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Der vom Bundestag eingesetzte Untersuchungsausschuss, der mögliche Versäumnisse von Geheimdiensten und Polizei bei den Ermittlungen gegen den sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) aufklären soll, will sich möglichst bald mit dem Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags und der Bund-Länder-Kommission treffen, die sich ebenfalls um diese Thematik kümmern. Bei diesen Gesprächen wolle man eine „enge Verzahnung der Tätigkeit dieser Gremien erreichen, die sich nicht verzetteln dürfen", sagte Sebastian Edathy, der Vorsitzende des Bundestagsausschusses am Donnerstag, 9. Februar 2012, nach dessen erster Arbeitssitzung. „Wir müssen alle an einem Strang ziehen", sagte Edathy.
Sein Stellvertreter Stephan Stracke (CDU/CSU) betonte, man wolle durch frühzeitige Absprachen „Doppelarbeit vermeiden". Der CSU-Abgeordnete: „Ich bin optimistisch, dass ein gutes Miteinander gelingt." Der Thüringer Ausschuss soll die Aktivitäten der Sicherheitsbehörden des Landes unter die Lupe nehmen, die vierköpfige Bund-Länder-Kommission soll Mängel an der Schnittstelle zwischen Bundes- und Landesbehörden prüfen.
Bei dem nichtöffentlichen Treffen am 9. Februar steckten die elf Mitglieder des Bundestagsgremiums das Vorgehen für die nächsten Wochen ab. Der auch als Zwickauer Terrorzelle bezeichneten NSU-Gruppe werden neun Morde an türkisch- oder griechischstämmigen Kleinunternehmern sowie die Tötung einer Polizistin und mehrere Banküberfälle angelastet.
Zu den großen Rätseln gehört, wieso die drei NSU-Mitglieder und ihre Helfer über 15 Jahre lang im Geheimen aktiv sein konnten und die Sicherheitsbehörden nicht gegen sie einschritten. Die Recherche zu diesem Versagen bildet den Kernauftrag des Untersuchungsausschusses. Dazu gehört auch die Frage, welche Rolle V-Leute des Verfassungsschutzes im Umfeld des NSU-Geflechts spielten. Letztlich soll das Bundestagsgremium Vorschläge unterbreiten, wie die Struktur und die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern verbessert werden kann.
Nach den Beschlüssen vom 9. Februar wollen sich die Abgeordneten, wie Edathy erläuterte, Ende März bei zwei Anhörungen von Sachverständigen über die Struktur der Sicherheitsbehörden und über die Erkenntnislage zur rechtsextremen Szene speziell auch in Thüringen unterrichten lassen. Noch nicht terminiert ist ein Gespräch mit Barbara John, der Ombudsfrau für die Opfer der Zwickauer Terrorzelle. John war früher Ausländerbeauftragte im Land Berlin.
Der Untersuchungsausschuss verabschiedete 38 Beweisanträge „in großer Einmütigkeit", so Stracke. Vorrangig geht es um die Beiziehung von Akten aus dem Bereich der Bundesregierung wie des Landes Thüringen. Man wolle dabei nicht zuletzt prüfen, erklärte Edathy, welche Erkenntnisse zwischen 1992 und 2011 über die Zwickauer Terrorzelle vorlagen, also zu jener Zeit, in welche die zahlreichen NSU-Aktivitäten fielen.
Mit der konkreten Beweiserhebung und der Anhörung von Zeugen dürfte das Gremium erst nach Ostern beginnen, „wenn wir uns einen Überblick über die Sachlage verschafft haben", sagte Stracke. Edathy: „Wir können uns ja nicht nur auf Zeitungswissen stützen." In welcher thematischen Reihenfolge die elf Abgeordneten bei ihrer Aufklärungsarbeit vorgehen wollen, soll bei der nächsten Sitzung Anfang März besprochen werden.
Möglicherweise werden einzelne öffentliche Treffen des Untersuchungsausschusses mit Zeugen oder mit Sachverständigen auch im Fernsehen übertragen, um ein hohes Maß an Transparenz zu erreichen. Dies hängt jedoch vom Einverständnis der geladenen Personen ab und soll von Fall zu Fall entschieden werden. (kos)