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Mitmachen mit der Macht: Kinder und Jugendliche sollten an kommunalen Entscheidungsprozessen stärker beteiligt werden. Dies zeichne eine kinderfreundliche Kommune in erster Linie aus. Darin waren sich die vier Sachverständigen, die zu einer öffentlichen Anhörung der Kinderkommission (Kiko) am Mittwoch, 24. Oktober 2012, zum Thema "Woran erkennt man eine kindgerechte Kommune?" geladen waren, einig. Ohnehin herrschte in der Sitzung der Kiko zwischen Sachverständigen und Abgeordneten unerwartete Harmonie.
Denn selbst beim sonst so strittigen Punkt der Finanzierung war der einhellige Standpunkt: Klamme kommunale Kassen dürften keine Ausrede sein. "Es ist nicht so sehr das Geld entscheidend", machte Nicole Bracht-Bendt (FDP) klar. Vielmehr müsse der Gedanke der Teilhabe von Kindern in den Köpfen ankommen. "Denn Beteiligung steht und fällt mit den Menschen vor Ort." Dennoch müsse darüber nachgedacht werden, wie Finanzierungskonzepte sichergestellt werden können, so Beate Walter-Rosenheimer (Bündnis 90/Die Grünen). Eckhard Pols (CDU/CSU) plädierte für "phantasievolle Kämmerer" in den Rathäusern.
Dr. Heide-Rose Brückner vom Verein kinderfreundliche Kommunen stellte in der Sitzung der Kinderkommission ein Projekt für Teilhabe von Heranwachsenden am städtischen Leben vor. Bisher beteiligen sich an diesem sechs deutsche Kommunen, die Kosten für die Städte liegen zwischen 4.000 und 16.000 Euro. "Beteiligung von Kindern ist keine Goodwill-Veranstaltung. Das ist ein langfristiger Prozess – auch als Antwort auf den demokratischen Wandel", sagte Brückner deutlich.
Experte Jens Hubald von der IPS Steinbrecher und Partner Ingenieurgesellschaft ergänzte: "Wenn ich Kinder und Jugendliche beteilige, baue ich auch Demokratie von unten auf." Somit sei Teilhabe eine gesamtgesellschaftliche Frage, die jedoch – in den Augen von Anne Lütkes hierzulande nicht positiv beantwortet werde. "Artikel drei der UN-Kinderrechtskonvention zum Wohl des Kindes wird in Deutschland nicht gelebt", sagte die Sachverständige von Unicef und dem Deutschen Kinderhilfswerk.
Wichtigste Botschaft müsse sein, dass die handelnden Verwaltungen vor Ort Kinderrechte mit einbeziehen. Denn: "Eine kinderfreundliche Kommune verpflichtet sich zur Beteiligung von Kindern." Dabei gehe es nicht um Teilnahmemöglichkeiten in Form von Jugendparlamenten, sondern um "harte Beteiligung" in Entscheidungsprozessen, wie Lütkes es nennt.
Larissa Meinunger vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge merkte an, dass Kinderfreundlichkeit bereits bei der Stadtgestaltung beginne. Hier müsse das Bild der "kurzen Beine, kurzen Wege" gelten, so die Expertin. Jens Hubald stimmte zu und führte als Beispiel die Spielplätze an. "Oft sind diese liebevoll gestaltet, aber dort, wo sie am wenigsten stören", so der Sachverständige. Dies sei symptomatisch für die Berücksichtigung der Belange des Kindes in politischen und gesellschaftlichen Prozessen.
Vorsitzende Diana Golze (Die Linke) sieht bei der Diskussion um Beteiligungsmöglichkeiten auch den Bund in der Verantwortung. Dennoch dürfe man es den Kommunen nicht zu einfach machen. Denn wenn die Stimmen der Kinder gehört werden, habe dies positive Effekte in jeglicher Beziehung. (ldi/25.10.2012)