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Die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sind mit Vorstößen zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes gescheitert. Mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit von CDU/CSU und FDP sowie der oppositionellen SPD-Fraktion lehnte der Bundestag entsprechende Vorlagen der Linksfraktion (17/4424) und der Grünen (17/1428) am Donnerstag, 29. November 2012, auf Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (17/10198) ab.
Auch ein Antrag der SPD-Fraktion (17/5912) zur Abschaffung der sogenannten Residenzpflicht fand auf Empfehlung des Innenausschusses (1711716) keine Mehrheit im Parlament. In namentlicher Abstimmung wurde ferner ein Entschließungsantrag der Grünen (17/11707), mit dem die Bundesregierung zur Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes aufgefordert werden sollte, mit 438 Nein-Stimmen bei 131 Ja-Stimmen und zehn Enthaltungen abgelehnt.
Den Abgeordneten lagen zu der Debatte zudem erstmals ein SPD-Antrag (17/11674) vor, das Asylbewerberleistungsgesetz zu reformieren, sowie ein Antrag der Linksfraktion (17/11589), die Residenzpflicht abzuschaffen. Wie diese beiden Vorlagen wurde auch ein Antrag der Grünen-Fraktion (17/11663), der ebenfalls auf die Abschaffung der Residenzpflicht und des Asylbewerberleistungsgesetzes abzielt, zur weiteren Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen.
Zu Beginn der Debatte verwies Grünen-Fraktionschefin Renate Künast auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juli dieses Jahres zur Verfassungswidrigkeit der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Danach sei auch bei Asylbewerbern das menschenwürdige Existenzminimum nicht migrationspolitischen Zielen zugänglich. Die Menschenwürde dürfe laut Verfassungsgericht "migrationspolitisch nicht relativiert werden".
Künast betonte, der "Grundsatz der Nichtrelativierbarkeit der Menschenwürde" müsse auch für andere "flüchtlingsrechtliche Fragen" gelten. So sei die Residenzpflicht ein in Europa einzigartiges System der Aufenthaltsbeschränkung. "So geht man mit Flüchtlingen nicht um", betonte die Fraktionsvorsitzende.
Die SPD-Parlamentarierin Gabriele Hiller-Ohm erinnerte daran, dass eine Initiative zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes im Bundesrat gerade gescheitert sei. Deshalb setze sich ihre Fraktion für eine Reform des Gesetzes ein. Sie fordere verfassungskonforme Regelsätze. Auch wolle sie die Dauer des Leistungsbezugs wieder auf zwölf Monate zurückführen und den Kreis der Leistungsberechtigten auf Asylsuchende und Geduldete beschränken.
Ebenso müsse die Residenzpflicht gekippt werden. Ferner wolle ihre Fraktion den Arbeitsmarktzugang für die Betroffenen erleichtern. Zudem müsse das "diskriminierende Sachleistungsprinzip einschließlich der Gemeinschaftsunterkünfte" beendet werden, denn "weder Essenspakete noch Gutscheine für Kleidung oder Lebensmittel" seien ein "würdiger Umgang mit den Hilfebedürftigen".
Für Die Linke sagte ihre Abgeordnete Ulla Jelpke, ihrer Fraktion sei schon lange klar gewesen, dass das Asylbewerberleistungsgesetz die Menschenwürde verletze, weil es zu geringe Leistungen vorsehe. Kein Flüchtling komme ohne Not nach Deutschland. Flüchtlingsleben in Deutschland bedeute "Sammellager, die weit weg vom gesellschaftlichen Leben eingerichtet werden; keine Individualität, weil die Räume in der Regel überbelegt sind; keine Bildung, keine Arbeit und ein menschenunwürdiges Dasein mit Gutscheinen".
Diese "Schikanen und diese Abschreckungspolitik" gegenüber den Flüchtlingen in Deutschland müssten aufhören. Die Residenzpflicht sei fachlich überflüssig und gehöre "im Namen der Menschenwürde ersatzlos abgeschafft". Eine weitere "Schikane" sei das Arbeitsverbot für Betroffene.
Der CDU-Parlamentarier Dr. Peter Tauber unterstrich, das Recht auf Asyl für Menschen, die aus rassistischen, religiösen oder politischen Gründen verfolgt werden, habe für seine Fraktion einen hohen Stellenwert. Die Bürger wollten aber eine Antwort auf die Frage, wie man mit Menschen umgeht, die sich zu Unrecht auf das Asylrecht berufen.
Tauber verwies zugleich darauf, dass die Residenzpflicht bereits gelockert und in manchen Bundesländern abgeschafft sei. Nun gehe es darum, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Dabei sei er zuversichtlich, dass die Regierungskoalition für einen Regelsatz sorgen wird, "der genau die Bedarfe dieser Menschen abbildet" und deutlich über dem derzeitigen Satz liegen werde.
Der FDP-Abgeordnete Hartfrid Wolff verwahrte sich gegen den Vorwurf, die Koalition "relativiere in irgendeiner Weise die Menschenwürde". Diese Unterstellung sei "schlicht eine Unverschämtheit". Rot-Grün habe in siebenjähriger Regierungszeit "nicht einmal den Versuch unternommen, diese angeblichen, jetzt von Ihnen bemängelten Menschenrechtsverletzungen" zu ändern. "So wichtig war Ihnen das, worüber Sie hier und heute mit den Anträgen Krokodilstränen vergießen", kritisierte er.
fortschritte von SPD und Grünen etwa in der Frage des Arbeitsmarktzugangs für Ausländer seien "nicht existent" gewesen. Dagegen handele die jetzige Koalition. So sei die Residenzpflicht in Hessen gerade abgeschafft worden. Auch weitere Veränderungen im Ausländer- und Asylrecht seien immer wieder zu prüfen. Auch hier werde es noch Verbesserungen geben, fügte Wolff hinzu. (sto/29.11.20129