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Trotz der positiven Entwicklung bei der Nachfrage nach dem Bundesfreiwilligendienst (BFD) gibt es Nachbesserungsbedarf. Das wurde während eines öffentlichen Expertengespräches zur aktuellen Situation beim Bundesfreiwilligendienst sowie bei den Jugendfreiwilligendiensten FSJ und FÖJ vor dem Unterausschusses Bürgerschaftliches Engagement am Mittwoch, 29. Februar 2012, deutlich. Kritik von Vertretern der Freiwilligendienste und deren Träger gab es vor allem an den Bildungsgutscheinen für Seminare bei den Bildungszentren des Bundes und an der Kontingentierung der Freiwilligendienstplätze.
Mehr als 37.000 Menschen würden sich im BFD derzeit engagieren, sagte zu Beginn der Sitzung Markus Grübel (CDU/CSU), Vorsitzender des dem Familienausschuss zugeordneten Unterausschusses. Damit seien die kritischen Stimmen, die zur Einführung des BFD im Juli 2011 eine Zahl von 35.000 als utopisch bezeichnet hätten, widerlegt, sagte Grübel.
Dirk Hennig vom Bundesarbeitskreis FÖJ (Freiwilliges Ökologisches Jahr) räumte ein, Bedenken gehabt zu haben, der BFD könne das FÖJ verdrängen. Die Befürchtungen seien jedoch nicht eingetroffen. „Das FÖJ besetzt die ökologische Nische“, sagte Hennig. Der BFD werde als Ergänzung verstanden. Gleichwohl gehe vom Bundesfreiwilligendienst die „Gefahr einer Uniformierung“ aus, warnte Henning und forderte die Beibehaltung der verschiedenen Trägerstrukturen.
Es sei gut gewesen, dass die Mittel aus dem Zivildienst in die Freiwilligendienste geflossen seien, lobte Martin Schulze vom Bundesarbeitskreis FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr). „Das hat einen enormen Schub für die Freiwilligendienste in Deutschland gebracht“, sagte er. Allein bei den Trägern im Bundesarbeitskreis FSJ habe man die hohe Zahl an FSJ-Plätzen halten als auch noch 20.000 BFD-Plätze schaffen können.
Positiv am BFD sei die fehlende Altersbeschränkung, sodass auch Menschen, die älter als 27 Jahre sind, die Möglichkeit eines Engagements gegeben werden könne, sagte Schulze. Das hätten die Träger „gern aufgegriffen“. Wie auch Martin Schönwandt von der Deutschen Sportjugend sieht auch Schulze Nachbesserungsbedarf beim BFD in der Frage der Benennung der Träger. Diese seien im Gesetz nicht einmal erwähnt, wurde kritisiert.
Die im Gesetz vorgesehenen 25 Bildungstage seien nicht ausreichend, um die beim FSJ üblichen Qualitätsstandards auch beim BFD zu erreichen, bemängelte Dr. Gerhard Timm von der Bundesgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. Das System der Bildungsgutscheine habe sich zudem nicht bewährt. Den Trägern ginge dadurch Geld verloren.
50 Prozent der Fördermittel für die pädagogische Begleitung blieben vom Bund einbehalten, ergänzte Sabine Ulonska vom Malteser Hilfswerk. Dafür sei vorgesehen, dass die Freiwilligen drei Wochen an Bildungszentren des Bundes belegen können. Die Plätze dafür reichten aber nicht aus, sagte Ulonska und forderte, das System abzuschaffen.
Einig waren sich die Experten auch in ihrer Kritik an der Kontigentierung. Von einem „Luxusproblem“, sprach FSJ-Vertreter Martin Schulze, das dazu führe, dass es mehr Interessenten an einer freiwilligen Tätigkeit gebe als Plätze vorhanden seien. „Wir können es uns gesellschaftspolitisch nicht leisten, Engagement abzusagen“, warnte er.
Sabine Ulonska sagte in Abwandlung eines BFD-Werbeslogans: „Nichts ist frustrierender als nicht gebraucht zu werden.“ Clemens Graf von Waldburg-Zeil vom Deutschen Roten Kreuz forderte ebenfalls eine Aufstockung der Mittel, da sonst die aktuellen Schulabgänger nicht für ein Freiwilliges Jahr gewonnen werden könnten.
Auch die Ausschussmitglieder gingen auf die überraschend hohe Zahl an interessierten Freiwilligen ein. Peter Tauber (CDU/CSU) sagte, dieses Luxusproblem stelle „den Menschen in unserem Land ein gutes Zeugnis aus“. Auf die Probleme mit den Bildungsgutscheinen eingehend, sagte Tauber zu, dort noch einmal "rangehen" zu wollen.
Der SPD-Abgeordnete Sönke Rix betonte, die Zahlen zeigten, dass das „Null-Bock-Gerede“ falsch sei. Neben der Problematik mit denn Bildungsgutscheinen gebe es durch die Altersöffnung im BFD aber auch ein Problem mit der Arbeitsmarktneutralität. Es dürfe nicht sein, dass etwa die Arbeitsagenturen Hartz-IV-Empfänger in den BFD schickten. „Dann wird die in dem Bereich immer vorhandene Grauzone tiefgrau“, warnte Rix.
Es gebe verstärkte Tendenzen, weggefallene Arbeitsplätze im sozialen Bereich kommunaler Einrichtungen durch den BFD zu ersetzen, sagte Harald Koch (Die Linke). „Wenn wir hier auch im Ansatz nur Verstöße zulassen, lösen wir eine Lawine aus, die nicht mehr aufzuhalten ist“, betonte er.
Diese Sorge teile auch seine Fraktion, sagte Ulrich Schneider (Bündnis 90/Die Grünen), der zugleich forderte, „die Bildungsgutscheine so zügig abzuschaffen wie der BFD eingeführt wurde“. Florian Bernschneider (FDP) sprach sich dafür aus, bei der Diskussion den BFD nicht als Ersatz des Zivildienstes zu sehen, sondern als ein neues Feld des freiwilligen Engagements. (hau)