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Der vom Kabinett zuvor beschlossene Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2012 stand im Mittelpunkt der Regierungsbefragung am Mittwoch, 26. September 2012. Innenminister Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU), der den Bericht im Plenum des Bundestages vorstellte, bezeichnete vor allem die gesunkene Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern als "erfreulich" – auch wenn die Arbeitslosenquote dort noch deutlich über dem Niveau in den alten Ländern liege, wie er einräumte.
Ostdeutschland habe noch wirtschaftlichen Nachholbedarf – dennoch könne man die ostdeutschen Bundesländer nicht mehr über einen Kamm scheren: "Es gibt dort sowohl Boom-Regionen als auch wirtschaftlich schwache Regionen." Dennoch zeige der Bericht, dass ostdeutsche Unternehmen im Hinblick auf die Innovationsfähigkeit hinterherhinkten, so der Minister.
"Die Wirtschaft in den neuen Bundesländern ist kleinteiliger", sagte Friedrich. Dies wirke sich negativ auf die Innovationsfähigkeit der Unternehmen aus. "Sie brauchen und sie bekommen deshalb auch weiterhin Unterstützung."
Der demografische Wandel treffe den Osten besonders. "Das ist auch der Grund, weshalb wir – der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer und ich – uns für eine Fortsetzung der EU-Förderung einsetzen", bekräftigte der CSU-Politiker. Es werde zwar nicht ganz einfach werden, diese zu bekommen, doch Ostdeutschland brauche weiterhin ein "Sicherheitsnetz".
Als drittes Problem thematisierte Friedrich den "drohenden Fachkräftemangel" – eine weitere besondere Herausforderung, der sich ostdeutsche Unternehmen zu stellen hätten. Die Bundesregierung sei hier aber "auf einem guten Weg", die Unternehmen zu unterstützen.
Ralph Lenkert, Abgeordneter der Linksfraktion, interessierte sich vor allem für den geplanten Verkauf der bundeseigene Wohnungsgesellschaft TLG Immobilien. Er erkundigte sich, weshalb die von der Linken ins Leben gerufene "Treuhandliegenschafts-Genossenschaft Fairwohnen" vom Bieterverfahren um die Gesellschaft und ihre insgesamt 11.500 Wohnungen im Osten ausgeschlossen worden sei.
Der Minister antwortete, mit dem Thema beschäftige sich der aktuelle Bericht zum Stand der deutschen Einheit nicht. Friedrich verwies stattdessen auf einen noch ausstehenden Bericht des zuständigen Wohnungsbauministers Dr. Peter Ramsauer (CSU).
Dessen Vorgänger im Amt, Wolfgang Tiefensee (SPD), wollte hingegen wissen, ob Friedrich seine Auffassung teile, dass der Osten sich zwar positiv entwickelt habe, nun aber dieser Trend stagniere. "Es droht ein Negativtrend", sagte Tiefensee. "Zwischen den Löhnen in Ost und West geht die Schere auf." Man brauche einen Mindestlohn, so der Sozialdemokrat. Dass die Regierung sich dagegen sträube, sei zusätzlich "kontraproduktiv."
Der Minister wies dies zurück: "Ich teile auch nicht Ihre Einschätzung, dass der Osten insgesamt zurückfällt." Es gebe unterschiedliche Entwicklungen, aber neben schwachen Regionen eben auch Boom-Regionen, betonte Friedrich. Insgesamt sehe er Ostdeutschland aber auf einem guten Weg in Richtung "Angleichung". Die Schwankungen im Bruttoinlandsprodukt seien vor allem darin begründet, dass die alten Bundesländer von der Wirtschaftskrise stärker betroffen gewesen seien – und sich danach wieder stärker erholt hätten.
Arnold Vaatz (CDU/CSU) begrüßte diese Klarstellung: "Der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts je Einwohner um zwei Prozent im Osten ist auf diese Unterschiede in der Krise zurückzuführen. Das beweist aber auch, dass es in Ostdeutschland ein Wachstum gegeben hat." Er fragte den Minister, welche Instrumente und Maßnahmen auf Bundes-, Länder- und Kommunenebene ergriffen werden sollten, um dem demografischen Wandel und seinen Konsequenzen entgegenzuwirken.
Friedrich verwies in diesem Zusammenhang auf den ersten Demografie-Gipfel im Oktober: "Am 4. Oktober werden verschiedene Arbeitsgruppen eingesetzt, die Lösungsansätze erarbeiten, welche der Lage vor Ort gerecht werden."
Patrick Kurth (FDP) sagte, der Bericht belege erneut die Lohnunterschiede zwischen West und Ost. "Sie wissen auch: Netto macht den Unterschied", so der Abgeordnete zum Minister und fragte nach dessen Haltung zur Abschaffung der sogenannten "kalten Progression". Diese betreffe auch gerade viele Leistungsstarke in Ostdeutschland. Friedrich bezog klar Stellung mit Blick auf das vom Bundesrat abgelehnte Gesetz, das die kalte Progression abmildern soll: "Die kalte Progression trifft Menschen in Ost und West. Ich verstehe nicht, warum wir diese Regelung nicht korrigieren."
Stephan Kühn (Bündnis 90/Die Grünen) wies schließlich darauf hin, dass 22 Prozent der Arbeitnehmer im Osten im Niedriglohnsektor beschäftigt seien. "Was wollen Sie dagegen tun?", fragte er. Als problematisch empfinde er auch das Auslaufen der Altschuldenhilfe für ostdeutsche Wohnungsunternehmen, so der Abgeordnete.
Innenminister Friedrich entgegnete, dass diese nicht fortgesetzt werde, sei von den Ländern selbst gefordert worden. Zentral sei es aus seiner Sicht stattdessen, Wirtschaft und Unternehmen zu stärken: "Das ist die Idee einer dynamischen Wirtschaft, die wir verfolgen." (sas/26.09.2012)