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Pläne der schwarz-gelben Regierungskoalition zum erleichterten Zuzug hochqualifizierter Ausländer stoßen bei Experten auf ein gemischtes Echo. Das wurde am Montag, 23. April 2012, bei einer Sachverständigen-Anhörung des Innenausschusses zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Hochqualifizierten-Richtlinie der EU (17/8682) sowie einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP dazu deutlich.
Gegenstand der Anhörung unter Vorsitz von Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) waren auch ein Antrag der SPD-Fraktion (17/9029) für ein Programm, das die Sicherung des Fachkräftebedarfs mit Mitteln des Aufenthaltsrechts unterstützen soll, sowie ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/3862), die Fachkräfteeinwanderung durch ein Punktesystem zu regeln.
Um hochqualifizierten Ausländern die Zuwanderung nach Deutschland zu erleichtern, will die Regierung einen neuen Aufenthaltstitel einführen: die "Blaue Karte EU". Diese soll dem Gesetzentwurf zufolge künftig erhalten, wer einen Hochschulabschluss oder eine "durch mindestens fünfjährige Berufserfahrung nachgewiesene vergleichbare Qualifikation besitzt".
Eine weitere Voraussetzung soll laut Entwurf sein, dass Bewerber ein Arbeitsverhältnis vorweisen können, mit dem ein Bruttojahresgehalt von mindestens 44.000 Euro erzielt wird. Damit wird die bisherige Gehaltsschwelle von 66.000 deutlich abgesenkt. Für Berufe, in denen ein besonderer Bedarf an Interessenten aus Nicht-EU-Ländern besteht, ist die Gehaltsgrenze nochmals niedriger: Für die Erteilung der Blauen Karte EU an Naturwissenschaftler, Mathematiker, Ingenieure, Ärzte und IT-Fachkräfte soll die Gehaltsgrenze laut Entwurf 33.000 Euro pro Jahr betragen.
Nach dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen soll die bisherige Regelung des Aufenthaltsgesetzes für Hochqualifizierte, "deren Hochqualifikation sich ausschließlich in der Erfüllung der Gehaltsgrenze begründet", gestrichen werden. Die "Zuwanderung über Gehaltsgrenzen soll nur noch im Zusammenhang mit der Blauen Karte EU erfolgen", heißt es in der Vorlage. Ferner sollen unter anderem die Beschäftigungsmöglichkeiten zum Nebenverdienst für Studenten erweitert und ein Aufenthaltstitel zur Arbeitsplatzsuche eingeführt werden.
Das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt, begrüßte den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Er eröffne neue Wege für eine Zuwanderung, reagiere auf den aktuellen Fachkräftebedarf und baue bürokratische Hürden ab.
Martin Strunden von sächsischen Innenministerium sagte, der Gesetzentwurf sei ein "sehr großer Wurf" und in der Fassung des Änderungsantrags "rundum zu begrüßen". Der Richter Klaus Dienelt vom Verwaltungsgericht Darmstadt nannte den Gesetzentwurf einen wichtigen Schritt, um den Standort Deutschland für Zuwanderer attraktiver zu machen. An einzelnen Regelungen müsse man jedoch noch "nacharbeiten".
Gunilla Fincke vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration betonte, eine gesteuerte Zuwanderung von Fachkräften sei notwendig. Die Zahl der zuwandernden Fachkräfte solle erhöht werden, wofür es auch in der Bevölkerung Rückhalt gebe.
Prof. Dr. Daniel Thym von der Universität Konstanz unterstrich, "dass der Unterschied zwischen dem künftigen deutschen Recht und einem Punktesystem nur noch graduell ist".
Anneli Buntenbach, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes, sagte, die mit dem demografischen Wandel verbundenen Herausforderungen erforderten auch eine Steigerung der Attraktivität Deutschlands für qualifizierte Zuwanderung aus der EU und aus Drittstaaten. Dafür brauche man eine grundlegende Veränderung des Zuwanderungs- und Aufenthaltsrechts, das vereinfacht werden müsse. Sie begrüßte zugleich die im Änderungsantrag vorgesehene Streichung bei der Mindestgehaltsgrenze.
