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Die geplanten Änderungen an der bisherigen Kronzeugenregelung werden begrüßt, die grundsätzlichen Bedenken gegenüber der Regelung bleiben jedoch bestehen. So äußerten sich am Mittwoch, 12. Dezember 2012, die eingeladenen Experten in einer öffentlichen Sitzung des Rechtsausschusses unter Vorsitz von Siegfried Kauder (CDU/CSU) zur geplanten Änderung des Paragrafen 46 des Strafgesetzbuches (Kronzeugenregelung). Die Bundesregierung hatte einen Gesetzesentwurf (17/9695) eingebracht, der die bisherigen Vorgaben ändern soll. In Zukunft soll es eine Verbindung zwischen der Straftat, die der Kronzeuge begangen hat, und der Straftat geben müssen, über die er Informationen weitergibt, geben, um einen Deal mit der Justiz auszumachen. Dies war bisher nicht der Fall. Damit sollen eine übermäßige Strafmilderung für den Zeugen und eventuelle Falschaussagen verhindert werden.
Die Experten begrüßten nun die Änderungsvorschläge, sehen die Kornzeugenregelung an sich aber kritisch. So sagte Prof. Dr. Alfred Dierlamm von der Bundesrechtsanwaltskammer, dass die Kronzeugenregelung Probleme mit dem Legalitäts-, Gleichheits- und Schuldprinzip der Rechtsordnung aufwerfe. Sie privilegiere denjenigen, der die schwerere Straftat begangen habe, und fördere die Falschaussage. Zudem begünstige sie "Denunziantentum und Bespitzelung", was "der freiheitlich–demokratischen Grundordnung nicht würdig" sei. Die Verbindungszwang zwischen den Straftaten jedoch führe dazu, dass nur derjenige aussage, der auch tatsächlich Insiderwissen habe. Das wiederum senke die Wahrscheinlichkeit von Falschaussagen.
Dem pflichtete Thomas Glienke von der Staatsanwaltschaft Berlin bei. Der engere Bezug zwischen der Straftat und dem Zeugen verhindere die Entstehung eines kommerziellen Handels mit Informationen.
Oliver Huth, Kriminalkommissar aus Düsseldorf, forderte eine Evaluierung der bisherigen Regelung, bevor es um eine Änderung derselben gehe. Allerdings behindere die Konnektivitätspflicht die Arbeit der Kriminalbeamten. Für eine weitere Untersuchung der bisherigen Regelung sprach sich auch Prof. Dr. Johannes Kaspar, Juristische Fakultät der Universität Augsburg, aus.
Noch gebe es keine empirischen Beweise für die Notwendigkeit der Gesetzesänderung und die Kronzeugenregelung insgesamt. Richter hätten auch bisher schon die Möglichkeit, bei der Auswahl des Strafmaßes Geständnisse zu berücksichtigen.
Dr. Stefan König, Vorsitzender des Strafrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins, gab die Idee einer Kronzeugenregulierung und der Einführung eines "Kollaboration-Gesetzes" zu Protokoll. Dieses solle eine Verurteilung allein auf Aussage eines Kronzeugen verhindern.
Clemens Lückemann, Generalstaatsanwalt in Bamberg, kritisierte die Änderung "zumindest für die Prävention von Straftaten". Hier seien die zu schützenden Rechtsgüter oftmals "zu hoch", um auf Informationen zu verzichten. (jbb/12.12.2012)