitsrechtlichen Nachteilen schützen. Bislang sei der Schutz der Hinweisgeber unzureichend. Die Fraktion will Benachteiligungen und Kündigungen aufgrund rechtmäßiger Hinweise verbieten.
Als Benachteiligung wird dabei "jede unmittelbare oder mittelbare, tatsächliche oder rechtliche Beeinträchtigung der persönlichen, gesundheitlichen, beruflichen oder finanziellen Stellung" des Hinweisgebers definiert. Vor allem sollen auch die Beeinträchtigung von beruflichen Entwicklungs- und Karrierechancen darunter fallen.
Michael Heilmann vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte in seiner Stellungnahme "jede Aktivität, den Schutz vor Sanktionen von Hinweisgebern vor allem im Beschäftigungsverhältnis zu verbessern". Vor allem sollten arbeitsrechtliche Maßnahmen unzulässig sein. Derzeit sei die bisherige Rechtslage "völlig unzureichend".
Hans Ulrich Benra betonte, dass aus Sicht des Verbandes der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden eine "voraussetzungslose Entscheidungsfreiheit des Whistleblowers in Bezug auf interne oder öffentliche Offenlegung" lediglich "Ultima Ratio" sein könne. Ein derartiges Anzeigerecht müsse für "eng begrenzte Fälle gegenüber einer zuständigen außerbehördlichen Stelle gelten".
Roland Wolf von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände verwies auf die jeweiligen internen Betriebsvereinbarungen, die eine "Vielzahl von Vorschriften" enthielten, "die den Arbeitnehmer zur Anzeige der Verletzung von gesetzlichen Pflichten durch den Arbeitgeber ermächtigen".
Darüber hinaus würde das Maßregelungsverbot, Paragraf 612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), hinreichenden Schutz von Hinweisgebern gewährleisten. In Deutschland gebe es deshalb "keinen Anlass zu Gesetzesänderungen".
Prof. Dr. Martin Henssler hingegen sprach sich für "eine knappe gesetzliche" Regelung aus. Deren Aufgabe müsse es sein, "bestehende Rechte des Whistleblowers schärfer zu fassen und für einen effektiveren Schutz zu sorgen". Das bestehende Recht, das im Paragrafen 612a BGB verankerte Benachteiligungsverbot, würde die sich in der Praxis stellenden Probleme nicht lösen.
Prof. Dr. Jens Schubert fordert den Schutz von Hinweisgebern in einem gesonderten Gesetz oder aber in einem Artikelgesetz, das "im Umfeld von Paragraf 612a BGB mit Neuregelungen ansetzt". Das sei "sowohl aus rechtlichen wie tatsächlichen Gründen" erforderlich. Für eine demokratische Gesellschaft sei es "unerlässlich, Hinweisgeber zu schützen", um die Gesellschaft wiederum vor "Gammelfleisch, Pflegemissständen oder Korruption" zu schützen.
Josef Winter und Klaus Moosmayer von der Siemens AG erklärten, dass ihr Unternehmen von den Mitarbeitern erwarte, dass sie "Compliance-Verstöße bei Erkenntniserlangung melden". Dazu sei eine spezielle Richtlinie erstellt worden. Eine rechtliche Verpflichtung für Mitarbeiter, Fehlverhalten zu melden, werde dadurch aber "nicht begründet".
Dass externes Whistleblowing, also der Hinweis über unternehmensinternes Fehlverhalten an externe Stellen oder die Öffentlichkeit, "einen erheblichen Schaden für das Unternehmen nach sich ziehen" kann, betonte Dr. Philipp Kramer. Deshalb seien die "Anforderungen der Rechtsprechung für eine solche Drittanzeige" höher. Es komme letztlich darauf an, dass "der interne Berichtsweg für den Arbeitnehmer unzumutbar" sei.
Hinweise auf Missstände in Unternehmen seien ein "überaus wichtiges Element der Vermeidung und Korrektur von Fehlentwicklungen und Regelverstößen", erklärte der Sachverständige Tim Wybitul. Er sieht zwar in einem Gesetz, "das einen angemessenen Schutz gutgläubiger Hinweisgeber bietet" eine "zweckmäßige Regelung", weist aber auf die Schwierigkeit der Umsetzung in der Praxis hin.
Dr. Dieter Deiseroth regte an, dass spezielle Verbände Hinweisgeber in Rechtsangelegenheiten beraten sollten. In einem möglichen Gesetz sollte seiner Ansicht nach geregelt sein, dass "Beschäftigte wirksam vor Nachteilen geschützt werden, wenn sie sich weigern, an Straftaten mitzuwirken oder diese zu vertuschen".
Guido Strack sieht in dem "richtigen Umgang mit Whistleblowern" eine "gesellschaftliche Herausforderung, die angesichts einer unzureichenden Rechtsprechung der Fachgerichte einer gesetzlichen Regelung bedarf". Im Zentrum solle dabei die "Wahrung und Förderung öffentlicher Interessen durch die Aufdeckung und Bekämpfung von Missständen stehen".
Cathy James referierte kurz den Schutz von Whistleblowern am Arbeitsplatz in Großbritannien. 1998 sei ein Public Interest Disclosure Act, kurz PIDA, verabschiedet worden, der den Schutz von Hinweisgebern am Arbeitsplatz nach britischem Recht regelt. Demzufolge wird anerkannt, dass sich Arbeitnehmer in einer Ausnahmesituation befinden, da das Aufdecken von Missständen nicht alltäglich ist. (ver)