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"Die deutsche Wirtschaft ist robust." Und mit gezielten Maßnahmen will Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) besonders industrielle Arbeitsplätze sichern. "Es geht nicht nur darum, energieintensive Unternehmen insgesamt zu entlasten, sondern die gesamte deutsche Wirtschaft", betonte der Minister am Donnerstag, 13. September 2012, in der Haushaltsdebatte des Bundestages. Er forderte, dass Energie bezahlbar bleiben müsse. Dazu müsse es zu einer Kürzung der Subventionen für erneuerbaren Energien kommen. Röslers Etatentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie für 2013 sieht im kommenden Jahr Ausgaben von rund 6,18 Milliarden Euro vor. Das sind 71,6 Millionen Euro mehr als im Haushalt dieses Jahres.
Der Wirtschaftsminister sparte nicht mit Angriffen auf Rot-Grün. In der Regierungszeit von SPD und Grünen seien eine Million sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze verloren gegangen. Seitdem Schwarz-Gelb regiere, "sind 1,1 Millionen neue Arbeitsplätze aufgebaut worden". Auch in wirtschaftlich schwieriger werdenden Zeiten stehe das deutsche Wirtschaftswachstum in Europa an der Spitze. Die letzten drei Jahre christlich-liberaler Koalition hätten Deutschland sehr gut getan. Die Politik der Regierung habe sich bewährt und werde fortgesetzt.
"Wirtschaftspolitische Konzepte mit immer Schulden ohne Reformen haben sich überholt", sagte Rösler und empfahl, "sich auf die Tugenden der sozialen Marktwirtschaft zu besinnen". Statt dessen würden SPD und Grüne in die wirtschaftspolitische Mottenkiste der siebziger Jahre greifen. Mit Forderungen nach einer Vermögensteuer fahre Rot-Grün einen Angriff auf den unternehmerischen Mittelstand und gefährde damit Arbeitsplätze. "Ein solcher Weg ist mit uns definitiv nicht zu machen", sagte Rösler.
Während sich die Regierung gegen Fachkräftemangel und für die Sicherung der Rohstoffversorgung engagiere, bestehe der einzige Beitrag der Opposition in der Forderung nach einer Abwrackprämie für Fahrräder. Da sei naiv und "nicht angemessen für eine Industrienation", die sich laut Rösler durch die zunehmende Verbindung von Industrie und Informationstechnik in der "vierten industriellen Revolution" befindet.
Zur Sicherung der Industrie müsse es bezahlbare Energiepreise geben. SPD und Grüne hätten eine Reduzierung der Fotovoltaik-Förderung verhindert. "Es gibt 100.000 Arbeitsplätze in der Solarwirtschaft, aber 800.000 im Bereich der energieintensiven Unternehmen. Denen fühlen wir uns genauso verpflichtet wie in allen anderen Branchen auch", sagte Rösler.
Hubertus Heil (SPD-Fraktion) warf Rösler vor, keine Ministerrede gehalten zu haben, sondern die Rede eines FDP-Vorsitzenden, "dem das Wasser bis zum Hals steht". Das Problem in der Wirtschaftspolitik sei, dass Rösler seinen Job nicht mache und dass es keine Koordinierung der Wirtschaftspolitik in Europa gebe. Rösler habe sich auf der guten konjunkturellen Entwicklung der letzten Jahre ausgeruht.
In der Energiepolitik fahre die Regierung einen Zick-Zack-Kurs und werde damit zum Investitionshindernis. Heil legte ein Bekenntnis zur Industrie ab und verteidigte auch die Strompreisrabatte für energieintensive Unternehmen. Aber die Koalition habe die Ausnahmen von der Energiebesteuerung selbst auf Betriebe ausgeweitet, die noch Reserven bei der Energieeffizienz hätten.
