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Für Irène Servant ist es wie ein Heimspiel. Während die allermeisten der 115 Teilnehmer am diesjährigen Internationalen Parlaments-Stipendium (IPS) erst seit März in Berlin sind, wohnt die 26-jährige Französin schon seit anderthalb Jahren in der deutschen Hauptstadt. "Ich habe im Oktober 2011 an der Freien Universität mein Politikwissenschaftsstudium erfolgreich beendet", erzählt sie. Dann folgte das für die französischen Teilnehmer des IPS übliche Semester an einer der Berliner Unis. Derzeit absolviert die Pariserin im Rahmen des IPS ein Praktikum im Büro des Verkehrspolitikers Thomas Lutze (Die Linke) und ist sehr zufrieden: "Jeden Tag entdecke ich etwas komplett Neues", freut sie sich.
Das hat auch damit zu tun, dass die Verkehrspolitik "bisher nicht so mein Thema war". Die 26-Jährige hat sich eher mit Flüchtlingspolitik und Migration beschäftigt. Aber: "Sinn des Praktikums ist es ja auch, sich gegenüber anderen Themengebieten zu öffnen", weiß sie und fügt hinzu: "Politikwissenschaftler sollten sich ja sowieso mit allen Themen der Politik befassen können." Außerdem hat es noch einem weiteren Vorteil, dass "ihr Abgeordneter" im Verkehrsauschuss tätig ist: "So kann ich zu allen Ausschusssitzungen mitgehen", sagt Irène Servant und verweist darauf, dass dies beispielsweise beim Auswärtigen Ausschuss nicht möglich gewesen wäre.
Auf der anderen Seite hat es die Französin auch gejuckt, zu zeigen was sie kann. Gemeinsam mit dem Büro Lutze wurde daher nach einem Thema gesucht, wo sie ihre Erfahrungen und Kenntnisse einbringen kann. Mit Erfolg: "Derzeit schreibe ich an einer Facharbeit zum Thema Asyl-Flughafenverfahren", sagt sie. "Das bringt mir etwas, ebenso wie dem Büro und der Fraktion." Sehr spannend findet es Irène Servant, ihr IPS-Praktikum bei einem Politiker der Linken zu machen. "Das ist eine Partei mit einer besonderen Geschichte, die es in Frankreich so nicht gibt", sagt sie.
Von der Möglichkeit, am IPS-Programm teilzunehmen, hat die unweit des Eiffelturms geborene Pariserin in ihrer Heimatstadt gehört. Eine deutsche Studentin, die das gleiche Programm am französischen Parlament, der Assemblée nationale, absolvierte, hatte ihr davon erzählt. "Da dachte ich mir, dass kann auch für mich gut passen." Schließlich ist eine Erfahrung im Parlament "wichtig für eine Politikwissenschaftlerin".
Mit ihrer Erfahrung aus dem Bundestag wagt sie dann auch einen deutsch-französischen Vergleich: "Die Rolle des Parlamentes ist in Deutschland wichtiger als in Frankreich", lautet ihre Einschätzung. Zugleich hat sie das Gefühl, "dass im Bundestag die Opposition eine größere Beachtung findet".
Aber es gibt noch einen weiteren Grund, der Irène Servant zur Teilnahme am IPS motiviert hat. Die Arbeitsmarktlage macht es schwierig, gleich nach dem Studienabschluss eine richtige Stelle zu finden, sagt sie. "Ich kenne viele, die nach dem Masterabschluss noch Praktika machen, um einen ersten Fuß in den Arbeitsmarkt zu bekommen." Vielleicht, so ihre Hoffnung, helfen ja die während des Praktikums geknüpften Kontakte. Vorstellen kann sie sich unter anderem eine Arbeit für eine Nichtregierungsorganisation, die sich mit dem Flüchtlingsthema beschäftigt. Derzeit ist die Französin ehrenamtlich bei Amnesty International aktiv.
Irène Servant hätte auch nichts dagegen, weiterhin in Deutschland zu leben. Die Zuneigung zum Nachbarland hat sie von ihren Eltern übernommen. "Mein Vater und meine Mutter lieben Deutschland und Österreich", erzählt sie. Was wohl auch damit zu tun hat, dass sie sich während eines Urlaubs im Alpenstaat kennengelernt haben.
Irène Servant wiederum lernt seit der sechsten Klasse die deutsche Sprache. Seit dem 16. Lebensjahr arbeitete sie während der Ferien in Kindercamps in Deutschland und absolvierte später Auslandssemester in Jena und Berlin. Im Rahmen des IPS wird sie in Kürze die Gelegenheit haben, mal wieder Richtung Frankreich zu reisen. Im Juni ist ein Aufenthalt in Thomas Lutzes Wahlkreis Saarbrücken geplant. Die Pariserin freut sich darauf. "Die Grenzregion kenne ich noch nicht so gut", sagt sie.
Dafür kennt sie inzwischen Dank des IPS junge Leute aus 28 Ländern. "Das macht auch den Reiz des Programms aus", findet Irène Servant. Obwohl sie statt im Stipendiaten-Wohnheim in einer WG in Kreuzberg wohnt, hat sie einen guten Kontakt mit ihren Mitstreitern. Auch die anderen französischen Stipendiaten wohnen "privat" in der Stadt. "Das hat damit zu tun, dass für uns das Programm schon mit dem Wintersemester an der Uni begonnen hat", erläutert sie. Macht aber nichts, sagt Irène Servant. "Wir sind vielleicht nicht bei jeder Party dabei, haben aber nicht zuletzt durch das umfangreiche Programm in den Nichtsitzungswochen viel Zeit uns kennenzulernen." (hau)