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Im Zentrum der Regierungsbefragung im Bundestag am Mittwoch, 8. Februar 2012, stand das zuvor im Bundeskabinett verabschiedete außenpolitische Konzept „Globalisierung gestalten - Partnerschaften ausbauen - Verantwortung teilen" (17/8600), mit dem die Bundesregierung engere Beziehungen zu Schwellenländern aufbauen will. Der Bundestag wird über das Konzept am Freitag, 10. Februar, ab 9 Uhr neunzig Minuten lang beraten. Angesichts einer sich wandelnden globalisierten Welt und neuer, aufstrebender „Gestaltungsmächte" müsse es Ziel der deutschen Außenpolitik sein, "neue Partnerschaften einzugehen", sagte Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle (FDP), der das Konzept im Plenum vorstellte. Abgeordnete von Koalition und Opposition nutzten die anschließende 35-minütige Befragung, um sich nach Zielen und Schwerpunkten des Konzepts zu erkundigen.
„Die Gewichte verschieben sich. Die Welt befindet sich im Wandel", sagte der Bundesaußenminister zu Beginn seiner fünfminütigen Erläuterung der Kernpunkte des Konzepts. Es entstünden „neue Kraftzentren" in der Welt, in Asien etwa und in Lateinamerika.
China sei zur zweitgrößten Volkswirtschaft geworden, Brasilien habe Großbritannien überholt, so Westerwelle. „Aus einer solchen wirtschaftlichen Stärke leiten diese neuen 'Gestaltungsmächte' auch berechtigterweise einen stärkeren Gestaltungsanspruch in der internationalen Politik ab."
Mit diesen Staaten wolle die Bundesregierung neue Partnerschaften eingehen: „Wer Globalisierung gestalten will, der braucht starke Partner und Freunde", erklärte der Außenminister. Das vom ihm vorgelegte Konzept verfolge drei Ziele: So definiere es erstens die die Ziele der Bundesregierung in der globalen Politik. Zweitens unterbreite es Angebote an die Partner, wie eine vertiefte Zusammenarbeit aussehen könne. Drittens treffe es Beschlüsse über die Abstimmung der Bundesministerien für mehr Kohärenz in der Außenpolitik.
„Das Konzept soll unsere Maßnahmen synchronisieren und so einen Beitrag zur Schlagkraft der Außenpolitik sein", resümierte Westerwelle.
Der Abgeordnete Dr. Frithjof Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) interessierte sich insbesondere für den Stellenwert der von Westerwelle beschriebenen angestrebten Partnerschaften: „Halten Sie eine auch eine Erweiterung der G20 für notwendig?" Außerdem erkundigte er sich nach dem Verhältnis von globalen internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen (UN) und solch informellen Zusammenschlüssen wie den G20, der Gruppe der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen und Schwellenländer: „Sind nicht die Vereinten Nationen geschwächt? Was ist dazu Ihre konzeptionelle Antwort?", fragte er den Außenminister.
Westerwelle unterstrich daraufhin die Bedeutung der UN als „Herzstück" – auch der deutschen Außenpolitik. „Deshalb setzen wir uns auch für eine Reform ein, die die UN stärkt, aber auch die verschobenen Gewichte in der Welt widerspiegelt."
Dr. Rolf Mützenich (SPD) kritisierte, das Konzept orientiere sich zu sehr an wirtschaftlichen Kriterien. „Ich frage mich, ob es zwischen uns und den neuen Gestaltungsmächten wirklich eine Interessenkoalition gibt. Haben wir gemeinsame Interessen und Werte?", wollte er wissen. „Wie sieht sie aus, die Doktrin, die wir von dem Konzept ableiten können?"
Der Außenminister gab zu, dass „Spannungsfelder" unterschiedlicher Werte und Interessen nicht zu ignorieren seien. Doch man müsse damit umgehen können. Zudem habe die Vergangenheit mehrfach gezeigt, dass der Satz „Wandel durch Handel" stimme, so Westerwelle: „Wir verändern eine Gesellschaft, wenn wir in Austausch treten."
Der Abgeordnete der Linksfraktion Wolfgang Gehrcke begrüßte die „Grundsatzdebatte" zu den Zielen der Außenpolitik. Auch er sehe wie der Außenminister die Notwendigkeit neuer fester Regeln und Grundsätze. „Aber sehen Sie die Notwendigkeit auch in der Wirtschaftspolitik, etwa beim Handel mit Nahrungsmitteln oder bei der Tobin-Steuer?" fragte er den Außenminister.
Westerwelle betonte daraufhin noch einmal die Bedeutung für Deutschland, neue außenpolitische Partnerschaften einzugehen. Die Beschäftigung allein mit Deutschland oder der Europäischen Union reiche nicht aus. Westerwelle mahnte: „Die Welt ist im Umbruch, aber wir debattieren allzu zentristisch. Wir denken, wir halten den Taktstock in der Hand, aber andere greifen auch danach."
Kerstin Müller (Bündnis 90/Die Grünen) vermisste allerdings die „Bindung der Wirtschaftspolitik an die Menschenrechte" und erkundigte sich, welche konkreten Schritte die Bundesregierung künftig im Menschenrechtsdialog plane.
Diesen bezeichnete Westerwelle daraufhin als „wichtig". Der Menschenrechtsdialog zum Beispiel mit China werde weiter vorangetrieben. „Das ist für uns ein wichtiges Format, um Einfluss auszuüben", bekräftigte der Minister. Grundsätzlich sehe er auch keinen Gegensatz zwischen Wirtschafts- und Menschenrechtspolitik: „Beides gehört zusammen."
Jan van Aken (Die Linke) sagte, er teile grundsätzlich das von Westerwelle vertretene Ziel einer „multipolaren Welt". Dennoch frage er sich, wie weit her es mit der strategischen Partnerschaft beispielsweise zwischen Deutschland, der Türkei und Brasilien sei: „Im Konflikt mit dem Iran haben beide Staaten versucht, einen 'deadlock', also eine Blockade, zu verhindern, aber den Vermittlungsversucht hat die Bundesregierung nicht aufgegriffen", monierte van Aken. Grundsätzlich sei das Konzept auch eher ein „Außenwirtschaftskonzept" als ein außenpolitisches Konzept.
Ein Vorwurf, den der Außenminister nicht gelten lassen wollte: „Ich würde das als eine selektive Perzeption bezeichnen." Grundsätzlich betrachte er Unternehmen, die im Ausland Arbeitsplätze schafften und auf soziale sowie ökologische Kriterien achteten, auch als „Botschafter" deutscher Werte.
Karl-Georg Wellmann (CDU/CSU) fragte nach der Rolle Russlands in der deutschen Außenpolitik: „Ich gehe davon aus, dass die Zusammenarbeit mit Russland wichtig ist, aber im Konzept ist sie ausgelassen worden."
Westerwelle unterstrich daraufhin die Wichtigkeit der Kooperation mit Russland: Auch wenn die Bundesregierung angesichts des Vetos des Landes im UN-Sicherheitsrat zur Syrien-Resolution „enttäuscht" sei, so habe man doch viele gemeinsame Interessen.Daran ließ der Außenminister keinen Zweifel. Ob im Hinblick auf die benötigten Transitwege beim Afghanistaneinsatz oder im Bereich der Drogenprävention: „Wenn es um Sicherheit geht auf diesem Kontinent, dann geht es nur mit, nicht ohne Russland." (sas)