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Da viele Stellen für Postdoktoranden im wissenschaftlichen System befristet sind, leidet der akademische Mittelbau zunehmend unter mangelnder beruflicher Perspektive. Karrieren seien kaum mehr planbar. Das war der einmütige Tenor im öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung unter Vorsitz von Ulla Burchardt (SPD) zum Thema „Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs“ am Mittwoch, 28.März 2012. Gegenstand waren Anträge der SPD (17/6336), der Linksfraktion (17/4423) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/4203) sowie der Bundesbericht der Bundesregierung zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses (16/8491).
Dr. Isolde von Bülow von der Ludwig-Maximilians-Universität München bemängelte, dass Stellen unterhalb der Professur meist nicht öffentlich ausgeschrieben würden. „Oft wird der Aufwand gescheut“, sagte sie. Viel zu häufig blieben dann diese Nachwuchswissenschaftler „in Academia“ hängen. Wenn sie sich fünf Jahre nach der Promotion auf dem freien Arbeitsmarkt bewürben, wären ihre Chancen oft schlechter, als wenn sie dieses gleich nach der Promotion getan hätten.
Prof. Dr. Sabine Jeschke von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen sagte, die Problematik der Befristung von Stellen an Hochschulen werde verzerrt wahrgenommen. Es sei sehr wohl sinnvoll, Doktorandenstellen zu befristen, aber der Weg danach sei für die Wissenschaftler unklar. „Vor allem gibt es viel zu wenige Professorenstellen. Das ist das Problem.“
Dr. Andreas Keller von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft unterfütterte das Thema mit Zahlen. Mittlerweile seien 90 Prozent des angestellten Personals an Hochschulen nur befristet angestellt, davon die Hälfte für weniger als in Jahr. „Das führt zu prekären Verhältnissen“, sagte der Gewerkschafter. Ausdrücklich lobte er die Instrumente Tenure-Track und Post Docs (Postdoktoranden). Das Tenure-Track-Modell, das aus dem amerikanischen Bildungssystem kommt, ermöglicht eine erfolgreiche Rekrutierung von wissenschaftlichem Personal durch die Aussicht auf eine lebenslange Einstellung.
Prof. Dr. Reinhard Kreckel vom Institut für Hochschulforschung nannte das deutsche System ungewöhnlich: „Wenn man Glück hat, ist man mit 45 Jahren Professor. Das ist sehr spät.“
Dr. Alexander Kurz von der Fraunhofer-Gesellschaft München regte an, bei der wissenschaftlichen Karriere mehr an eine Koordination mit der Wirtschaft zu denken. Aber auch die Autonomie der Wissenschaftler sei ein zentraler Punkt für den Erfolg von Forschung.
Dr. Jan Siemens vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin hob hervor, dass Deutschland als Wissenschaftsstandort durch die Veränderung in den vergangenen zehn Jahren international wieder an Attraktivität gewonnen habe. Gleichzeitig bemängelte er aber die unsichere Situation für Wissenschaftler nach der Promotionsphase. (rol)