Karl Brenke von Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung kritisierte, bei den geplanten Gesetzesänderungen gehe es offensichtlich darum, nicht einem Mangel an Fachkräften entgegenzuwirken, sondern ausländische Fachkräfte nach Deutschland zu holen, "die bereit sind, zu möglichst billigen Löhnen hier tätig zu werden". Mit Blick auf die Sonderregelungen für Berufsgruppen wie IT-Fachkräfte und Ingenieure betonte er, es gebe keine tragfähige Indikatoren, die einen ausgesprochenen Fachkräftemangel in diesen Berufen anzeigten. (sto)
In einer öffentlichen Anhörung befasst sich der Innenausschuss des Bundestages unter Vorsitz von Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) am Montag, 23. April 2012, mit der Umsetzung der Hochqualifizierten-Richtlinie der Europäischen Union. Die Sitzung beginnt um 14 Uhr im Sitzungssaal E 600 des Paul-Löbe-Hauses in Berlin und dauert zwei Stunden. Sie wird von 14 bis 16 Uhr live im Web-TV auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
In ihrem Gesetzentwurf (17/8682) zur Umsetzung der Richtlinie plant die Bundesregierung, den Zuzug von Hochqualifizierten aus dem Ausland zu erleichtern und eine Blaue Karte EU einzuführen. Damit solle der Standort Deutschland für gut ausgebildete ausländische Zuwanderer attraktiv werden. Wer mit der Blauen Karte EU einreisen und in Deutschland bleiben will, muss der Regierung zufolge einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen vergleichbaren Hochschulabschluss besitzen oder über eine vergleichbare Qualifikation durch mindestens fünfjährige Berufserfahrung verfügen.
Zudem muss ein Arbeitsvertrag vorgelegt werden mit dem ein jährliches Einkommen von mindestens 44.000 Euro erzielt wird. Bislang liegt das erforderliche Mindesteinkommen für hochqualifizierte Zuwanderer bei 66.000 Euro jährlich. Die Grenze soll für Naturwissenschaftler, Mathematiker, Ingenieure, Ärzte und IT-Fachkräfte auf 33.000 Euro absinken.
Der Bundesrat will die blaue Karte EU nicht nur Hochschulabsolventen vorbehalten, sondern auch Möglichkeiten schaffen, dass Angehörige aus Nicht-EU-Staaten für einen bestimmten Zeitraum ohne Arbeitsvertrag einreichen können, um in Deutschland Arbeit zu suchen.
Gegenstand der Anhörung sind auch Anträge der SPD für ein Programm, das die Sicherung des Fachkräftebedarfs mit den Mitteln des Aufenthaltsrechts unterstützen soll (17/9029), sowie ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/3862), die Fachkräfteeinwanderung durch ein Punktesystem zu regeln.
Die Grünen plädieren für ein Auswahlverfahren mit einem Punktesystem, um Fachkräfte einwandern zu lassen. Die SPD will unter anderem die einjährige Frist, innerhalb der ausländische Absolventen einer deutschen Hochschule sich einen Arbeitsplatz suchen können, auf 18 Monate verlängern und eine weitergehende Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete schaffen. (vom)
Zeit: Montag, 23. April 2012, 14 bis 16 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 600
Interessierte Besucher können sich bis Mittwoch, 18. April, unter Angabe ihres Vor- und Zunamens sowie des Geburtsdatums im Sekretariat des Ausschusses anmelden (E-Mail: innenausschuss@bundestag.de). Zur Sitzung muss ein Personaldokument mitgebracht werden.
Bild- und Tonberichterstatter können sich beim Pressereferat (Telefon: 030/227-32929 oder 32924) anmelden.