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Mehr Eigenverantwortung in den Bereichen Haushalt, Personal, Beteiligungen und Bauverfahren: All das will die Bundesregierung den außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen ermöglichen. Dazu hat sie dem Bundestag einen Gesetzentwurf zur Flexibilisierung von haushaltsrechtlichen Rahmengbedingtungen außeruniversitärer Wissenschaftseinrichtungen (17/10037, 17/10123) vorgelegt. Dieses Wissenschaftsfreiheitsgesetz war Gegenstand einer ersten Lesung im Parlament am Freitag, 29. Juni 2012.
Bildungs-und Forschungsministerin Prof. Dr. Annette Schavan (CDU) sagte, das angestrebte Gesetz sei ein "Zeichen der Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit" und stärke die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Forschungseinrichtungen. Das mache den Wissenschaftsstandort attraktiv. Das Wissenschaftsfreiheitsgesetz konzentriere sich auf vier Bereiche: Es ermögliche "globale Haushalte", gestatte auch die Verwendung von Drittmitteln aus nichtöffentlichen Quellen für die Bezahlung von Spitzenforschern, verbessere die Bedingungen für Ausgründungen und ermögliche es den Einrichtungen, ihre Infrastrukturvorhaben eigenständiger voranzubringen.
Sie hoffe, so die Ministerin, dass auch die Länder diese positiven Signale für ihre Hochschulen übernehmen würden. Sie müssten "keine Angst vor mehr Eigenverantwortung der Hochschulen" haben.
Michael Kretschmer, Bildungsexperte der Union, nannte das Gesetz einen "logischen Schritt". Es gehe nun nicht um mehr Geld, sondern darum, aus dem Geld mehr zu machen. Man brauche "den Grundkonsens der Wissenschaftsfreiheit". Die Institutionen seien nun in der Pflicht, "noch mehr Output" zu bringen.
Der hochschulpolitische Berichterstatter der FDP-Fraktion, Prof. Dr. Martin Neumann, warf der Opposition vor, mit ihrer unzutreffenden Kritik das Gesetz zu "erniedrigen". Es gebe den Einrichtungen endlich Rechtssicherheit: Man habe gesehen,wie schwierig Forschung "unter kameralistischer Haushaltspolitik" sei, wenn "am Jahresende Kuriositäten" zu sehen seien, weil bislang Geld nicht habe angespart werden dürfen.
Die Opposition sieht dagegen noch massiven Beratungsbedarf. Was nach drei Jahren der Ankündigung nun auf "acht dünnen Seiten" vorgelegt und "schicksalsträchtig" Wissenschaftsfreiheitsgesetz genannt werde, flexibilisiere lediglich Regelungen, die bereits seit Jahren "auf dem Verordnungswege untergesetzlich praktiziert" würden, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Dr. Petra Sitte. Das sei "schnöde Deregulierung" und ein "kontraproduktiver Ansatz".
Die Erfahrungen auf den Finanzmärkten und im Bereich der Energieversorgung hätten gezeigt, was daraus folge — deshalb gebe es längst die "gegnläufige Tendenz", Verantwortung in die öffentliche Hand zurückzuholen. Mehr Autonomie an Hochschulen und Forschungseinrichtungen sei nur gut, wenn sie auch mit einem Mehr an Demokratie einhergehe. Doch damit habe etwa der geplante Verzicht auf Stellenpläne nichts zu tun.Zudem zeige sich schon jetzt, dass es bei den Forschungseinrichtungen "Fehlentwicklungen" gebe: So würden sich die Bedingungen für Promovierende oder Post-Docs immer weiter verschlechtern. Die Einschränkung des Besserstellungsverbots für Spitzenforscher sei vom Bundesrechnungshof bereits "umfassend kritisiert" worden.
Die Ungleichbehandlung der Mitarbeiter beklagt auch die SPD. So sagte der Bildungspolitiker Swen Schulz, Koalition und Sozialdemokraten hätten eine "unterschiedliche Grundphilosophie". Seine Fraktion sei der Ansicht, dass es gut bezahlte Spitzenforscher geben müsse.
Die Freiheit gehe aber nicht so weit, dass die Einrichtungen Nachwuchswissenschaftler schlecht behandeln dürften. Sein Fraktionskollege Klaus Hagemann sagte, der bisherige Entwurf sei lediglich ein "Light-Gesetz", da müsse "noch Fleisch ran".
Bündnis 90/Die Grünen beklagten, die Bundesregierung habe "zu wenig Ehrgeiz" dabei gezeigt, die Länder ins Boot zu holen. Dabei sei dies aber vor allem deshalb wichtig, weil die Einrichtungen verlässlich wissen müssten, wie viel Geld ihnen in den kommenden Jahren zur Verfügung stehen werde, sagte die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Krista Sager. Zudem müsse dafür gesorgt werden, dass die Regelungen auf alle Forschungseinrichtungen angewendet würden — auch auf die, an denen die Länder stark beteiligt seien.
Sager bemängelte auch, dass bei der Ressortforschung "so wenig" erreicht worden sei. Für diese zahle der Bund, also sei er auch dafür zuständig. Man müsse überprüfen, warum so viele der guten Vorschläge aus dem Jahr 2008 "auf der Strecke geblieben" seien. Damals habe die FDP unter anderem eine steuerliche Forschungsförderung angeregt — daraus seien inzwischen "Hotelsubventionen und Betreuungsgeld" geworden. (suk)