Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2013
Der Lieblingsplatz der Bundestagsabgeordneten Dr. Valerie Wilms ist der Pinneberg auf Helgoland. Die Nordseeinsel, die am weitesten vom Festland entfernt liegt, gehört zum Wahlkreis der Politikerin von Bündnis 90/Die Grünen. Sie schwärmt auf ihrer Homepage: "Auf dem höchsten Punkt meines Wahlkreises – und hier am besten vom Leuchtturm – kann ich von der einzigen deutschen Hochseeinsel aus Sonne und Meeresluft genießen. Und gleichzeitig sehe ich, wie unendlich schön und groß das Meer ist und wie sehr wir uns darum bemühen müssen, diesen einzigartigen Naturraum zu erhalten." Der Schutz dieses einzigartigen Naturraums ist aber nur eines von vielen grünen Themen, für die sich die Politikerin aus Schleswig-Holstein engagiert. Valerie Wilms trat erst mit 51 Jahren in die Partei ein, kandidierte aber schon vier Jahre später erfolgreich für den Bundestag. Sie holte als Neuling – quasi aus dem Stand – 9,4 Prozent der Wählerstimmen. Ein Achtungserfolg.
Valerie Wilms studierte Maschinenbau in Hannover und promovierte als Maschinenbauingenieurin 1981 in Hamburg. Im Anschluss arbeitete sie als Ingenieurin in der Konstruktion und wurde 1983 technische Aufsichtsbeamtin bei der Berufsgenossenschaft Bahnen. Politisch interessiert war die in Hannover geborene Politikerin immer. Sie nahm allerdings nicht den klassischen Weg vieler Abgeordneter, die sich bereits in der Schule oder an der Universität politisch engagierten.
Sie sagt: "Bekennende Wählerin der Grünen war ich immer. Aber als Studentin und später als Doktorandin nahmen mich mein Studium und die Dissertation voll in Anspruch. Ich hatte außerdem zwei Kinder, da fand ich gar nicht die Zeit, um in einer Partei mit wirklichem Engagement mitzuarbeiten. Ich bin ein Mensch, der sich mit Herzblut einbringt, wenn er sich einmal für eine Sache entschieden hat. Das hätte ich früher nicht leisten können."
Beruflich hat Valerie Wilms viel erreicht. Sie ist Lehrbeauftragte der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden und arbeitet seit 2006 als freiberufliche Autorin und Ingenieurin. Ihr politisches Engagement begann vor der vorgezogenen Bundestagswahl im Jahr 2005. Es waren zwei Anlässe, die sie in ihrem Entschluss bestärkten, in eine Partei einzutreten.
"Der erste Anlass war: Bundeskanzler Schröder hatte 2005 im Parlament die Vertrauensfrage verloren und schlug die Auflösung des Bundestages vor. Das bedeutete vorgezogene Neuwahlen und das Risiko bestand, dass die rot-grüne Bundesregierung abgewählt werden könnte. Ich wollte dazu beitragen, dass die Grünen in Regierungsverantwortung bleiben. Zweitens waren meine Kinder inzwischen selbstständig und ich hatte mehr Freizeit zur Verfügung, die ich sinnvoll nutzen wollte. Deshalb bin ich im Sommer 2005 Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen geworden."
Valerie Wilms’ erste Aufgabe als Neumitglied bestand darin, den Wahlkampf der Grünen zu unterstützen. Sie war sofort mit großem Enthusiasmus dabei, stand mit dem Wahlkampfteam in Fußgängerzonen, warb für grüne Politik und die Fortsetzung der rot-grünen Bundesregierung.
Rückblickend sagt sie: "Mir machte aktive Politik von Anfang an Freude, denn ich konnte mich für meine grünen Überzeugungen engagieren. Ich versteckte mich nicht hinterm Tisch des Info-Standes, sondern sprach die Menschen direkt an. Das Feedback war sehr positiv, denn wer Themen offensiv anspricht und nicht nur auswendig gelernte Slogans abspult, findet Gehör bei den Menschen. Obwohl wir bis zum letzten Tag um jede Stimme kämpften, hat es nicht gereicht. Das Resultat ist bekannt. Rot-Grün wurde abgewählt, Angela Merkel wurde Kanzlerin einer großen Koalition und die Grünen gingen in die Opposition".
Wie alle Grünen war auch Valerie Wilms vom Wahlergebnis enttäuscht, aber das hinderte sie nicht, sich nun noch stärker zu engagieren. Sie resümiert: "In der Politik muss man auch verlieren können, aber dann mit noch mehr Energie dafür eintreten, dass sich die Mehrheiten wieder ändern. Und das geht nur durch glaubwürdige Politiker. Deshalb war mein Grundsatz immer, den Menschen nichts zu versprechen, was ich nicht halten kann."
