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Das Herz von Gabriele Hiller-Ohm schlägt für Lübeck. Die Politikerin wurde in der Hansestadt geboren und studierte in Hamburg Germanistik, Geschichte und Pädagogik. Vor fast 30 Jahren trat sie in die SPD ein, da war die alleinerziehende Mutter gerade 30 Jahre alt. Weil ihr das Studium zu "kopflastig" war, begann sie danach noch eine Ausbildung zur Elektroinstallateurin. Sieben Jahre lang war Gabriele Hiller-Ohm einfaches SPD-Mitglied, aber ab 1990 begann ihre kommunalpolitische Karriere. Sie wurde Senatorin in der Lübecker Bürgerschaft, sammelte politische Erfahrungen und wurde 1999 von den Genossen zur Fraktionsvorsitzenden der SPD in der Lübecker Bürgerschaft gewählt.
Nach fast zwei Jahrzehnten erfolgreicher Kommunalpolitik im Norden wechselte Gabriele Hiller-Ohm in die Bundespolitik und kandidierte im Jahr 2002 erstmals erfolgreich für den Deutschen Bundestag. Ob dieser Wechsel für sie die richtige Entscheidung war, beantwortet sie mit einem klaren "Ja" und fügt an: "Die Arbeit im Bundestag war und ist eine große Herausforderung. Politik ist spannend, und ich möchte mein Mandat als Abgeordnete glaubwürdig, unbestechlich und mit viel Herzblut ausüben und das Vertrauen, das die Wähler in mich gesetzt haben, ehrlich erfüllen."
Gabriele Hiller-Ohm wollte nach dem Abitur eigentlich eine handwerkliche Ausbildung machen und Tischlerin werden. "Anfang der 1970er Jahre war es allerdings kaum möglich, dass junge Frauen in einem Männerberuf eine Lehrstelle fanden. Für mich war es sehr ernüchternd, dass es noch so viele Vorurteile gegenüber weiblichen Bewerberinnen gab. Heute ist das zum Glück anders, denn junge Frauen können in vielen Männerberufen Fuß fassen", sagt die Politikerin.
Da sie nicht Tischlerin werden konnte, studierte Gabriele Hiller-Ohm an der Universität Hamburg Germanistik, Geschichte und Pädagogik. Ihren Wunsch, einen Handwerksberuf zu erlernen, hatte die Hanseatin jedoch nicht aufgegeben. Als sie in Lübeck einen Handwerksmeister kennenlernte, der Elektroinstallateure ausbildete, sprach sie ihn an und fragte, ob er ihr eine Ausbildungschance geben würde. Er sagte, sie könne es gern versuchen, obwohl Gabriele Hiller-Ohm damals schon fast 30 Jahre alt war. Sie begann als Azubi noch einmal ganz von vorn. Rückblickend erzählt sie: "Leider dauerte die Ausbildung nur 18 Monate, dann ging der Betrieb in die Insolvenz und ich konnte keinen Abschluss machen. Es war trotzdem eine sehr wertvolle Erfahrung. Ich habe viel gelernt und war die einzige Frau unter den Auszubildenden in einem Männerberuf."
Mit 30 Jahren begann Gabriele Hiller-Ohm aber nicht nur eine handwerkliche Ausbildung, sie wurde auch Mitglied der Sozialdemokraten in Lübeck. "Engagiert hatte ich mich immer — vor allem in Frauengruppen, weil mich Themen wie Gleichberechtigung oder gleiche Bezahlung von Frauen und Männern schon immer interessierten. Ich kam aber zu der Erkenntnis, dass ich meine Energie ganz bewusst in die parteipolitische Arbeit einbringen will, weil ich so viel mehr erreichen könnte", sagt Gabriele Hiller-Ohm und fügt an: "Ich bin damals in Lübeck auf vielen Veranstaltungen der SPD gewesen und wurde irgendwann angesprochen, ob ich in die SPD eintreten wolle. Ich füllte den Mitgliedsantrag aus und wurde mit 30 Jahren Sozialdemokratin, ganz im Sinne meiner Großeltern".
Im Elternhaus von Gabriele Hiller-Ohm war Politik immer ein Thema, denn Mutter und Vater waren politisch sehr aktiv — allerdings in der CDU. "Meine Eltern waren geprägt von der Politik Adenauers, aber meine Großeltern mütterlicher- und väterlicherseits waren Sozialdemokraten, und an denen orientierte ich mich", erzählt die Abgeordnete.
Nachdem feststand, dass Gabriele Hiller-Ohm die handwerkliche Ausbildung nicht beenden kann, fand sie 1982 eine Stelle als freie Redakteurin bei der Wochenzeitung "Travespiegel" in Lübeck. "Ich interessierte mich bereits als Schülerin für den Journalismus und schrieb schon während der Zeit am Gymnasium Beiträge für die Jugendseiten der Lübecker Nachrichten. Ich bewarb mich und bekam die Stelle", erzählt Gabriele Hiller-Ohm. Schnell arbeitete sie sich als Journalistin ein und schrieb bald als freie Autorin auch für die Kieler Nachrichten sowie für die Kieler Rundschau.
Parteipolitisch war die junge Sozialdemokratin noch unerfahren, deshalb absolvierte sie in den ersten Jahren die "Ochsentour", wie sie es nennt. Sie besuchte viele Veranstaltungen, übernahm Aufgaben in verschiedenen Arbeitsgruppen und verpasste kaum eine Parteiversammlung.
