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Die deutsche Asylpolitik bleibt im Bundestag zwischen der schwarz-gelben Koalition und den drei Oppositionsfraktionen heftig umstritten. Während SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen am Mittwoch, 7. November 2012, insbesondere ein Ende der sogenannten Residenzpflicht für Asylbewerber forderten, verteidigten Vertreter von Union und FDP die Asylpolitik der Bundesregierung.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Dr. Ole Schröder (CDU), betonte, Deutschland habe aufgrund seiner Vergangenheit eine "besondere Verantwortung für die Flüchtlinge weltweit" und werde dieser Verantwortung "auch in besonderer Weise gerecht". Allein bis Ende Oktober dieses Jahres seien 50.344 Asylerstanträge gestellt worden; hinzu kämen mehr als 11.000 Folgeanträge.
Man müsse aber auch sehen, "dass es Asylmissbrauch gibt". So kämen zunehmend Menschen aus Serbien und Mazedonien, die "überhaupt nicht verfolgt werden". Bis Oktober 2012 habe es 10.775 Asylerstanträge aus beiden Herkunftsländern gegeben. Da Kommunen an ihre Kapazitätsgrenzen stießen, seien zügige Asylverfahren wichtig. Dazu sei die Residenzpflicht "ein wichtiger Baustein". Sie stelle sicher, dass sich Asylbewerber tatsächlich an dem ihnen zugewiesenen Ort aufhalten, damit das Asylverfahren durchgeführt werden könne.
Für Die Linke forderte deren Abgeordnete Halina Wawzyniak das Ende der Residenzpflicht, die besage, dass ein Verlassen des einem Flüchtling zugewiesenen Kreises nur mit Erlaubnis der örtlichen Behörden möglich ist. "Schaffen Sie diese diskriminierende Regelung ab. Stellen Sie die Geflüchteten den anderen hier lebenden Menschen endlich gleich", sagte Wawzyniak in der von ihrer Fraktion beantragten Aktuellen Stunde.
Sie verwies darauf, dass Flüchtlinge, die am Brandenburger Tor in Berlin für ihre Forderungen werben würden, sich bis 1. November Woche im Hungerstreik befanden. Die Staatsmacht denke jedoch nicht daran, die Lebensverhältnisse von Asylsuchenden zu ändern, sondern habe mit bürokratischen Auflagen reagiert, die "unsinnig" und "menschenverachtend" seien wie das Verbot von Sitzkissen als Unterlagen bei Demonstrationen.
Die SPD-Parlamentarierin Daniela Kolbe sagte, ihr sei im Gespräch mit den Flüchtlingen am Brandenburger Tor deutlich geworden, dass ein "massiver Leidensdruck dahinter steckt", wenn man dort bei kalter und nasser Witterung in den Hungerstreik tritt. Die Forderungen dieser Flüchtlinge müsse man ernst nehmen, auch wenn sie nicht alle dieser Forderungen teilen könne.
Die SPD-Abgeordnete fügte hinzu, die Residenzpflicht sei "absurd". Dabei habe sie die Begründung für die Residenzpflicht so verstanden, dass es darum gehe, die Lastenteilung zwischen den Landkreisen sicherzustellen. Dies könne jedoch auch anders organisiert werden. Die Residenzpflicht sei "ein Relikt aus der achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts", das nur diskriminiere. "Deshalb sollten wir sie abschaffen", betonte Kolbe.
Grünen-Fraktionsvize Josef Philip Winkler mahnte, das Handeln der Bundesregierung habe sich an dem vom Bundesverfassungsgericht geprägten Satz "Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren" zu messen. Das Asylrecht in Deutschland sei jedoch "weder christlich noch besonders liberal". Die Residenzpflicht sei menschenrechtswidrig, überflüssig und nicht sachgerecht. "Deswegen muss man sie abschaffen", forderte Winkler.
Dabei sei eine Abschaffung sowohl der Residenzpflicht als auch des Asylbewerberleistungsgesetzes zeitgerecht. Die Flüchtlinge träten nicht "aus Jux und Dollerei" in einen Hungerstreik, sondern, "um auf die unzumutbare Lage von Menschen in unserem hochentwickelten und nicht so armen Land aufmerksam zu machen".
Der FDP-Abgeordnete Hartfrid Wolff unterstrich, dass es immer wieder Vorschläge zur Abschaffung der Residenzpflicht und zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes gegeben habe, auch in der laufenden Legislaturperiode. Verbesserungen im Asyl- und Ausländerrecht seien immer wieder zu prüfen, doch müsse es dabei auch um die Folgen für alle Beteiligten gehen. Seine Fraktion sei stolz auf die Erfolge der Koalition in der Zuwanderungs- und Integrationspolitik. "Wir haben die Weichen für eine Kultur des Willkommens gestellt", sagte Wolff.
Die Koalition erschließe die Chancen der Zuwanderung für Deutschland besser und stärke den Zusammenhalt der "durch Zuwanderung bereicherten Gesellschaft". Sie habe etwa den Einstieg in eine "dauerhafte bundesgesetzliche Bleiberechtsregelung geschaffen" und die Residenzpflicht von Geduldeten und Asylbewerber gelockert.
Der CDU-Abgeordnete Reinhard Grindel wandte sich gegen eine "ungesteuerte Zuwanderung". Für eine erfolgreiche Integrationspolitik brauche man auch die "Aufnahmebereitschaft der heimischen Bevölkerung", argumentierte er. Die Residenzpflicht sei keine Schikane, sondern habe vor allem das Ziel einer Lastenverteilung. Zudem ließen sich kurze Verfahren und eine Aufhebung der Residenzpflicht nicht miteinander vereinbaren.
Natürlich habe auch die Residenzpflicht den Zweck, dass "diejenigen, die sich zu Unrecht auf das Asylrecht berufen, in ihre Heimatländer zurückgeführt werden". Denn die Bevölkerung werde eine "Politik nach dem Motto ,Wer ein Recht hat, in Deutschland zu leben, bleibt hier, und wer kein Recht hat, in Deutschland zu leben, bleibt auch hier‘" nicht mitmachen. (sto/07.11.2012)