"Deutschland geht es gut, und ich bin es leid, dass immer nur gejammert wird", ärgerte sich Michael Fuchs (CDU/CSU) über seinen sozialdemokratischen Vorredner, dem er vorwarf, zum großen Teil "heillosen Unsinn" zu verbreiten. Fuchs verwies auf die Gefahr für die Industrieproduktion durch die gestiegenen Energiepreise: So sei der Strompreis seit 1998 um acht Prozent gestiegen, aber die Steigerung bei Steuern und Abgaben auf den Strompreis habe 178 Prozent betragen.
Er verwies auf die USA, wo es angesichts neuer Öl- und Gasfördermethoden eine Reindustrialisierung gebe. Dagegen könnten in Deutschland Carbonfasern nicht mehr wettbewerbsfähig hergestellt werden, weil die Fotovoltaik in nicht mehr verantwortbarer Weise gefördert werde. Die mit Solarfonds erreichbare Rendite von neun Prozent sei "unanständig" und bedeute eine Umverteilung von unten nach oben, kritisierte Fuchs.
Für Roland Claus (Die Linke) ist mit dem Etat des Wirtschaftministeriums kein Staat und erst recht keine Wirtschaftspolitik zu machen. Wenn man von den sechs Milliarden Euro Ausgaben des Etats die Subventionen für Steinkohle und Raumfahrt abziehe, würden für Wirtschaftspolitik gerade ein Prozent des Bundesetats zur Verfügung stehen.
Zudem beklagte Claus, dass Ostdeutschland wirtschaftlich langsamer wachse als der Westen: "So geht Aufholen nicht."
Wenn die Konjunktur nachlasse, werde der ganze Haushalt Makulatur sein, warnte Kerstin Andreae (Bündnis 90/Die Grünen). Der Minister habe die Wachstumsprobleme in Europa nicht auf dem Radar, kritisierte Andreae. In der Energiepolitik müssten die Steuervergünstigungen auf energieintensive Betriebe beschränkt bleiben. Doch die Koalition habe die Ausnahmen verzehnfacht. Selbst die nicht im internationalen Wettbewerb stehende Braunkohle bekomme Preisreduzierungen.
Andreae verlangte außerdem, die Staatsverschuldung zu reduzieren, was durch eine Vermögensabgabe geschehen könne.
Dagegen sprach sich Florian Toncar (FDP) strikt gegen Steuererhöhungen aus.
Man müsse alles lassen, was Arbeitsplätze gefährden könne, sagte Toncar.
Einen Schwerpunkt des Wirtschaftsetats bildet die technologieoffene Förderung des innovativen Mittelstandes, für die 756 Millionen Euro bereitgestellt wird. Außerdem gibt es das zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (510 Millionen) sowie die Förderung der Forschungsinfrastruktur mit 199 Millionen.
Größter Ausgabenschwerpunkt ist allerdings die Luft- und Raumfahrt mit 1,4 Milliarden Euro. Unter dem Begriff "Neue Mobilität" stehen 106 Millionen Euro zur Verfügung. Zu den großen Programmen zählt auch die Investitionsförderung in strukturschwachen Regionen (Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur) mit 569 Millionen Euro.
Im Energiebereich macht die Förderung des Absatzes deutscher Steinkohle mit rund 1,16 Milliarden Euro den größten Block aus. Die Fördersumme sinkt nur um 37 Millionen Euro. 2013 werden nur noch drei Zechen Steinkohle fördern, wird im Haushaltsentwurf erläutert. Die Steinkohleförderung ist damit weiter mit Abstand die größte Finanzhilfe des Bundes, gefolgt von der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur".
Für die Wismut GmbH, die den ehemaligen DDR-Uranbergbau abwickelt, sollen 148 Millionen Euro gezahlt werden. Für Energieeffizienz sollen 115 Millionen Euro bereitgestellt werden. Die Außenwirtschaftsförderung umfasst ein finanzielles Volumen von 300 Millionen Euro. (hle/13.09.2012)