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Die Gelder des Programms zur Förderung der Energieforschung kämen größtenteils der Energiewende zugute, so Dr. Joachim Pfeiffer. Mit diesen Worten verteidigt der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion die Politik der Koalition gegen Kritik der Opposition. Von insgesamt 3,5 Milliarden Euro würden nur 176 Millionen auf den nuklearen Bereich entfallen, wobei es vor allem um die Reaktorsicherheit, um den Rückbau von Kernkraftwerken und um die Endlagerung von Atommüll gehe, betont der CDU-Abgeordnete. Der Bundestag debattiert am Donnerstag, 17. Januar 2013, über die Energieforschung auf der Basis von Anträgen der SPD (17/11201) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/11688), die eine stärkere Ausrichtung dieses Programms an den Erfordernissen der Energiewende fordern. Die Reden sollen allerdings zu Protokoll gegeben werden. Das Interview im Wortlaut:
Die Grünen kritisieren, dass von den 2,7 Milliarden Euro, die von der Regierung zwischen 2011 und 2014 für die Energieforschung bereitgestellt werden, 900 Millionen in die Nuklearforschung fließen. Lässt sich dies angesichts des Atomausstiegs rechtfertigen?
Mir sind diese Zahlen unerklärlich. Das gesamte Programm umfasst 3,5 Milliarden Euro: davon entfallen 2,3 Milliarden auf die Förderung konkreter Forschungsprojekte diverser Ministerien und 1,2 Milliarden auf die Förderung von Forschungsorganisationen wie der Helmholtz-Gemeinschaft. Diese Mittel fließen größtenteils in die Erforschung erneuerbarer Energien oder der Energieeffizienz und kommen dem Umbau der Energieversorgung zugute. Lediglich 176 Millionen Euro entfallen auf den nuklearen Bereich. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um die Förderung von Projekten zur Reaktorsicherheit sowie um die Entwicklung von Kompetenzen beim Rückbau von Kernkraftwerken und der Endlagerung von Atommüll. Dagegen kann niemand etwas haben.
Gegen die Forderung der Opposition, Mittel zugunsten einer an der Energiewende ausgerichteten Forschung umzuschichten, lässt sich wohl kaum etwas einwenden.
Wenn gerade einmal weniger als fünf Prozent des gesamten Geldvolumens des Programms in die nukleare Sicherheitsforschung fließen, dann sind die Möglichkeiten zur Umwidmung von Mitteln sehr begrenzt. Im Übrigen findet Forschung zur Stromerzeugung durch Kernenergie in Deutschland gar nicht mehr statt, wir sind da schon lange ausgestiegen. Es geht nur noch um die Aneignung von Kompetenzen bei Sicherheitsfragen und bei der Endlagerung.
Werden die Potenziale der erneuerbaren Energien, der Energieeinsparung und der Energieeffizienz, die Probleme von Speichertechnologien und intelligenter Netze oder die Möglichkeiten von Mobilitätsmodellen ausreichend erforscht? Oder sehen Sie Defizite?
Das Förderprogramm setzt die richtigen Schwerpunkte. So liegt ein besonderes Augenmerk etwa auf Technologien zur Stromspeicherung oder auf der Entwicklung intelligenter Netze. Im Übrigen will ich darauf hinweisen, dass sich die christlich-liberale Koalition bei der staatlich geförderten Forschung zugunsten des Umbaus der Energieversorgung viel stärker engagiert als einst die rot-grüne Koalition. In diesen Bereich fließt so viel Geld wie noch nie seit der Wiedervereinigung.
Müsste man nicht auch im Interesse der Exportchancen die Forschung für die Energiewende intensivieren? Die Konkurrenz schläft nicht.
Hier geschieht doch bereits viel, das läuft alles in die richtige Richtung. Die Anstrengungen beispielsweise bei Speichertechnologien oder bei intelligenten Netzen werden die deutsche Stellung auf dem Weltmarkt stärken. Nicht vergessen sollte man, dass auch in der Endlagertechnik große Exportchancen schlummern.
Die Bundesrepublik finanziert über das Euratom-Programm die Atomforschung auf EU-Ebene weiterhin mit. Wie passt das mit der Abkehr von der Nuklearenergie zusammen?
Das stimmt so nicht. Deutschland beteiligt sich im Rahmen des Euratom-Programms nicht an der Finanzierung von neuen Reaktorgenerationen. Unsere Mitarbeit ist auf Sicherheitsfragen begrenzt. Diese Beteiligung liegt angesichts der 58 Kernkraftwerke allein bei unserem Nachbar Frankreich in unserem Interesse. Man denke auch an die grenznahen Reaktoren in der Schweiz oder an die Meiler sowjetischer Bauart in Osteuropa.
Soll die Bundesrepublik aus dem von der EU geförderten Forschungsprojekt des Kernfusions- Versuchsreaktors ITER im französischen Cadarache aussteigen, wie es die Grünen verlangen?
Die Kernfusion hat mit der Gewinnung von Energie durch Kernspaltung überhaupt nichts zu tun, das sind völlig unterschiedliche Bereiche. Ich bin strikt dagegen, sich aus dem Projekt in Cadarache zu verabschieden. Kernfusion bietet das Potenzial zur emissionsfreien, umweltunabhängigen und sicheren Energieversorgung im großen Maßstab. Es fallen keine gefährlichen Abfälle an, auch sind die Energieträger Deuterium und Tritium nahezu überall auf der Welt und zudem praktisch unbegrenzt vorhanden. Heute vermag niemand zu sagen, welchen Beitrag die Kernfusion eines Tages zur Energieversorgung leisten kann. Hier gilt es, am Ball zu bleiben. Eine Beteiligung an den entsprechenden Forschungsaktivitäten ist unerlässlich, um keine Chancen zu verpassen. Für einen Verbleib beim ITER-Projekt spricht auch, dass Deutschland auf dem Gebiet der Kernfusion beachtliche Forschungskompetenzen entwickelt hat.
(kos/10.01.2013)