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Menschen, die auf Missstände und rechtswidrige Vorgänge in den Unternehmen, Behörden und Institutionen, in denen sie arbeiten, aufmerksam machen, sollen nach dem Willen der grünen Bundestagsfraktion besser als bisher vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen geschützt werden. Die Fraktion hat einen entsprechenden Gesetzentwurf (17/9782) vorgelegt, den der Bundestag am Donnerstag, 14. Juni 2012, erstmals beraten wird. Für die Debatte ab 17 Uhr sind 45 Minuten vorgesehen.
Die Grünen schreiben, oft würden Missstände in Unternehmen erst durch Hinweise mutiger Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bekannt. Das Ziel diese sogenannten Whistleblower sei es, "Transparenz und Publizität über bestehende interne, riskante, gefährliche oder korrupte Entwicklungen herzustellen, um diese damit beheben zu lassen".
So habe etwa ein Lkw-Fahrer die Polizei über den Transport von verdorbenen Fleischabfällen informiert und damit den "Gammelfleisch-Skandal" an die Öffentlichkeit gebracht.
In anderen Fällen hätten ein Revisor und ein Steuerfahnder auf gefälschte Statistiken der Arbeitsämter oder auf die Flick-Affäre aufmerksam gemacht. Whistleblower wie sie leisteten einen "großen gesellschaftspolitischen Beitrag zur Bekämpfung von Straftaten und Missständen" und seien von "wesentlicher Bedeutung für eine rechtsstaatliche Demokratie". Whistleblower handelten zudem "häufig im langfristigen Interesse ihres Arbeitgebers", da sie "sozusagen als Frühwarnsystem durch ihr Alarmschlagen einen möglichen wirtschaftlichen oder immateriellen Schaden vom Unternehmen abwenden".
In allen genannten Fällen jedoch habe ihr Einsatz für die Mitarbeiter negative Folgen gehabt, etwa Kündigung, Frühpensionierung oder Drohungen. Insgesamt habe das Whistleblowing für die betroffenen Arbeitnehmer häufig gravierende Auswirkungen, da sie nicht nur mit Mobbing rechnen müssten, sondern mit ihrem Handeln oft auch gegen arbeits- oder dienstrechtliche Vorschriften verstießen.
Die Grünen sind deshalb der Ansicht, dass Whistleblower besser geschützt werden müssten. Die Bundesregierung habe sich zwar in dem Antikorruptions-Aktionsplan der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20-Staaten) vom November 2010 zum Schutz von Whistleblowern bekannt und angekündigt, sie werde bis Ende 2012 Regeln zu deren Schutz erlassen; substanzielle Vorbereitungen dazu seien jedoch "nicht ersichtlich".
Dringender Handlungsbedarf ergebe sich zudem aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Sommer vergangenen Jahres. Darin sei Deutschland wegen der Verletzung der Meinungsfreiheit verurteilt worden, nachdem Arbeitsgerichte die Kündigung einer Altenpflegerin bestätigt hatten, die auf Mängel bei der Versorgung und Pflege in einer Berliner Pflegeeinrichtung hingewiesen hatte.
Der Gerichtshof habe befunden, dass "in einer demokratischen Gesellschaft das öffentliche Interesse an Informationen über Mängel in der Altenpflege in einem staatlichen Unternehmen so wichtig ist, dass es gegenüber dem Interesse des Unternehmens am Schutz seines Rufes und seiner Geschäftsinteressen überwiegt".
Die Fraktion will mit ihrem Gesetzentwurf eines "Whistleblower-Schutzgesetzes" Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch, Berufsbildungsgesetz, Bundesbeamtengesetz sowie Beamtenstatusgesetz vornehmen und damit arbeits- und dienstrechtlichen Diskriminierungsschutz gewähren. Zudem soll definiert werden, unter welchen Voraussetzungen Mitarbeiter sich an eine außerbetriebliche zuständige Stelle oder direkt an die Öffentlichkeit wenden dürfen.
So sollen sich Arbeitnehmer, die der Auffassung sind, dass im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit rechtliche Pflichten verletzt werden oder eine Verletzung droht, zuerst an den Arbeitgeber oder eine zur innerbetrieblichen Klärung zuständige Quelle wenden. Wenn der Arbeitgeber dem Verlangen nach Abhilfe nicht innerhalb einer angemessenen Frist nachkomme, habe der Arbeitnehmer das Recht, sich an eine außerbetriebliche Stelle zu wenden.
Überwiege das öffentliche Interesse am Bekanntwerden der Information das betriebliche Interesse an deren Geheimhaltung, könne der Arbeitnehmer sich direkt an die Öffentlichkeit wenden. Auch Beamte und Auszubildende sollen ein "Anzeigerecht bei rechtswidrigen Diensthandlungen" haben. (ver)