Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2012
Es wird vorerst keine gesetzlichen Vorgaben zur gleichen Bezahlung von Frauen und Männern und für eine Frauenquote in der freien Wirtschaft geben. Der Bundestag lehnte am Freitag, 23. März 2012, die Anträge der SPD (17/5038) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/4852) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP mehrheitlich ab. Die Fraktion Die Linke enthielt sich der Stimme. Das Plenum folgte damit einer Beschlussempfehlung des Familienausschusses (17/5821).
Die Sozialdemokraten hatten mit Verweis auf die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern in Höhe von 23 Prozent die Bundesregierung aufgefordert, einen Gesetzentwurf zur Durchsetzung der Entgeltgleichheit vorzulegen. Das Gesetz sollte für alle Arbeitgeber der Privatwirtschaft ab einer bestimmten Beschäftigungszahl, den öffentlichen Dienst und die Tarifvertragsparteien gelten.
Deutschland sei führend bei der Lohndiskriminierung, schimpfte die SPD-Abgeordnete Caren Marks. „Dies ist beschämend und nicht hinnehmbar.“ Die Geduld der Frauen in Deutschland sei am Ende, aber Familienministerin Dr. Kristina Schröder (CDU) verschließe die Augen vor der Wirklichkeit. Dies würde aber nur in der Vorstellungswelt kleiner Kinder funktionieren. Unverhohlen forderte Marks die Ministerin zum Rücktritt auf: „Besten Dank Frau Schröder, Sie können gehen.“
Die Grünen wiederum hatten von der Regierung ein sanktionsbewehrtes Gleichstellungsgesetz eingefordert, das eine verbindliche Frauenquote von mindestens 40 Prozent für Aufsichtsräte und Vorstände bis zum Jahr 2017 festlegt. Zudem wollte die Fraktion Unternehmen zur Realisierung von mindestens drei nachprüfbaren Gleichstellungsmaßnahmen verpflichten.
SPD und Grüne hatten sich zudem für einen flächendeckenden Mindestlohn ausgesprochen. Die Parlamentarierin Monika Lazar (Bündnis 90/Die Grünen) verwies wie die anderen Rednerinnen auf die zeitgleich stattfindenden Protestkundgebungen vor dem Brandenburger Tor zum weltweiten Equal-Pay-Day. „Wir wollen aber nicht noch in Jahren oder Jahrzehnten demonstrieren.“
Die CDU-Abgeordnete Nadine Schön stellte sich zwar demonstrativ hinter die Forderung nach einer Schließung der Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, weitere gesetzliche Vorgaben lehnte sie im Namen ihrer Fraktion aber ab. Der Lohnunterschied von durchschnittlich 23 Prozent falle im ländlichen Raum sogar um zehn Prozent höher aus. Bei der Rente liege der Unterschied zwischen Frauen und Männern gar bei 59 Prozent. Es gebe allerdings auch objektive Gründe für die Gehaltsunterschiede.
So ergriffen Frauen wegen geringerer Berufsqualifikation häufiger schlechter bezahlte Berufe und ihre Karrieren seien häufiger unterbrochen, beispielsweise wegen Schwangerschaft. Rechne man diese Faktoren heraus, dann betrage der Lohnunterschied acht Prozent. Gefragt seien allerdings in erster Linie die Tarifparteien, um die Lücke zu schließen. Die Umsetzung der Forderungen von SPD und Grünen würden ein „Bürokratiemonster“ schaffen.
In diesem Sinne äußerte sich auch die FDP-Parlamentarierin Nicole Bracht-Bendt. Einen Eingriff in die Tarifautonomie, wie sie die Opposition fordere, sei mit ihrer Fraktion nicht zu machen.
Die Lösung des Problems müsse auf anderem Wege erfolgen. So müssten junge Frauen ermutigt werden, besser bezahlte Berufe zu ergreifen, die bislang von Männer dominiert würden.
Die Linksfraktion bescheinigte SPD und Grünen zwar, dass ihre Anträge in die richtige Richtung aber nicht weit genug gehen. Frauenquoten dürften nicht allein auf Vorstände und Aufsichtsräte begrenzt bleiben.
Yvonne Plötz (Die Linke) forderte einen flächendeckenden Mindestlohn von mindestens zehn Euro. Zudem seien Mini-Jobs, in denen vor allem Frauen arbeiten würden, zurückzufahren. Diese seien „Armutsfallen“. (aw)