Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2012
Frauen verdienen deutlich weniger als Männer. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes, die aus Anlass des Equal Pay Day im März veröffentlicht wurden, beträgt der Unterschied zwischen den Bruttogehältern 23 Prozent. Damit bekommen Frauen bei vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit rund ein Viertel weniger als Männer. Dies möchte die SPD-Fraktion ändern und legt einen Gesetzentwurf (17/9781) vor, der am Donnerstag, 14. Juni 2012, von 11.10 Uhr an in erster Lesung beraten wird. Für die Aussprache sind 90 Minuten vorgesehen. Das vorgeschlagene Entgeltgleichheitsgesetz soll die unter anderem im Grundgesetz und der Grundrechte-Charta der EU vorgeschriebene Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Arbeitsentgelt in Deutschland durchsetzen. Mit der Entgeltlücke von 23 Prozent liege Deutschland deutlich über dem EU-Durchschnitt von 17,6 Prozent, schreiben die Abgeordneten.
Mehr als die Hälfte des Entgeltunterschiedes zwischen Männern und Frauen sei nicht durch unterschiedliche soziale und berufliche Merkmale von Männern und Frauen zu erklären, betonen die Abgeordneten weiter. "Hier ist von Entgeltdiskriminierung auszugehen, die es zu beseitigen gilt." Die Entgeltlücke sei ein "Kernindikator für die fortbestehende Ungleichbehandlung von Frauen im Erwerbsleben" und stelle zugleich einen Fehlanreiz für die Erwerbsbeteiligung von Frauen dar.
Die SPD-Fraktion kritisiert, dass die bislang vom Staat ergriffenen Maßnahmen nicht erfolgreich gewesen seien. So seien die bereits mit Rechten ausgestatteten Personen und Institutionen strukturell nicht in der Lage, Entgeltgleichheit durchzusetzen. Aufklärung, Appelle und auf Freiwilligkeit setzende Vereinbarungen hätten nicht zum Ziel geführt.
Zur Durchsetzung der Entgeltgleichheit müsse der Gesetzgeber den strukturellen Defiziten des geltenden Rechts abhelfen, schreiben die Abgeordneten. Es müsse ein Rahmen geschaffen werden für die Prüfung und Beseitigung von Entgeltdiskriminierung. Nach Vorstellung der SPD-Fraktion soll sich der Staat als Handelnder jedoch so weit wie möglich zurückhalten. Ziel müsse vielmehr sein, Arbeitgeber, betriebliche Interessenvertretungen und Tarifvertragsparteien durch gesetzliche Verpflichtungen zu veranlassen, sich um die Herstellung von Entgeltgleichheit zu bemühen.
Eine wesentliche Rolle kommt demnach sachverständigen Personen zu, die Informationsdefizite beheben sollen. Ihre Einbeziehung sowie die Verpflichtung zur Prüfung der Entgeltsysteme würden Änderungsprozesse in Betrieben und Dienststellen anstoßen. Den finanziellen Mehrbedarf beziffert die SPD-Fraktion mit rund zwei Millionen Euro pro Jahr.
Gewerkschaften und Opposition fordern schon länger ein Entgeltgleichheitsgesetz. Bereits im vergangenen Jahr hat die SPD-Fraktion einen Antrag mit dem Titel "Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen gesetzlich durchsetzen" (17/5038) in den Bundestag eingebracht. Auch damals sprach sie sich für ein Entgeltgleichheitsgesetz aus.
Im Jahr 2001 hat die Bundesregierung das Thema Entgeltgleichheit als eine von vier Zielgrößen im Rahmen der Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit verankert. Das Bundesfamilienministerium nennt vor allem drei Ursachen für Entgeltungleichheit: das Fehlen von Frauen in bestimmten Berufen, Branchen und gehobenen Positionen, häufigere und längere familienbedingte Unterbrechungen als bei Männern sowie die Tatsache, dass Lohnverhandlungen nicht dazu haben beitragen können, dass typische Frauentätigkeiten nicht mehr als schlechter bewertet werden. (thy)