Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2012
Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) gibt am Freitag, 30. November 2012, ab 9 Uhr eine 20-minütige Regierungserklärung im Bundestag zu den "Fortschritten beim Anpassungsprogramm für Griechenland" ab. Zur anschließenden 90-minütigen Aussprache hat das Bundesfinanzministerium einen Antrag mit dem Arbeitstitel "Finanzhilfen für Griechenland" (17/11647) mit mehreren Anlagen (17/11648, 17/11649, 17/11669) vorgelegt, über den namentlich abgestimmt werden soll. Der Antrag trägt den Titel "Änderungen im bestehenden Anpassungsprogramm für Griechenland – Änderung der Garantieschlüssel; Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages nach Paragraf 3 Absatz 1 in Verbindung mit Paragraf 3 Absatz 2 Nummer des Stabilisierungsmechnismusgesetzes".
Zur Regierungserklärung hat Die Linke einen Entschließungsantrag vorgelegt, in dem verlangt wird, den Vereinbarungen der Euro-Finanzminister vom 26./27. November nicht zuzustimmen (17/11706). Zum Antrag des Ministeriums liegt ein Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/11731) vor, wonach sich die Bundesregierung dafür einsetzen sollte, dass eine langfristig realistische Perspektive der Schuldentragfähigkeit Griechenlands entwickelt wird.
In dem Antrag bittet das Bundesfinanzministerium den Bundestag zuzustimmen, dass die nächste Tranche in Höhe von 43,7 Milliarden Euro im Rahmen des zweiten Anpassungsprogramms für Griechenland bereitgestellt werden kann. Dazu müssen die Bedingungen der Finanzhilfefazilität geändert werden.
Der Bundestag hatte am 27. Februar 2012 einer Vereinbarung über die Gewährung einer Notmaßnahme der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) zugunsten Griechenlands in Form von Darlehen zugestimmt. Der Bundesfinanzminister wurde ermächtigt, die für die Finanzierungsgeschäfte dieses vorläufigen Euro-Rettungsschirms notwendigen Gewährleistungen zu übernehmen.
Die Darlehen der EFSF an Griechenland haben eine Gesamthöhe von bis zu 144,6 Milliarden Euro. In einer ersten Tranche wurden bislang 73,9 Milliarden Euro bereitgestellt. Nach einer weiteren Tranche von 43,7 Milliarden Euro hätte Griechenland insgesamt 117,6 Milliarden Euro erhalten.
Die beabsichtigten Änderungen im zweiten Anpassungsprogramm beinhalten nach Ministeriumsangaben eine bessere Programmsteuerung. So soll die Tranche in Teilbeträgen ausgezahlt werden, um über die ursprünglich geplanten Überprüfungen hinaus die Auszahlung an die Umsetzung weiterer Reformschritte in Griechenland im ersten Quartal 2013 zu knüpfen.
In der ersten Teil-Tranche sollen 10,6 Milliarden Euro zur Haushaltsfinanzierung und 23,8 Milliarden Euro zur Rekapitalisierung und Abwicklung von Banken ausgezahlt werden.
Die übrigen 9,3 Milliarden Euro sollen in Teilbeträgen im ersten Quartal 2013 ausgezahlt werden und an die Umsetzung bestimmter Maßnahmen, sogenannter Meilensteine, gekoppelt werden. Diese Meilensteine werden von der Troika aus Vertretern der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds definiert. Ein Meilenstein wird die Umsetzung der Steuerreform in Griechenland im Januar 2013 sein. Die nächste reguläre Überprüfung durch die Troika soll Ende März 2013 stattfinden.
Über die Auszahlung von Mitteln der zweiten Tranche des zweiten Anpassungsprogramms soll am 13. Dezember 2012 entschieden werden, und zwar auf der Grundlage einer "Schuldentragfähigkeitsanalyse", die das Ergebnis eines etwaigen Schuldenrückkaufs mit einbezieht, schreibt das Finanzministerium. Zuvor erhält der Haushaltsausschuss des Bundestages die Gelegenheit zur Stellungnahme.
Der Bundestag soll außerdem "Haftungsanpassungen für die Slowakei" zustimmen. Diese Anpassungen seien beim Treffen der Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets am 26. Oktober 2011 bei der Überführung der seinerzeit nicht ausgezahlten bilateralen Kredite an Griechenland in die EFSF-Finanzhilfe vereinbart worden.
Damit werde zum einen berücksichtigt, dass die Slowakei sich nicht an den bilateralen Krediten an Griechenland beteiligt hat. Zum anderen sei die anteilige Haftung der Slowakei im griechischen Anpassungsprogramm auf ein Volumen von 109 Milliarden Euro begrenzt.
Dadurch erhöht sich der deutsche Beitragsschlüssel für das zweite Anpassungsprogramm von derzeit 29,07 Prozent auf zunächst 29,12 Prozent und in einem zweiten Schritt auf 29,15 Prozent. Umgekehrt wird Deutschland bei den Nothilfen an Irland und Portugal entlastet. (vom/28.11.2012)