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Das derzeit geltende Datenschutzrecht in Deutschland beruht auf einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 1995. "Deshalb ist es notwendig, die Vorschriften der digitalen Realität anzupassen", rechtfertigte Paul Nemitz, Direktor in der Generaldirektion Justiz der Europäischen Kommission in Brüssel, am Montag, 26. März 2012,vor den Abgeordneten des Unterausschusses "Neue Medien" des Ausschusses für Kultur und Medien unter Vorsitz von Sebastian Blumenthal (FDP) geplante Anpassungen durch die Kommission.
Die digitale Agenda ist eine der sieben Säulen der Strategie "Europa 2020", die eine bessere Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien für mehr Wachstum und Fortschritt in der EU fördern soll.
Doch es bedarf "enormer Vorlaufzeiten" bis die Agenda ihre Auswirkung entfalten wird, sagte Dr. Detlef Eckert, Direktor in der Generaldirektion Informationsgesellschaft und Medien der Europäischen Kommission. Der Sachverständigte erläuterte, dass die EU bereits "vor zwei Jahren die digitale Agenda angenommen hat". Ende des Jahres solle ein Bericht vorgelegt werden, wie es mit der Agenda weitergehen soll.
"Bis 2020 soll die Vollabdeckdeckung mit 30 Megabit pro Sekunde Datenübertragungsrate in Europa erreicht werden", erläuterte Eckert die "anspruchsvollen Ziele der EU" hinsichtlich des Breitbandausbaus. Davon sollen 50 Prozent der Haushalte einen Zugang mit einer Datenrate von 100 Megabit pro Sekunde erhalten.
Darüber hinaus engagiere sich die EU mit einem Programm zur Forschung und Innovation von rund 80 Milliarden Euro über unterschiedliche Ressorts hinweg in dem Bereich. Für den Schwerpunkt Internet und Kommunikation wird ein Fördervolumen von zwölf Milliarden Euro bereitgestellt.
Weiter wolle die Kommission unter anderem einen Vorschlag zum Thema Open Data unterbreiten, der den Bürgern und Unternehmen den Zugang zu den Datenbeständen öffentlicher Einrichtungen erleichtern soll.
Ebenso sollen Vorschläge zum sogenannten Cloud-Computing und zur Bewältigung der Datenflut vorgelegt werden. "Wichtig ist die Frage, wie wir es schaffen, dass solche Web-Dienste in Europa gefördert werden", sagte Eckert. Ziel am Ende der Agenda-Arbeit soll sein, dass Arbeitsplätze in dieser Branche nicht nur in Amerika, sondern auch in der EU entstehen.
Mit dem Blick des Juristen umschrieb der Direktor in der Generaldirektion Justiz der Europäischen Kommission, Paul Nemitz, die EU-weite Überarbeitungsbedürftigkeit der Datenschutzrichtlinie: "Es wurde eine Verordnung durch die EU dazu vorgeschlagen, weil die Richtlinie aus dem Jahr 1995 in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausgestaltet wurde."
Das Ergebnis: "Es herrscht ein sehr unterschiedliches Schutzniveau." Das führe insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen innerhalb der EU zu Eintrittsbarrieren, die durch eine gemeinsame Verordnung harmonisiert und gesenkt werden könnten. "Ohne aber das Schutzniveau zu senken", entgegnete Nemitz den Nachfragen der Abgeordneten.
Die These der Kommission sei, dass die Schutzrechte der Bürger stärker erhöht werden sollen, damit sie den Unternehmen mehr Vertrauen entgegenbringen können. Angelehnt an die Grundrechtecharta der EU soll jeder Bürger einen Anspruch darauf haben, dass seine Daten geschützt werden. "Denn in Europa machen sich 71 Prozent der Bürger Sorgen darüber, was mit ihren Daten passiert", begründete Nemitz die Strategie der Kommission, durch hohe Standards den Unternehmen keine Steine in den Weg zu legen.
Vorteil der Verordnung sei außerdem, dass diese die Kosten transnationaler Tätigkeit senke. "Eine Datenschutzbehörde für Europa bedeutet Einsparungen von 2,3 Milliarden Euro für Europa pro Jahr", sagte der EU-Jurist. Nemitz zeigte sich überzeugt, dass die Verordnung die Bürgerrechte stärken könne und gleichzeitig einen Beitrag für mehr Wachstum leiste.
In dieser Hinsicht werde die EU Vorreiter sein: "Es wird ein Diskussionsprozess eröffnet, was der Standard sein soll, denn es geht darum, wer die Standards weltweit setzt. Deshalb ist es wichtig, mit einer Stimme zu sprechen." So habe, nachdem die Initiative von der Europäischen Union ausgegangen war, die USA selbst Vorschläge vorgebracht. "Und es wird in den Vereinigten Staaten vielfach auf die Initiative der Kommission verwiesen, und sie wird begrüßt", sagte der Sachverständige.
Ein noch offenes Aufgabenfeld innerhalb der EU sah Paul Nemitz im Bereich der Vollstreckungsbehörden: "Hier geht es um den Schutz der Daten durch die Verarbeitung der Polizei vor dem Hintergrund der immer engeren Zusammenarbeit der Polizeien in Europa."
Auf die Nachfrage, ob ein Radiergummi für das Internet eine mögliche Option für die Zukunft ist, um Informationen auch aus dem Internet verschwinden lassen zu können, antwortete Nemitz, dass durch die Verordnung ein Anspruch darauf entsteht. „Das hängt von der Situation ab, und ob es angemessen ist“, erläuterte der Jurist weiter. So könne einem Unternehmen, das Geld mit Daten verdiene, ein angemessenes Bemühen vorgeschrieben werden.
Technisch sah Nemitz auch keine unausweichlichen Hürden, denn es "ist für Google kein Problem, dass man diese Daten zumindest nicht mehr findet, wenn ein Anspruch besteht". (eis)