"Damals fanden Parteiversammlungen noch in großen Sälen statt, weil so viele Mitglieder kamen. Wir waren so viele Genossinnen und Genossen, dass unsere Versammlungen nicht in kleinen Hinterzimmern stattfinden konnten. Politik interessierte viele Menschen, und der Zulauf der Parteien war groß", erzählt die Politikerin. Sieben Jahre lang engagierte sich Gabriele Hiller-Ohm kommunalpolitisch und lernte Politik von der Pike auf, mit allen Höhen und Tiefen. Sie machte sich einen Namen bei den Sozialdemokraten und bei den Menschen in Lübeck.
Im Jahr 1987 wechsele Gabriele Hiller-Ohm von der Wochenzeitung an die Fachhochschule Lübeck und baute dort die Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auf. Später übernahm sie die Leitung des Büros für die Teilnahme der Fachhochschule Lübeck am europäischen Berufsbildungs- und Mobilitätsprogramm "Leonardo Da Vinci". Es lief beruflich gut, und in der Partei war die Hanseatin inzwischen eine geachtete Persönlichkeit, deren Stimme und Meinung etwas galt.
1990 wurde sie in die Lübecker Bürgerschaft gewählt und konnte als Senatorin für Erwachsenenbildung nicht nur politische, sondern auch praktische Erfahrungen in der städtischen Verwaltung sammeln. "Politik für meine Stadt Lübeck zu gestalten, fand ich immer spannend, und es war für mich Herzenssache", resümiert die Abgeordnete. Das änderte sich auch nicht, als 1992 ihre Tochter geboren wurde. "Es ist nicht leicht Beruf, Politik und Familie unter einen Hut zu bringen," sagt Gabriele Hiller-Ohm rückblickend, "besonders, wenn man die Verantwortung alleine trägt. Leider wird selbst in der ehrenamtlichen Politik wenig Rücksicht auf private Belange genommen. Ich musste immer kämpfen. Ich kann deshalb Frauen verstehen, wenn sie für sich entscheiden: ‚Das tue ich mir nicht an’."
1999 war sie bis zu ihrer Wahl in den Bundestag Fraktionsvorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion, und seit 2008 ist sie stellvertretende Kreisvorsitzende der Sozialdemokraten in Lübeck. Ihr Engagement und ihre Ausdauer, Probleme anzupacken und Lösungen zu finden, wurden von der Partei hoch geschätzt. Gabriele Hiller-Ohm meisterte auch die Dreifachbelastung durch Beruf, Familie und politischem Ehrenamt sehr gut.
Fast 20 Jahre, nachdem Gabriele Hiller-Ohm in die SPD eingetreten war, suchten die Sozialdemokraten im Wahlkreis 11 Lübeck einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für den Abgeordneten Reinhold Hiller, der nicht mehr für den Bundestag kandidierte. Er hatte den Wahlkreis als Nachfolger von Björn Engholm zuvor fünf Mal hintereinander für die SPD gewonnen. Schnell fiel der Name Gabriele Hiller-Ohm, denn sie war eine ehrenamtliche Politikerin, die für die Parteiarbeit brannte und sich mit Herzblut engagierte. Sie brachte kommunalpolitische Erfahrungen mit und war im Wahlkreis bekannt.
"Ich entschied mich, den Schritt in die Bundespolitik zu wagen und wurde auf dem Kreisparteitag zur Kandidatin gewählt", sagt die Abgeordnete. Gabriele Hiller-Ohm überzeugte die Wähler gleich bei ihrer ersten Kandidatur als Direktkandidatin für den Deutschen Bundestag. Sie erzielte ein Wahlergebnis von sensationellen 50,8 Prozent für die Sozialdemokraten in Lübeck und lag zwölf Prozent über dem Gesamtergebnis der SPD. Bei ihrer zweiten Kandidatur im Jahr 2005 gewann Gabriele Hiller-Ohm 49,7 Prozent der Erststimmen und lag damit mehr als 15 Prozent über dem Ergebnis der Sozialdemokraten.
Nach weiteren vier Jahren erfolgreicher Arbeit als Bundestagsabgeordnete kandidierte die Hanseatin auch 2009 für den Bundestag, aber da waren die Vorzeichen für die SPD sehr viel schlechter. Rückblickend sagt Gabriele Hiller-Ohm: "Der Wahlkampf im Jahr 2009 unterschied sich sehr deutlich von den Wahlkämpfen der vorherigen Bundestagswahlen. Die Wähler waren von den Sozialdemokraten tief enttäuscht, das merkte man bei vielen Gesprächen auf Wahlkampfveranstaltungen oder auf Podiumsdiskussionen. Dass die SPD die Rente mit 67 und die Hartz-IV-Gesetze eingeführt hatte, war ein Vorwurf, den ich von den Menschen immer wieder hörte."
Obwohl Gabriele Hiller-Ohm auch 2009 um jede Stimme kämpfte, konnte sie lediglich ein Wahlergebnis von 36,7 Prozent erzielen. Da war es ein schwacher Trost, dass sie mit fast 14 Prozent wieder deutlich über dem Bundeswahlergebnis der SPD lag. Heute sagt sie: "Wir müssen Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückgewinnen. Mein politischer Kompass ist — so lange ich denken kann — auf eine gerechte, solidarische Gesellschaft ausgerichtet. Deshalb setze ich mich für gute Arbeit und faire Löhne, echte Gleichstellung für Frauen und erstklassige Bildung ohne Gebühren für alle ein. Mein Ziel ist es, allen Menschen gerechte Chancen zu eröffnen und Armut in unserem reichen Land abzuschaffen. Auch dafür sitze ich im Deutschen Bundestag."
Gabriele Hiller-Ohm ist im Bundestag ordentliches Mitglied in den Ausschüssen für Arbeit und Soziales sowie Tourismus und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. (bsl/07.09.2012)