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Raumnot in Asylbewerberheimen, Erdgas-Fracking, Nebeneinkünfte des EZB-Chefs Mario Draghi – nur drei von insgesamt 66 Themen (17/11094), zu denen Abgeordnete des Bundestages Fragen für die Fragestunde am Mittwoch, 24. Oktober 2012, eingereicht haben. Ralph Lenkert (Die Linke), Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, will sich dann nach der Umsetzung des "Nationalen Entsorgungsplans" erkundigen. 2002 im Parlament beschlossen, sollen darin das weitere Vorgehen und ein Zeitplan für die Entsorgung radioaktiver Abfälle und insbesondere deren Endlagerung dargelegt werden. Außerdem ist ein Entsorgungskonzept geplant für wärmeentwickelnden, also hoch radioaktiven Müll, wie etwa Brennstäbe aus Atomkraftwerken. Warum der Abgeordnete aus Jena die Bundesregierung auffordert, einen solchen Plan umgehend vorzulegen, erklärt er im Interview:
Herr Lenkert, Sie wollen wissen, warum der Nationale Entsorgungsplan bislang nicht umgesetzt wurde – und wann in dieser Legislaturperiode damit zu rechnen ist. Warum haken Sie gerade jetzt nach?
Einmal im Jahr erscheint eine Berichtsliste, also eine Übersicht über die Berichte, die die Bundesregierung abzugeben hat. In dieser Liste ist der Bericht zum Nationalen Entsorgungsplan offen. Wir reden gerade über ein Endlagersuchgesetz, das ins Parlament eingebracht werden soll. Da muss es doch diesen Bericht geben! Laut Beschluss des Bundestages soll er mindestens einmal in der Legislaturperiode vorgelegt und spätestens ein Jahr nach dem ersten Zusammentreten des Bundestages vorliegen. Das ist 2010 aber nicht passiert. Wir hatten 2010 den Ausstieg aus dem Atomausstieg, dann nach Fukushima 2011 den erneuten Ausstiegsbeschluss – da ist der Bericht wohl untergegangen. Aber jetzt sollte er vorgelegt werden. Es wird Zeit!
Die Suche nach einem Endlager für strahlenden Müll aus Deutschlands Atomkraftwerken läuft seit Jahrzehnten. Welche Rolle spielt dieser Plan in der Endlagerfrage?
Wenn ich ihn kennen würde, könnte ich die Frage beantworten. Das Problem ist: Es gibt den Plan nicht – obwohl es ihn geben müsste. Der Entsorgungsplan sollte vor allem die Rahmenbedingungen festlegen, welche ein Endlager – ganz abgesehen vom Standort – erfüllen muss.Er müsste klären, ob alle Arten von atomarem Müll in einem Lager gelagert werden sollen, ob man für verschiedenartige radioaktive Stoffe und Reste unterschiedliche Lager nutzen will und ob diese zurückholbar sein sollen. Zu solchen Fragen erwarte ich Konzepte von der Bundesregierung sowie einen Zeitplan, wann welche Entscheidung mit welcher Öffentlichkeitsbeteiligung getroffen werden soll.
Umweltminister Peter Altmaier (CDU) hat einen überarbeiteten Gesetzentwurf zur Endlagersuche vorgelegt. Danach soll die Erkundung von Gorleben eingestellt, der Salzstock aber bei einer "ergebnisoffenen" Suche im Rennen bleiben. Wie steht die Linksfraktion dazu?
Wir lehnen Gorleben komplett ab. Gorleben ist "verbrannt". Unehrlichkeit, falsche Gutachten, die Bevölkerung wurde nicht ordentlich informiert und eingebunden – all diese Faktoren lassen mich sagen: Gorleben ist definitiv aus dem Rennen. Mal ganz abgesehen davon, kann der Salzstock nie und nimmer Endlager sein, weil in ihn explosives Erdgas eindringt. Welche Gefahren dies birgt, zeigt ein Unfall, der sich 1969 bei Lenzen in der DDR im selben Salzstock ereignet hat. Dort wurde nach Gas gebohrt, dann gab eine Explosion: ein Bohrturm flog in die Luft, ein Mann kam ums Leben.
Gorleben ist also politisch tot, vor allem aber geologisch nicht geeignet?
Richtig.Es ist Gas im Salzstock, außerdem fehlt das Deckgebirge.Ich habe den Verdacht, dass Gorleben nur deshalb im Rennen bleiben soll, weil sich die Regierung davor fürchtet, der Bevölkerung offen zu sagen, dass man in der ganzen Bundesrepublik nach einem geeigneten Lager suchen muss.
Was ist Ihre Erwartung an das Endlagersuchgesetz?
Es sollte vor allem die Bedingungen für eine sichere Lagerstätte festlegen. Wobei wir als Linksfraktion ein "Endlager" für unmöglich halten. Den Abfall 100 Millionen Jahre sicher von der Umwelt abzuschließen, ist eine unlösbare Aufgabe. Wir wollen stattdessen eine sichere Verwahrung. Denn: Wir können heute nicht wissen, wie sich die Technik weiterentwickelt und wie sich die Gegebenheiten in der Erde verändern. Deshalb sind wir überzeugt, dass es immer möglich sein muss, den Müllwieder zurückzuholen.
Und das wäre in Gorleben nicht möglich?
Definitiv nicht. Salz schließt den Müll zu stark ein – eine Rückholbarkeit wäre nicht gewährleistet.
(sas/23.10.2012)