Bereits ein Jahr nach ihrem Eintritt in die Partei wurde Valerie Wilms zur Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Energie von Bündnis 90/Die Grünen Schleswig-Holstein gewählt. Sie ist überzeugt: Wer aktiv mitarbeitet, ist bei den Grünen herzlich willkommen, und aktive Mitglieder werden schnell für Ämter und Aufgaben nachgefragt. "Ich habe mich für grüne Energiepolitik in Schleswig-Holstein stark gemacht und Verantwortung für Projekte übernommen. Bald arbeitete ich auch in der Kommunalpolitik", sagt die Abgeordnete.
Valerie Wilms erledigte ihre Aufgaben offenbar so überzeugend, dass ihre Turbokarriere in der Partei nicht verwundert. Bereits 2008 wurde sie zur Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Energie gewählt, wurde Ratsfrau in der Ratsversammlung der Stadt Wedel und stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt. In Pinneberg wurde sie Kreistagsabgeordnete und übernahm den Vorsitz des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung – und das alles innerhalb von nur drei Jahren.
Als im Herbst 2008 die Vorbereitungen für die Bundestagswahl 2009 begannen und die Listen aufgestellt wurden, kandidierte der Abgeordnete Rainder Steenblock nicht mehr für den Bundestag. Valerie Wilms sagt: "Als ich davon erfuhr, dass die Stelle vakant ist, warf ich meinen Hut in den Ring."
Um das Mandat bewarben sich allerdings drei weitere Kandidatinnen. Deshalb gab es auf dem Landesparteitag eine Kampfkandidatur in drei Wahlgängen. "Mein Konzept war schlüssig, die Themen stimmten. Ich konnte den Delegierten sehr konkret erklären, was ich erreichen möchte. Trotzdem unterlag ich in der letzten Abstimmungsrunde einer Kollegin und kam schließlich auf Platz drei auf der Landesliste", sagt die Abgeordnete.
Den dritten Platz sah Valerie Wilms aber nicht als Niederlage. Sie zog im Sommer 2009 engagiert in den Bundestagswahlkampf. "Auch wenn ich bis zum Schluss nicht sicher war, ob ich eine wirkliche Chance habe, absolvierte ich Wahlkampfveranstaltungen – war wie 2005 im Straßenwahlkampf unterwegs und nahm an Podiumsdiskussionen teil", sagt die Politikerin. Wie 2005 waren die Menschen in Schleswig-Holstein auch 2009 gegenüber grüner Politik sehr aufgeschlossen.
Valerie Wilms war vielen Bürgern außerdem aus der kommunalpolitischen Arbeit bestens bekannt und kam fast täglich mit Wählern ins Gespräch – und das in der Doppelbelastung von Beruf und Wahlkampf. Sie sagt: "Das war manchmal nicht so einfach, denn ich hatte weder ein Wahlkampfteam, noch anderweitig große Unterstützung. Ich war fast immer als Einzelkämpferin unterwegs."
Umso erstaunlicher ist der Wahlerfolg von 9,4 Prozent der Erststimmen für Valerie Wilms, vom dem sie allerdings am Wahlabend noch nichts ahnte. Auf der Wahlparty der Grünen im Kreistagssaal Pinneberg feierte die Partei nach der ersten Hochrechnung ihr gutes Wahlergebnis von 10,7 Prozent. Dass sie gewonnen hat, erfuhr die Politikerin erst am Montag nach der Wahl, denn Pinneberg wurde als letzter Wahlkreis ausgezählt.
Bei aller Freude über das gute Abschneiden war am Wahlabend aber sehr schnell klar, dass Rot-Grün nicht die Regierung stellen würde, weil die SPD mehr als zehn Prozent Stimmenverlust verkraften musste. Es hieß erneut: Opposition.
Valerie Wilms war am 29. September 2009 zum ersten Mal als frischgebackene Abgeordnete im Bundestag. Die Fraktion hatte eingeladen und begrüßte die Wahlgewinner im Parlament. An diesen Tag erinnert sich Valerie Wilms noch heute und beschreibt ihn als sehr einprägend: "Als ich zum ersten Mal im Reichstagsgebäude unter dem Bundesadler stand, war das für mich ein sehr bedeutender Moment. Die Verantwortung, die ich als Bundestagsabgeordnete übernommen habe, wurde mir da deutlich bewuss."
Valerie Wilms war zunächst als Nachhaltigkeitsbeauftragte und für alle Fragen der Häfen- und Schifffahrtspolitik sowie des Küsten- und Meeresschutzes zuständig, bevor sie 2011 auch Sprecherin für Bahnpolitik wurde. Am 7. Dezember 2012 wurde sie mit 30 von 35 Delegiertenstimmen erneut als Kandidatin für den Wahlkreis Pinneberg aufgestellt. Ganz bestimmt besucht sie im kommenden Wahlkampf wieder ihren Lieblingsplatz auf Helgoland, denn der Schutz dieses einzigartigen Naturraums liegt ihr nach wie vor am Herzen.
Im Bundestag ist sie ordentliches Mitglied im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung sowie stellvertretendes Mitglied im Finanzausschuss, im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, im Ausschuss für Tourismus und in der Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität - Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft". (bsl/27.02.2013)